Ich frage mich, warum deine Schwester nicht beim Psychosozialen Dienst in Behandlung ist? Wenn sie über 18 ist, werden auch der Staatsanwalt und die Polizei nichts ausrichten können und ein Gerichtsverfahren im Ausland zu führen kostet viel zu viel Geld, Kraft und Nerven, von daher ist die Vorab-Nachfrage bei der Sektenanlaufstelle gut, weil die eine gute Orientierung und evtl. Unterstützung für die Vorbereitung eines Gesprächs mit dem "Heiler" bieten können.
Es gibt ein paar radikale Wege und auch weichere Wege, die man gehen könnte.
Radikal:
Du kannst den "Heiler" einfach anrufen und ihm sagen, dass er die Kontakte zu deiner Schwester in Zukunft unterlassen muss und ihr keine Termine mehr geben darf, weil du ihn sonst anzeigen wirst - das ist radikal, aber diese Einschüchterung kann bereits wirkungsvoll sein (egal ob du ihn anzeigen könntest oder nicht).
Allerdings scheint deine Schwester eine starke Führungskraft zu benötigen, wenn sie zu jeder Tages- und Nachtzeit Hilfe anfordert. Diesbezüglich halten ihr die "Heiler" scheinbar die Türe immer weit offen, was sonst kein professioneller Psychologe/Therapeut zulassen würde. Von daher müsstet ihr entsprechende Alternativ-Angebote finden, sonst sucht sie sich einfach den nächsten Heiler oder ruft bei den kostenpflichtigen Esoterik-Hotlines an.
Du kannst auch einmal versuchen herauszufinden, ob deine Schwester die Medikamente regelmäßig nimmt, oder eine Zeit lang nimmt und dann wieder absetzt...das wäre nämlich typisch bei solchen Erkrankungen und das bringt den Hormonhaushalt noch stärker durcheinander als dass es hilft. Wenn sie es mit den Meds nicht so genau nimmt, dann weise sie auf die damit einhergehenden Belastungen für den Körper und psychologischen Auswirkungen hin - aber ohne allzu vorwurfsvoll zu sein - wenn es geht so neutral wie möglich, sonst wird sie sich gleich querstellen. Zwingen kannst du sie sowieso nicht.
Das kann ein entscheidender Faktor sein - die Medikamente werden nicht regelmäßig eingenommen und dann wird versucht die daraus resultierenden Krisen durch Anrufe bei den "Heilern" zu kompensieren.
Wissenschaftliche Studien zeigen übrigens, dass eine Heilung durch reine Medikamenteneinnahme so gut wie nicht möglich ist, eine reine Gesprächstherapie ohne Einnahme von Medikamenten genau so wenig. Die höchste Erfolgsquote gibt es nur bei Kombination von beidem - aber auch die Tragfähigkeit der Beziehung zum Therapeuten ist ausschlaggebend (Sympathie, Vertrauen), von daher ist es gut sich nicht den erstbesten zu nehmen (man darf auch wechseln).
Sofern deine Schwester nicht gänzlich von der Esoterikebene abspringen möchte (und das kann leicht sein, wenn sie schon so tief drinnen hängt), dann würde sie vlt. eher das Angebot wahrnehmen, mal einen Beratungstermin bei einem Therapeuten/Therapeutin zu vereinbaren, der staatlich geprüft ist und dennoch einen esoterischen Zusatz-Baukasten verwendet (die gibt es - ich kenne z.B. eine die in der Psychiatrie im AKH ihre Ausbildung absolviert hat).
Ansonst ist der PSD empfehlenswert, aber denn kennst du wahrscheinlich eh schon.
Wichtig im Gespräch sind gute Argumente für einen Heiler-Therapeutenwechsel - die örtliche Nähe, professionelle Ausbildung, geringeren Kosten (weil Anfahrtskosten wegfallen + wenn Therapeut auf Krankenkasse arbeitet die Therapie günstiger ist), spezielle Empfehlungen (dazu kannst du auch bei HPE - Österreich nachfragen - eine Beratung bei denen würde ich dir sowieso ans Herz legen, weil die auf die Hilfe für Angehörige von psychisch erkrankten Menschen spezialisiert sind - und professionelle Unterstützung und Entlastung bieten, weil der Verantwortungsdruck für Angehörige + Freunde enorm hoch ist).
Ein sehr steiler und harter Weg wäre, ihr mit dem Jugendamt zu drohen, sollte sie sich nicht in professionelle Therapie begeben. Das Jugendamt kann eingeschaltet werden, wenn du das Gefühl hast, dass ihr Kind unter der Vernachlässigung leidet und du dir Sorgen hinsichtlich Entwicklungsbeeinträchtigungen machst. Die nehmen ihr das Kind sicher nicht gleich ab. Sie müssen vom Jugendhilfegesetz her mit der gelindesten Maßnahme anfangen, darum wird zuerst versucht ein Vertrag mit den Eltern abzuschließen - z.B. regelmäßige Besuche beim PSD, die sie beim Jugendamt nachweisen muss. Allerdings kann es auch sein, dass das Jugendamt nach dem Erstgespräch keinen Grund für eine weitere Intervention sieht (kommt immer auf die Kooperationsbereitschaft der Eltern an und wenn sie sich gut präsentieren können und die Wohnung zusammengeräumt ist - was ja meistens der Fall ist weil die Besuche des Jugendamts immer vorangemeldet werden - dann gibts vom Jugendamt vlt. keine weiteren Einwände). Von daher ist es wichtig dem Jugendamt bei der Erstattung der Meldung die Situation so stichhaltig und dennoch umfassend wie möglich zu erläutern.
Du kannst auch mal anonym beim Jugendamt anrufen, die Situation schildern und fragen, wie sie in so einem Fall vorgehen würden - die stellen keine CSI Recherchen an, aber wenn du möchtest kannst du ja auch die Nr. deines Handys unterdrücken. Die versuchen dir so gut es geht eine Auskunft zu geben und ob du das Angebot annimmst oder darauf hinweist, dass du dir das alles noch überlegen musst und dich ggf. wieder meldest, ist dir überlassen, denn du hast als Privatperson keine Meldepflicht und daher wird dich dort niemand zwingen Daten bekannt zu geben (seitens des Jugendamts werden keine weiteren Recherchen angestellt).
Na gut, das war eine ganze Litanei die ich dir da geschrieben habe - aber bitte erkundige dich wirklich mal beim HPE-Österreich (und Sektenanlaufstelle)!
Es ist zwar anstrengend immer wieder alles von vorne erzählen zu müssen, aber du wirst sehen - umso mehr Informationen du von den Fachstellen erhältst, umso besser.
Alles Gute!