Wer will gerne Kelte sein?

FIST schrieb:
Europa bot damals für alle genug Platz und genug nahrung
Nein, Europa war ca. 100v.u.Z. so dicht besiedelt, wie es die natürlichen Gegebenheiten und technologischen Fähigkeiten gerade so zuließen.

Stefan Zimmer gibt eine Schätzung von rund 10 Millionen für die Gallier (des heutigen Frankreichs, Benelux, bezieht sich auf ca 100v.u.Z). Also 10mal dünner besiedelt als heute.
ABER
Die Wälder waren auf dem damaligen technischen Niveau nicht abholzbar (jedenfalls wurden sie kaum abgeholzt). Der Bestand an dichten Eichen- und Buchenwäldern lässt sich aber weder für Ackerbau noch für die Rinderzucht verwenden, lediglich die Schweinezucht lassen sie in gewissem Maße zu, wenn sie eingefriedet werden können.

Gefundene Tierknochen bei menschlichen Siedlungen zeigen, dass der Anteil an Wildtieren darunter recht gering war. Wildfrüchte, Wildtiere, Pflanzen der Wälder reichten nicht für die Ernährung aus. Die Kelten ernährten sich in der Masse nicht aus den Wäldern, sondern von Ackerbau und besonders von Tierzucht.

So befanden sich die Siedlungsschwerpunkte an natürlicherweise waldfreien Gegenden, die Ackerbau und Rinderzucht zuließen: sumpfige Gegenden, Höhenzüge, Flussufer. Aber diese machten nur einen kleinen Teil der Siedlungsfläche aus. Darum: Europa war zur Zeit der Blüte der keltischen Kultur dicht besiedelt.

Die griechischen und römischen Beobachter bezeichnen übereinstimmend Gallien, Germanien, oder wie sie das Land nördlich der Alpen immer beziechneten, als wild und unwegsam. Das macht der Vergleich zu den Landschaften des Mittelmeerraumes, wo die Bäume kurzlebiger und leichter zu fällen oder zu brandroden sind. Dort konnte Ackerbau flächendeckend betrieben werden, und erlaubte so eine viel größere Bevölkerungsdichte, große Städte konnten entstehen. Bis der Boden dann versteppt und die Städte in eine Ernährungskrise bringt, aber das ist ein anderes Thema.
 
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FIST schrieb:
mein Blut ist rein Keltisch

Von der Physiognomie der Kelten gibt es die unterschiedlichsten Berichte, von riesig, blond, blauäugig, schlank (Inselkelten, nördliches Gallien) bis stämmig, dunkelhaarig, -äugig, nicht größer als Etrusker (südliches Gallien, Iberokelten). Da sind die antiken Kelten wohl nicht "reinrassiger" als die heutigen Europäer.

Die Kelten-Definition "von der Abstammung her" ist sicherlich eine der problematischsten.
 
Harser schrieb:
Stefan Zimmer gibt eine Schätzung von rund 10 Millionen
Ich habe nochmal nachgelesen, und beim Zimmer gar nichts gefunden. Arnulf Krause gibt eine Zahl von 12 Millionen Galliern unmittelbar vor dem gallischen Krieg an. Es steht nicht unmittelbar da, welche Gallier genau einbezogen sind, aus dem Zusammenhang scheint es sich jedoch nur um die Gallier der von Caesar eroberten Gebiete zu handeln.
 
Harser schrieb:
Von der Physiognomie der Kelten gibt es die unterschiedlichsten Berichte, von riesig, blond, blauäugig, schlank (Inselkelten, nördliches Gallien) bis stämmig, dunkelhaarig, -äugig, nicht größer als Etrusker (südliches Gallien, Iberokelten). Da sind die antiken Kelten wohl nicht "reinrassiger" als die heutigen Europäer.

weil du gerade von der grösse sprichst. bei uns gibt es einen keltischen platz, wo sie vor einigen jahren sämtliche bäume gekürzt haben. es steht ein schild daran geschrieben, dass nicht nur die menschen zu der zeit richtige winzlinge waren, sondern auch die wälder sind aus bäumen bestanden, die nicht grösser als ein einstöckiges haus waren.

wenn man sich vorstellt, wie gross unsere bäume, aber auch menschen jetzt werden, war das im vergleich zu damals ein reinstes zwergenreich. :)

Die Kelten-Definition "von der Abstammung her" ist sicherlich eine der problematischsten.

ich glaube viele von uns haben noch keltisches blut in den adern, aber wie lässt sich das wirklich herausfinden, nachdem die kultur fast untergegangen ist?
 
