Wer kann mir helfen?

Hallo Nicki,
es sind alles gut gemeinte Ratschläge, die anzunehmen oder anzuwenden für sich selbst nicht so einfach sind. Es wird auch nicht sofort klappen, aber habe Geduld und spreche Deinen Vater immer wieder an, auch wenn Du meinst, keine Antwort zu bekommen. Aber höre in Dich hinein und Du wirst irgendwann erstaunt sein, was da aus Dir kommt.
Ich wünsche Dir, dass Du Deine Antworten bekommst.
Alles Liebe für Dich
Lisa
 
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Hallo!
Anlässlich eures Themas habe ich eine Frage.
Ich bin Lehrerin und in meiner Klasse hat sich der Vater eines Jungen das Leben genommen. Das Kind ist sieben Jahre alt.
Wie hättet ihr gewollt, dass eure Umwelt mit euch umgeht?
Bin für jede Antwort dankbar.
Alles Liebe
Tamina
 
Hallo zusammen!

Tamina, das Kind wird einfach viel Zuwendung und Liebe brauchen. Ich hab auch ein 8-jähriges Kind unter meine Fittiche genommen, dessen Mutter vor ein paar Monaten gestorben ist.

Gerade wenn zuhause viel geweint wird oder sonst eine bedrückende Stimmung herrscht (verständlich), braucht das Kind eine unbeschwerte Gegenwelt. Nicht verdrängen, aber auch nicht zu sehr eindringen in seine Seele, es seine Gefühle ausleben lassen im Spiel und im vertrauensvollen Erzählen, es mit warmen Augen anlächeln, ihm Zeit lassen, aus sich herauszukommen, und das grösste Geheimnis: auf gleicher Höhe mit dem Kind reden, als wär man nicht älter.
 
Dazu kann ich folgendes sagen:

Ich habe in einem kleinen Dorf damals gewohnt. Als alle von dem Tod meines Vetrs erfahren haben, waren sie besonders nett zu mir. Ich konnte mich über mangelnde Aufmerksamkeit nicht beklagen.
Aber eins hat mich trotzdem belastet: Niemand hat ganz direkt gefragt, wie es mir geht. Niemand hat es gewagt, dieses Thema anzusprechen.
Dabei hätte ich gerne viel öfter über ihn gesprochen.
Ich hätte es schöner gefunden, wenn mich mal jemand an die Seite genommen hätte (Lehrer auch!) und ganz direkt gefragt hätte.
Manchmal wollte ich doch genau über dieses Thema reden.

Wie gesagt, es hatten ja wirklich alle Mitleid, aber geholfen hat mir das nicht.

Liebe Grüße
Nicki
 
Hi Nicki

Da gebe ich Dir Recht: Es gibt Mitleid, welches gleichzeitig etwas Abweisendes an sich hat, ein "lass mal und reden wir nicht darüber"-Verhalten, was das Kind spürt.

Vielmehr will ich dem Kind vermitteln, dass es mit mir über alles reden darf. Aber auch wenn es nicht darüber reden will, kann ich ihm telepathisch nahe und heilsame Gegenwart sein. Das Kind, das ich hin und wieder betreue, will mich gar nicht mehr weglassen. Ich spüre, wie seine Seele langsam heilt. Ich hab es schon am Anfang auf den Tod angesprochen und ihm ganz schlicht von meinem toten Vater erzählt. Da hat der kleine Junge genickt: Ja, er kenne das, er habe keine Mama mehr.
 
Liebe Yona,

ich gebe Dir absolut Recht. Es ist unheimlich wichtig zu wissen, man kann reden, wenn man will. Da fällt mir ein Spruch ein:

Du gibst mir das Gefühl, Dir alles sagen zu können!
Bitte gib mir nie das Gefühl, Dir alles sagen zu müssen!

Grade bei Kindern ist es aber, denke ich jedenfalls, manchmal sinnvoll, das Thema direkt anzusprechen.
Wenn ich merke, irgendetwas bedrückt meinen Sohn, dann schaffe ich uns etwas Luft und eine gute Stimmung. Meistens abends quatschen wir dann über alles mögliche, aber irgendwann in diesem Gespräch schneide ich das Thema an.
Man erkennt ja an der Reaktion des Kindes, ob es reden möchte.

Ich weiß von meinem Sohn, aber auch aus eigener Erfahrung, das er mich oft nur nicht mit seinen Problemen belasten möchte.

