Ach, der Denkfehler liegt hier:
Du beziehst Theorie auf ein Sollen
Ich beziehe Theorie auf ein Sein.
Ich sehe da keinen Denkfehler, denn das macht keinen Unterschied - man kann andere Beispiele finden.
Schopenhauer schrieb in diesem Zusammenhang mal was von Gründen zugeben (Theorie) aber die Folgen verneinen (Praxis), was aber folgendem widerspricht: a ratione ad rationatum valet consequentia
Die Philosophie hilft da auch nicht weiter, weil sie nur Meta-Theorien auf Theorien aufsetzt. Das ist ein netter Gehirnsport, führt aber nicht auf die Spur, was denn Praxis ist.
Nehmen wir also ein anderes Beispiel: Fahrradfahren.
Du kannst durchaus theoretisch ermitteln, wie Fahrradfahren geht. Du wirst dabei auch zu einem korrekten Ergebnis kommen. Und das Ergebnis wird in die Richtung gehen, dass du dazu ungefähr hundert Entscheidungen pro Sekunde treffen musst.
Der menschliche Verstand kann keine hundert Entscheidungen pro Sekunde treffen. Aber seit einigen Jahren können wir Rechenmaschinen bauen, die das fertigbringen (und seitdem gibt es Roboter die fahrradfahren können).
Du kannst also auch eine Maschine bauen, die Deine theoretischen Betrachtungen im Experiment verwirklicht - und Du kannst damit zeigen, dass die theoretische Betrachtung vollkommen richtig war, und in der Praxis funktioniert.
Die Überprüfung der Theorie erfolgt im Experiment (was du Praxis nennst). So weit so gut. Inhaltlich kann die Theorie natürlich vom Theoretiker auf logische Fehler hin überprüft werden.
Genau. Soweit ist alles gut und schön, und nirgens ein Fehler feststellbar.
Und jetzt kommt der Haken: Wenn ich mich aufs Fahrrad setze, fahre ich einfach. Ich treffe dabei gar keine Entscheidungen - ich tue überhaupt nichts (wenns bergab geht).
Es ist also offenbar ein gewaltiger Unterschied zwischen der im Experiment überprüften Theorie, und der tatsächlich vom Menschen ausgeübten Praxis.
Und an diese tatsächlich ausgeübte Praxis kommst Du mit der Theorie nicht ran - sondern Du kommst auf einen völlig anderen Ansatz (der ja durchaus auch funktionieren kann).
Und deswegen fand ich auch Deine Bemerkung über Drogen so lustig. Da geht es um genau dasselbe.
Na, das ist aber etwas einseitig. Mag stimmen, dass theoretisches Wissen über das Schwimmen vor dem Ertrinken schützt, aber auch nur deshalb, weil "Können" nicht durch Wissen erworben wird.
Ja, aber wie beschreibst Du dieses "Können" in Deiner Theorie? Und auf welche Weise bringt es dieses "Können" fertig, dann ganz ohne die hundert Entscheidungen pro Sekunde auszukommen? Das gilt es zu erklären!