Wenn ein erwachsener Mensch (fast 30), in diesem Fall ein Mann, noch nie eine Beziehung mit einer Frau/einem Mann hatte, keinerlei Erfahrungen in diesem Bereich, also konkret was Mann und Frau oder Mann und Mann angeht - und dazu noch sehr ängstlich ist, Verlustängste hat, Versagensängste, ich glaube auch Angst vor Frauen, sich oft selbst bemitleidet und auch Vorwürfe macht -
was kann das für Ursachen haben? Was kann da dahinter stecken?
Ich gehe nicht davon aus, dass so ein Verhalten angeboren ist, in die Wiege gelegt wurde.
Ich tippe eher auf bestimmte Kindheitserfahrungen, Traumata/Traumen... - er hängt sehr an seine Mutter.
Mich würde interessieren, was das für Ursachen haben könnte. Hat jemand eine Idee?
Aus meiner Sicht liegst Du völlig richtig. Sowohl emotionaler als auch sexueller Missbrauch seitens der Mutter in der frühen Kindheit können dazu führen, dass der traumatisierte Betroffene später aufgrund von Abwehr- und Vermeidungsmechanismen die monogame Partnerschaft zum Gegengeschlecht ausschlägt. Abwehrend wird das diabolische Bild der ausblutenden Mutter unbewusst auf den potentiellen Partner projiziert.
Eine weitere Ursache, Beziehungen zum anderen Geschlecht auszuschlagen sind symbiotische Bindungsgewalten. Wenn in der frühen Kindheit die Mutter verbal oder nonverbal dem Kind suggerierte, dass sie von ihm abhängig ist, ohne ihn nicht leben kann, werden in dem Kind diese internalisierten Schuldgefühle und Bindungen reakitiviert, sobald es sich emotional von der verinnerlichten Mutter entfernen will - z. B., indem es sich später einer anderen Frau zuwendet und damit gegenüber der introjizierten Mutter die Loyalität bricht. Noch schlimmer ist es, wenn das Kind einzig Bedeutung in der Symbiose mit der Mutter fand, wenn es außerhalb dieser nur gering geachtet und aufgebaut wurde. Ist dies der Fall, wird der in der Psyche Kind gebliebene Erwachsene kaum ein Wertgefühl dafür entwickeln, für sich aktiv Beziehungen einzugehen. Er wird zudem das Gefühl der Bedeutsamkeit verlieren, wenn er der Mutter untreu wird, weil er nur in dem loyalen Verhalten ihr gegenüber Achtung, Anerkennung und Sinn erfuhr. Das ist vor allem bei identitätsheischenden Eltern der Fall.
Auch eine zu tiefe Bindung an die Mutter und ein krankhafter Narzissmus können verhindern, dass der Erwachsene die Nähe zum anderen Geschlecht sucht. Er fürchtet unbewusst, dass sich eine emotionale Abhängigkeit wiederholt. In Scheidungsfällen ängstigt ihn unbewusst, dass auch er vom Partner verlassen und verletzt werden könnte, dass seine Verbindung zu Bruch geht und er genauso leiden muss wie damals seine Elternteile.
Verwöhnung erzeugt einen übermäßigen Narzissmus. Solche Menschen meiden oftmals generell den Kontakt mit anderen, weil sie niemals die Ansprüche des Narzissten erfüllen können und ihn damit kränken. Diesen Kränkungen möchte er ausweichen. Eine Freundin kann niemals das Verständnis, die Zuwendung und Einheit bieten, die das kleine Kind bei einer übermächtigen, allumsorgenden Mutter erfuhr. Ein solcher Mensch muss sich dringend verabschieden von der Kindheit, der guten, großen Mutter, um lebensfähig zu werden.
Was bei Dir die Ursache ist, verraten Dir Deine Träume, die Du aufschreiben und später deuten lernen solltest. Sie sind ein Wegweiser, denn sie sind laut Freud der Königsweg zum Unbewussten, in welches Deine Ich-Zensur psychischen Konfliktmaterial wie Traumata und emotionale Bindungen verdrängte. Im Schlaf ist diese Zensurmaßnahme des Ichs geschwächt, so dass jene Konflikte im Gewand von Traumsymbolen hervortreten können. Verstehe ihre Sprache und Du verstehst Dich selbst.
Sexuelle und emotionale Missbräuche in der frühen, prägsamen Kindheit haben nicht nur Fluchtverhalten bezüglich Partnerschaften zur Folge, sondern auch sexuelle Deviationen wie Homosexualität, Fetischismus, Sadismus, Masochismus, Pädophilie usw. Statistisch nachgewiesen ist z. B., dass in der biographischen Anamnese Homosexueller auffallend oft sexuelle Missbräuche in der Kindheit durch ein Elternteil vertreten sind.