Also zur Körpergröße habe ich etwas gefunden in Simon James: "Das Zeitalter der Kelten", und zwar aus den Grabanlagen von Ost-Yorkshire, das die besterhaltensten Skelette der ganzen Keltenzeit enthält. Die Durchschnittsgröße der 95 weiblichen Skelette war 1.58m, der 107 männlichen Skelette war 1.71m. Das entspricht den Durchschnittsgrößen der Deutschen um 1850, wenn ich mich recht entsinne, davor waren die Deutschen kleiner als die alten Kelten. Nix mit Zwergenreich.

Und mit den kleinen Bäumen kann ich auch nicht recht glauben, denn

1. Urwälder haben hohe Bäume. Die größten Bäume der Welt sind in Urwäldern, das sind die Sequoias in Nordamerika, und Eukalyptusse in Australien/Tasmanien. Der langdauernde Waldverband macht die Stämme länger, denn die Kronen der Bäume wollen zum Licht, und die Stämme hören erst dann auf zu wachsen, wenn die Kronen über dem Blätterdach sind, wenn das nur irgendwie biologisch geht. Das kann man hervorragend im Seqouia Nat. Park sehen, wo die Sugar Pines, die normalerweise längst nicht so hoch werden, durch den hohen Sequoia-Waldverband auf 60,70m Höhe gezogen werden.

Auch die Urwälder in Finnland sind nicht niedrig, wenn man das boreale Klima berücksichtigt, und höher als die neu herangezogenen Wälder.

Menschengepflanzte Wälder sind bei gleichen Bedingungen fast immer niedriger als Urwälder.

2. Die Biotope der Festlandkelten hatten überwiegend Eichen-Buchen-Mischwälder, und zwar Urwälder, also nicht von Menschen gezogen.

3. Das Genmaterial der Buchen und Eichen hat sich seither nicht geändert, die damaligen Eichen und Buchen konnten also wie heute 50m hoch werden, einen entsprechenden Waldverband vorausgesetzt.

4. Das Klima war glaube ich vor 2000 Jahren noch einen Tick wärmer als heute, erst im Mittelalter war es dann kälter in Mitteleuropa, wenn ich mich recht entsinne.

Ich müsste nochmal nachlesen, wie lang die längsten gefundenen Stämme sind, in Mooren können die Eichen ja überdauern.
 
Harser schrieb:
Also zur Körpergröße habe ich etwas gefunden in Simon James: "Das Zeitalter der Kelten", und zwar aus den Grabanlagen von Ost-Yorkshire, das die besterhaltensten Skelette der ganzen Keltenzeit enthält. Die Durchschnittsgröße der 95 weiblichen Skelette war 1.58m, der 107 männlichen Skelette war 1.71m. Das entspricht den Durchschnittsgrößen der Deutschen um 1850, wenn ich mich recht entsinne, davor waren die Deutschen kleiner als die alten Kelten. Nix mit Zwergenreich.

Und mit den kleinen Bäumen kann ich auch nicht recht glauben, denn
1. Urwälder haben hohe Bäume.
ähm....wir haben keinen urwald, ich lebe in österreich :D dort wo ich lebe ist es ähnlich wie in skandinavien.

Auch die Urwälder in Finnland sind nicht niedrig, wenn man das boreale Klima berücksichtigt, und höher als die neu herangezogenen Wälder.
und urwald ist gut gesagt, es gibt eh keinen wald, der älter als ein paar hundert jahre ist, aber die keltenzeit, geht ja noch viel weiter zurück. die ältesten bäume sind so um die 300 jahre alt und diese zeittafel erklärt diese zeilen, aus der bronzezeit, das ist schon ein paar tausend jahre her.

