Wie lässt man jemand sterben, den man liebt?

Loop

Dauntless Banana
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10. Oktober 2008
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Hallo!


Ein paar kennen mein Problem eh schon seit Jahren, ich hab einen jüngeren Bruder, der psychisch krank ist. Seit einem halben Jahr ist er wieder mal ohne Versorgung, wegen der Gesetzesverschärfung ist er aus der Mindestsicherung geflogen und hat jetzt kein Geld und keine Krankenversicherung. Es ist nicht das erste Mal. Obdachlos ist er auch, Wohnungen, die die Familie ihm besorgt hat, hat er alle verloren, er wohnt jetzt bei seiner Freundin. Ich helfe ihm immer wieder seit ca. 19 Jahren, jetzt auch wieder, mit allem möglichen.

Das Problem ist, es nimmt mich alles enorm mit, eben seit 19 Jahren. Ich hab alle möglichen Ratschläge bekommen, vom Verstand her weiß ich, daß ich ihn loslassen soll, ich hab wahrscheinlich jeden möglichen Tipp bekommen. Es hilft mir nur nichts.
Ich krieg es nicht hin, meinen Bruder los zu lassen, er ist depressiv und redet von Selbstmord, und ich hab das Gefühl, wenn ich ihm nicht helfe, dann wird er sterben. Ihn loslassen bedeutet, ihn sterben zu lassen, und das kriege ich einfach nicht hin. Ich liebe meinen Bruder, ich will nicht, daß er stirbt. Ja, es ist sein Leben, ich hab alles getan, was möglich ist, ich weiß das. Wir waren bei Ämtern, bei Vermietern, er hat jahrelang bei mir gewohnt, ich hab ihm Geld gegeben, da trau ich mich gar nicht zu sagen, wie viel im Laufe der Jahre.
Ich kann damit nicht aufhören. Wenn ich das tue, dann war es das mit ihm.

Deswegen meine Frage, wie akzeptiere ich das?
Alles sagen, lass los, es ist sein Leben.
Aber wie soll ich mit seinem Tod mein Leben weiterführen?
 
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was genau nimmt dich mit, die Idee, er könnte sterben ohne dich?

hast du das Thema Co-Abhängigkeit auch schon durch gearbeitet?

Ja, der Gedanke, er stirbt, wenn ich ihm nicht helfe.
Daß ich co-abhängig bin, weiß ich, ich hab mich schon vor 15 Jahren damit beschäftigt. Das ist mir alles klar vom Verstand her. Ich habe mit Leuten geredet, die das gleiche erlebt haben, ich hab alles probiert. Ich hab eine Therapie gemacht. Meine Hausärztin hat mir schon vor 17 Jahren gesagt, wenn ich ihn nicht loslasse, zieht er mich mit in den Abgrund.
Aber ich kann ihn nicht in den Abgrund fallen lassen, ich kriege das nicht hin.
 
Liebe Loop, was würde sein - in deinen Gedanken - wenn du ihn nicht mehr unterstützt? Wenn du im Gedanken „schuld“ wärst, an seinem Tod?
Es ist nicht deine „Schuld“ und auch nicht deine „Entscheidung“. Dein Bruder trifft die Entscheidungen in seinem Leben.
Was ist mit deinen Eltern?
Unterstützen sie auch?

Ich kann mir wahrscheinlich nur ansatzweise vorstellen, wie schwer Dir dies fällt und ich schick dir eine Umarmung aus der Ferne.
 
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Hallo!


Ein paar kennen mein Problem eh schon seit Jahren, ich hab einen jüngeren Bruder, der psychisch krank ist. Seit einem halben Jahr ist er wieder mal ohne Versorgung, wegen der Gesetzesverschärfung ist er aus der Mindestsicherung geflogen und hat jetzt kein Geld und keine Krankenversicherung. Es ist nicht das erste Mal. Obdachlos ist er auch, Wohnungen, die die Familie ihm besorgt hat, hat er alle verloren, er wohnt jetzt bei seiner Freundin. Ich helfe ihm immer wieder seit ca. 19 Jahren, jetzt auch wieder, mit allem möglichen.

Das Problem ist, es nimmt mich alles enorm mit, eben seit 19 Jahren. Ich hab alle möglichen Ratschläge bekommen, vom Verstand her weiß ich, daß ich ihn loslassen soll, ich hab wahrscheinlich jeden möglichen Tipp bekommen. Es hilft mir nur nichts.
Ich krieg es nicht hin, meinen Bruder los zu lassen, er ist depressiv und redet von Selbstmord, und ich hab das Gefühl, wenn ich ihm nicht helfe, dann wird er sterben. Ihn loslassen bedeutet, ihn sterben zu lassen, und das kriege ich einfach nicht hin. Ich liebe meinen Bruder, ich will nicht, daß er stirbt. Ja, es ist sein Leben, ich hab alles getan, was möglich ist, ich weiß das. Wir waren bei Ämtern, bei Vermietern, er hat jahrelang bei mir gewohnt, ich hab ihm Geld gegeben, da trau ich mich gar nicht zu sagen, wie viel im Laufe der Jahre.
Ich kann damit nicht aufhören. Wenn ich das tue, dann war es das mit ihm.

