Also ich war damals soo ein Schi**er und habe mich nicht getraut. Meine Kollegen lagen mir aber in den Ohren, ich solle mein Begrüssungsgeld abholen.
Mir war das sehr peinlich, ich wollte nicht.
Meine Eltern fingen dann aber auch noch an, also setzte ich mich in den Zug und fuhr zu Verwandten nach Ostberlin. Meine Tante unternahm dann einen Abstecher mit mir an den Kudamm, ins KdW und einfach mal so ne Tasse Kaffee trinken gehen. Ich war sprachlos. Noch nie hatte ich Menschen mit hellblauen Haaren gesehen, mit Piercings... sie kamen mir ein bischen wie Ausserirdische vor.
Im KdW hatte ich etwas Bedenken, auf die Rolltreppe zu gehen. Auch sowas kannte ich nicht, und ich war sicher, mir würde irgend etwas ganz Blödes passieren (tat es aber nicht).
Ich habe 3 Monate gebraucht, diese ganzen Eindrücke zu verarbeiten. Als mir mein Job gekündigt wurde, setzte ich mich erneut in den Zug- diesmal Richtung Ruhrgebiet. Ich bezog eine kleine Wohnung, nahm (irgend einen- egal) Job an und baute mir recht schnell und recht erfolgreich ein eigenes Leben auf.
Zurück habe ich seither nur bei Familienfeiern geschaut- nur manchmal noch mit Wehmut, aber fast immer mit Freude im Herzen, dass ich *da weg war*.
Ich fand es schlimm, was mit den ehem. DDR-Bürgern unmittelbar nach der Wende alles passierte. Viele kamen psychisch gar nicht drauf klar- einige Ältere bis heute nicht. Man hat sie verar***t, indem man ihnen bspw. total überteuerte Autos aufschwatzte.
Noch heute verdienen die meisten meiner Verwandten als Paar weniger als mein Mann bekommt. Das ging dann jahrelang immer so: "na Duuu hast ja einen reichen Wessi geheiratet! Du bist fein raus. Duuu weisst ja gar nicht, wie es uns geht..."
Nun, auch diese Stimmen sind leiser geworden. Ich meine, keiner hat Lust, mehr als 25 Jahre dasselbe zu erzählen- wo sich ja doch nichts ändert. Das kostet nur Nerven und Kraft- und da die Leute ja auch älter oder auch alt geworden sind, brauchen sie die Ressourcen nun offensichtlich für etwas anderes.
Von Politik und Politikern hält niemand mehr etwas in meinem ehem. Umfeld.
Was mich neuerdings beunruhigt, sind die "Glatzen", die die Städte und Dörfer unsicher machen. Sie versprechen blühende Landschaften, wie Kohl das einst getan hat.
Ende offen.-