2. Die Biotope der Festlandkelten hatten überwiegend Eichen-Buchen-Mischwälder, und zwar Urwälder, also nicht von Menschen gezogen.
wie gesagt, bei uns ist es ähnlich wie in skandinavien, oder eigentlich finnland, bei uns ist wenig mischwald, fast ausschließlich nadelwald, fichte und föhre.

4. Das Klima war glaube ich vor 2000 Jahren noch einen Tick wärmer als heute, erst im Mittelalter war es dann kälter in Mitteleuropa, wenn ich mich recht entsinne.
bist du sicher, ich denke es war zu der zeit kälter?????????
 
In Wikipedia findet sich das zum Temperaturverlauf:http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/thumb/0/09/Holozaen.jpg/400px-Holozaen.jpg
Das, was ich meine, ist dort als Optimum der Römerzeit gekennzeichnet. Es war etwas wärmer als heute. In der früheren LaTene-Zeit war es etwas kälter, in der Hallstatt-Zeit aber wieder etwas wärmer. Also nicht wesentlich anders als heute, man kann also aus den unterschiedlichen Temperaturen keine wesentlich andere Vegetation ableiten.

Folgender Abschnitt ist zitiert aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Waldes_in_Mitteleuropa:_Auswirkung_der_Eiszeiten
"In der späten Wärmezeit kommt es zu einer Abkühlung und das Klima wird humider. Zum ersten Mal seit der letzten Eiszeit sind nun Rotbuche (Fagus sylvatica), Hainbuche (Carpinus betulus) und Weißtanne (Abies alba) wieder nachweisbar.

Während der Bronzezeit sinkt die Durchschnittstemperatur weiter. Buchen dringen in die bisher eichendominierten Bestände ein. In der Eisenzeit ab 1000 v. Chr. verdrängt die Buche die Eiche auf fast allen Standorten. Begünstigt durch das humide, ozeanische Klima in Mitteleuropa und der Fähigkeit auch noch im hohen Alter entsprechende Lebensraum einzunehmen wird die Buche (hohe Plastizität der Krone) zur dominierenden Baumart. Auf den trockeneren Standorten (Niederschlag < 500mm/a) im Osten übernimmt die Hainbuche diese Rolle.

In den Mittelgebirgen entwickelt sich der Bergmischwald durch das Eindringen der Buche. Der äußerst schattentoleranten Tanne gelingt es ebenfalls in diesen Wäldern Fuß zu fassen und sich auf einigen Standorten gegenüber Fichten und Buchen durchzusetzen. Zu diesem Zeitpunkt stellt sich eine potentiell natürliche Vegetation ein, die ohne menschlichen Einfluss wohl auch heute noch so erhalten geblieben wäre."

Also auch in deiner Region ein Fichten-Buchen-Tannen-Mischwald, alles Bäume, die im Waldverband 40m hoch werden können.

Mit Urwald meine ich übrigens einen nicht-menschenbeeinflusstes Waldbiotop. So ein Waldbiotop entwickelt sich über Jahrtausende, auch wenn die einzelnen Bäume nur wenige 100Jahre leben. Ich kenne so etwas aus Finnland und einigen USA-Nationalparks. Man sieht den Waldboden nicht, und kann sich nur kletternd fortbewegen.:) In der natürlichen Entwicklung tendiert so ein Waldbiotop zu immer mehr Totholz und, so meine ich, zu immer größeren Baumhöhen.

Klar, der ganze Rest an Wäldern in Europa sind Baumbeete, die für Holzverwertung und teilweise Hangschutz gepflanzt sind. Die Frage war ja: Was hat die höheren Bäume, die Urwälder der Kelten oder die heutigen Baumbeete?
 
Hallo Harser und Sitanka.

Die Sache mit der Höhe der Vegitation ist zwar wirklich interesannt und lehrreich, aber was hat es mit der Frage zu tun ob man Kelte sein möchte?

Wäre Das nicht eher etwas für einen neuen Thread?

LG
Galahad
 
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Ich war's nicht, ich hab nich' angefang'. ;)

Aber genau betrachtet, wer will schon gerne Kelte mit kleinen Bäumen sein? :) Heilige Haine mit Krunkelkrücken ...
 
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