Deswegen meine Frage, wie akzeptiere ich das?
Alles sagen, lass los, es ist sein Leben.
Aber wie soll ich mit seinem Tod mein Leben weiterführen?

Er wird auch so irgendwann einmal sterben. Damit wirst Du Dich früher oder später ohnehin auseinandersetzen müssen.
So erpresst er Dich halt emotional weiter, indem er Dich unter Druck setzt und Dir weiterhin Schuldgefühle aufhalst.
Wer würde ihm denn helfen, wenn Du nicht dazu in der Lage wärst?
 
Aber ich kann ihn nicht in den Abgrund fallen lassen, ich kriege das nicht hin.

ok, dann hast du dir die Antwort bereits gegeben, geht zusammen in den Abgrund und vielleicht kommt ihr beide da wieder raus, manchmal muss man ganz nach unten um Anlauf zu holen wenn es rauf geht.

Ich muss ehrlich sagen, wahrscheinlich würde ich handeln wie du, man lässt Menschen nicht fallen, nur weils Probleme gibt, mir gefällt dein Engagement.

Meine Hausärztin hat mir schon vor 17 Jahren gesagt, wenn ich ihn nicht loslasse, zieht er mich mit in den Abgrund.

hm, 17 Jahre und bist du denn im Abgrund? Oder war ihre Prognose falsch?
 
Liebe Loop, was würde sein - in deinen Gedanken - wenn du ihn nicht mehr unterstützt? Wenn du im Gedanken „schuld“ wärst, an seinem Tod?
Es ist nicht deine „Schuld“ und auch nicht deine „Entscheidung“. Dein Bruder trifft die Entscheidungen in seinem Leben.
Was ist mit deinen Eltern?
Unterstützen sie auch?

Ich kann mir wahrscheinlich nur ansatzweise vorstellen, wie schwer Dir dies fällt und ich schickt dir eine Umarmung aus der Ferne.

Danke! :danke:

Ja, ich hab auch das Gefühl, daß ich dann schuld wäre, weil ich es ja hätte verhindern können. Aber vor allem wäre er dann tot. Endgültig.

Unsere Mutter hat ihn auch immer unterstützt, genauso die Großeltern, die sind aber schon alle tot. Zu unserem Vater hat mein Bruder keinen Kontakt.
 
Er wird auch so irgendwann einmal sterben. Damit wirst Du Dich früher oder später ohnehin auseinandersetzen müssen.
So erpresst er Dich halt emotional weiter, indem er Dich unter Druck setzt und Dir weiterhin Schuldgefühle aufhalst.
Wer würde ihm denn helfen, wenn Du nicht dazu in der Lage wärst?

Ja, das weiß ich. Ich kann das nicht verhindern. Wir alle sterben irgendwann.

Momentan hilft ihm seine Freundin, aber ihr geht es auch nicht so gut.
 
er ist depressiv und redet von Selbstmord,
dann tue doch das einzig vernünftige und lasse ihn einweisen. In der Geschlossenen hat er Essen, Trinken , ein Dach über den Kopf und GENAU die Betreuung die erbraucht.
ein einzelner Mensch kann diese Aufgabe und Verantwortung nicht alleine übernehmen und für Deinen Bruder seine Probleme lösen, solange er die Möglichkeit hat sich dem zu entziehen.

Alles was du machen muss ist ein Anruf.
 
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ok, dann hast du dir die Antwort bereits gegeben, geht zusammen in den Abgrund und vielleicht kommt ihr beide da wieder raus, manchmal muss man ganz nach unten um Anlauf zu holen wenn es rauf geht.

Ich muss ehrlich sagen, wahrscheinlich würde ich handeln wie du, man lässt Menschen nicht fallen, nur weils Probleme gibt, mir gefällt dein Engagement.



hm, 17 Jahre und bist du denn im Abgrund? Oder war ihre Prognose falsch?

Ich war schon ganz unten, vor ca. 7 Jahren war das, da hat er seine letzte Wohnung verloren. Seine Freundin hat ihn dann aufgefangen. Ich hab es geschafft, ihn damals ein Stück loszulassen, aber auch nur, weil sie da war. Hab mich dann von ganz unten wieder rauf gearbeitet.
Jetzt tut sie sich schwer, ihn zu halten, es geht ihr selber nicht gut, und ich hab Angst, daß es wieder wie früher weitergeht.
 
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