Und dieses Gefühl hatte ich auch sehr oft. Ichhabe damals meine Mutter und natürlich den Rest der Familie leiden sehen. Meine Mutter war sehr damit beschäftigt, ihr Leben in den Griff zu bekommen. Oft wollte ich sie nicht auch noch belasten.
Heute weiß ich, das hätte ich natürlich nicht getan.

Ich galube, es ist gar nicht so einfach, Kind zu sein......

Liebe Grüße
Nicki
 
Hi Nicki

Das stimmt. Als Kind war ich auch ziemlich schweigsam, obwohl ich eigentlich mit allem zu meiner Mutter gehen konnte und es auch oftmals tat. Doch bei gewissen Themen schwieg ich, weil ich meine Eltern nicht belasten wollte.

Mit meinem Neffen, den ich aufziehe, rede ich deshalb sehr offen über alles. Ich spreche mit ihm sogar darüber, dass ich mit ihm über alles sprechen will. :reden:

Der besagte Junge redet mit seinem Vater offen über den Tod seiner Mutter, er lebt die Trauer, auf italienische Weise, und wird auch in eine Therapie gehen. Ich frage mich nur, was ich ihm sagen könnte, denn so oft sehe ich ihn nun auch nicht. Er will dann einfach spielen und es schön bei uns haben.

Und was soll ich sagen? Ich kann seine Mutter nicht wieder zurückholen. Er ist nicht so wie mein Neffe, viel unbewusster und weniger weit als andere in seinem Alter. Deshalb versuche ich es mehr auf telepathische Weise.

Wäre vielleicht schon gut, noch einmal mit ihm darüber zu sprechen, auf der anderen Seite kommen mir viele Worte so hohl und verfehlt vor. Der Kleine ist eben auch gar nicht der Typ, der gern redet, immer nur spielen und herumtollen, er kann nicht ruhig sitzen und auch nicht zuhören.
 
Hallo,

eigentlich ist es doch toll, das er sich nicht einigelt!
Schwierige Situation, aber vielleicht könntet ihr ein kleines Ritual einführen, ganz spielerisch.

So spontan fällt mir grad nichts ein, aber ich werde mal drüber nachdenken.

Du hast die Situation doch aber gut im Griff, ich glaube nicht, dass Du Dir Sorgen machen musst.

Liebe Grüße
Nicki
 
Hi Nicki

Ja, ein paar Rituale gibt es tatsächlich. Er will z.B. immer, dass ich einen dummen Zöllner spiele, der durch seine lustigen Ablenkungsmanöver jedes Mal aufs Neue reinfällt. Davon kann er nicht genug kriegen! Oder dann will er mich beim Abschied nicht gehen lassen. Er zeigt ein ähnliches Verhalten wie mein Neffe, nur eben noch keine richtigen Gespräche.

Mein Neffe spielte ihm einmal auf der Gitarre alle seine gelernten Balladen vor. Ich sass dabei und sah, wie traurig er wurde. Das war noch am Anfang, wo er total verstört wirkte.

Das mit dem Ritual ist an sich eine gute Idee, auf der anderen Seite könnte es ihm auch schaden, da er zuhause schon genug Rituale erlebt: die Bilder seiner toten Mutter in einer Nische, regelmässig zum Grab, das Zimmer seiner Mutter, die Rituale, welche er mit seinem Vater mitmacht, die Italiener trauern da viel offener, Trauer wird gelebt.

Und ausserdem muss er sowieso in eine Therapie, von der Schule aus. Vielleicht wird er ja dann gesprächiger, mal sehen. Ich sehe ihn nicht so oft, aber ich werde es im Hinterkopf behalten und falls es sich ergibt, nochmal mit ihm reden. Danke für Deinen Hinweis, hast schon Recht, will da nichts unversucht lassen!
 
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Liebe Yona,

ich denke, Du bist auf jedem Fall auf dem richtigen Weg. Die Situation ist sicherlich für alle Beteiligten nicht so einfach. Und Deine Offenheit tut dem Kind bestimmt gut.
Zuviel Trauer wird den kleinen Mann sicher eher erdrücken.
Ich dachte mehr an ein spielerisches Ritual.......

Aber wie Du so erzählst, tut ihm vielleicht auch etwas Ablenkung ganz gut.
Vielleicht bist Du auch diejenige, bei der er die Trauer einmal "vergessen" kann.

Liebe Grüße
Nicki
 
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