Hallo mein Lieber.
Mir tut das immer so leid, wenn ich lese, wie Du fühlst und erlebst, was Du bist und was Deine begrenzten Möglichkeiten sind. Denn auf der anderen Seite lese ich ja immer soviel Potential. Du bist ein kluger Kopf, das weißt Du.
Psi, ich suche hier nach Worten für Dich in mir. Da ist nicht so leicht bei Deiner Situation. Ich kann mich da wegen Deines Geschriebenen soweit hinein versetzen - und ich fühle mich dabei nicht gut.
Ich will es mal mit einem Schleim vergleichen, Psi. Oder mit einem Schlamm. Wenn man in so einem schleimigen Schlamm steckt, dann fühlt es sich so an, als wäre man Teil des Schlamms und als würde man in ihm verschluckt. Steckt man lange in diesem Schlamm, wird der Schlamm warm und man spürt gar nicht mehr, wo die eigenen Grenzen der Haut sind und wo das eigene Sein beginnt und wo das Außen anfängt. Und dann wähnt man sich selber als untrennbar verknüpft mit dem Schleimschlamm, denn dieser fühlt sich an wie das, was man kennt und daher meint zu sein. Denn man steckt in diesem Schlamm ja schon so lange.
Vielleicht ist durch das Schlamm-Gleichnis klar geworden, was ich Dir sagen will: Das "Problem" existiert nicht nur in den Zusammenhängen Deiner Situation, sondern es existiert auch für sich als Faktotum, als Etwas, das Du angenommen hast, weil Deine Familie es Dir teilweise vorlebte. "Es" ist eben problematisch, Du hast kein Vertrauen in Dich selber entwickeln können und vielleicht auch nicht viel Urvertrauen. Weil Du laufend mit dem Erlebnis "Problem" beschäftigt warst und seit Jahren dort nicht heraus kommst.
Daher ist mir die Frage einer Umdefinition Deiner Lebensumstände in Dir drin wichtig. Wie kannst Du es schaffen, nicht immer durch die "Problembrille" auf Dich zu blicken? Wie kannst Du entdecken, daß die Lösungsbrille ebenfalls existiert, und daß sie angenehmer zu tragen ist? Und wie, im dritten Schritt, legst Du dann die Brillen und damit die Bretter vor dem Kopf ab, die Du ja selber kennst und hoffentlich ablegen möchtest?
tja, wie kann das gehen, daß man sich quasi als ein Anderer fühlt als der, der man gerade ist, im Problem steckend?
Neulich habe ich eine Fernsehsendung gesehen über einen Mann, der 250 Kilo wog und sehr viel abgenommen hat. Heute ist er Fitneßtrainer und ist damit ein Vorbild für andere, die in einer solchen Situation stecken.
Mich erinnert die Situation der übermässigen Körperfülle an das Stecken in einem Schlamm, wie ich es oben beschrieb. Auch in dieser Situation ist man gehemmt, den eigenen Schritt zu tun in einer Problematik, die untrennbar mit einem verknüpft ist.
Dieser Fitneßtrainer in der Sendung sah vor dem Fernseher sitzend, wie er vor 5 Jahren aussah und was er damals sagte, was seine Einstellung war und so weiter. Und er sagte: "wenn ich das heute sehe, wie und wer ich vor 5 Jahren war, dann erkenne ich mich selber dort in dieser Person überhaupt nicht wieder." Und auch sein eigener Fitneßtrainer, der ihn durch den Prozeß des Abnehmens begleitet hatte, konnte sich zwar an den "Dicken" erinnern, aber auch er sagte, daß diese "alte" Person wie wegradiert aus seinem Kopf sei. Weil dieser Mann, der soviel abgenommen hat, auch für ihn ein vollkommen neuer Mensch geworden sei. Mit ganz anderen Einstellungen, Antrieben, Meinungen, Talenten und so weiter. Der "Schlamm" hatte also diesen Menschen gefangen, er steckte in ihm fest, aber er hat es geschafft, heraus zu kommen, und danach war er ein Anderer.
Nochmal: es fühlt sich immer so an, als sei das Problem man selber. Und man vergißt dahin zu spüren, wo man selber die Lösung ist. Die Frage ist für mich, ob man es schafft, für sich umzudefinieren, daß man die Lösung ist und nicht das Problem. Das würde ich für einen Anfang halten, etwas zu verändern. (Aufhören zu jammern wäre für mich da eine der ersten Taten, um überhaupt Zeit für das Fühlen der Lösungsorientiertheit zu bekommen.)
Das Problem ist zum Beispiel nicht Deine telepathische Veranlagung, sondern daß Du sie nicht nutzt! Wenigstens nutzt Du sie nicht lösungsorientiert, sondern Du problematisierst sie und damit Dich und daher fühlst Du sie als Teil des Problems. Trotzdem ist das positive Umgehen mit Deiner Veranlagung das, was Du in einem positiv geführten Leben zu erwarten hast. Es ist lediglich die Funktionsweise Deines Geistes, Deiner Oberstube, die Du entdeckst. Es ist gut, sich so zu kennen, aber dann muß man auch irgendwann anfangen, dieses Sosein zu nutzen.
Vielleicht bist Du dafür noch zu jung. Vielleicht auch nicht. Aber ich finde was Du auf jeden Fall machen könntest ist etwas, das sehr viele Menschen in Deiner Situation tun: geh laufen. Turnschuhe an, Hose, T-Shirt, und loslaufen ohne darüber nach zu denken. Und dann wirst Du unmittelbar mit "Deinem" Problem konfrontiert, ganz einfach nur durch das Laufen.
Du wirst dann in Deinem Geist hören: "ich kann nicht". Und danach wirst Du die Wirkung dieses Denkens in Deinem Körper beobachten. Und vielleicht nicht beim ersten, zweiten oder dritten Mal, aber beim vierten Mal wirst Du es vielleicht schaffen, diesen Teufelskreis aus Denken und Gefühl und körperlichem Symptom zu durchbrechen und endlich mal frei zu werden aus Deinem eigenen Dilemma. Für den Augenblick und den Zeitraum, in dem Du dich selber überwindest, und weiter läufst. Du läßt den inneren Schweinehund, der Dich klein und unfähig macht, einfach links liegen und läufst weiter, obwohl er plappert. Er, Dein denkender Geist, interessiert Dich nicht, egal ist, welche Mätzchen er veranstaltet.
Was dann in diesem Moment notwendigerweise kommt, ist Adrenalin. Und Adrenalin ist es, was Du meiner Meinung nach brauchst. Meiner Meinung nach ist es Adrenalin, wovor Du flüchtest und wovor Du Angst hast. Also würde ich genau das "triggern". Durch Laufen, Springen, Brüllen, Rammen, Stechen, Hüpfen, Bumsen, trööten, pflüken, nöken und pöken. Also schlicht durch alles, was Adrenalin bringt.
Insgesamt: Beschleunigung. Raus aus dem Schlammschleim. Das wünsche ich Dir, Psi, und wünsche Dir einen schönen Tag.
lg von der Trixi Maus in's Saarland.