Nein, sich mehr erhoffen bezieht sich nicht auf Materielles, sondern eben auf die Seelenebene.
Okay - man ist ja geneigt anzunehmen, dass das einen Unterschied macht. Aber welche Art Unterschied?
Und, was vielleicht mal am Rande auch interessant zu betrachten ist: macht es denn heutzutage überhaupt noch einen Unterschied?
Denn was derzeit passiert, ist ja, dass der vierte Sektor mit allem Nachdruck auf den Markt gebracht wird, also dass Seelendinge zur Ware erklärt werden, die konsumert werden soll. Das ist ja genau die Essenz der heutigen Esoterik.
Also genau diese Unterscheidung zwischen Seelendingen und dem Materiellen war zwar traditionell vorhanden, soll aber künftig keinen bedeutsamen Unterschied mehr machen: die Seelendinge werden heute zerlegt zu irgendetwas, das man dann verkaufen und nach marktwirtschaftlichem Verständnis einen Bedarf dafür wecken kann.
ZB, vertrauensvoll miteinander reden kostet momentan 75 Euro pro Stunde.
Und die Folge wird dabei genau dasselbe sein, wie es sich heute mit dem Überfluss an (ungespritztem) Obst bei uns im Garten verhält - das will kein Mensch haben - sondern man will stattdessen die kalibrierten Äpfel mit Normdurchmesser aus dem Supermarkt.
Genauso will bald auch niemand mehr miteinander reden wollen, sondern man sitzt stattdessen mit Kopfhörer vor seinen Gameboy - und zieht es vor, stattdessen Gespräche nur bei einem nach ISO-9002 genormten Therapeuten zu kaufen.
Und da finde ich, wenn es sich also so verhält, dass mit den Seelendingen Schacher getrieben und Reibach gemacht wird wie mit einem materiellen Konsumgut, dann finde ich es auch nicht mehr angezeigt, da einen Unterschied zu machen.
Man kann die Seele als etwas heiliges verstehen, oder als etwas mit dessen Bedürfnissen man Profit machen kann - und ich fasse das jeweils entsprechend auf. Was bei mir jedenfalls nicht funktioniert, das ist, wenn man das eine spielt und es als das andere rechtfertigen möchte.
Aber das mal nur am Rande, als Kommentar zum Zeitgeist.
Auch diese Art von Begegnung kann einseitig sein, eben gesponsort durch die eigenen Sehnsüchte nach... Begegnung, Beziehung, Sexualität usw.
Ja natürlich kann es das. Das ist aber auch wieder ein recht neuer Trend - noch vor wenigen Jahrzehnten hat sich da fast niemand drum gekümmert oder wäre auf die Idee gekommen, Seelendinge aufzurechnen - es gab da kaum eine Bewusstheit dafür - noch nichtmal da wo es erforderlich wäre, etwa bei langjährig belastenden und schädlichen Beziehungen.
Heute dagegen kriegt man schon vorgerechnet, wie viel Mühe man mit seinen (nur unterstellten!) Sehnsüchten dem Gegenüber angeblich bereitet, bevor der sich überhaupt die Mühe machen täte einen auch nur kennenzulernen! Die Bewusstheit ist diesbezüglich heute so hoch, dass es offenbar das erste ist, was man betrachtet wenn man jemandem begegnet: wieviel Einbuße der eigenen Lebensgestaltung es darstellt, wenn man einen Mitmenschen wahrnimmt (und dadurch nicht zum Gameboy-spielen kommt)!
Ich sehe das als den Ausdruck einer völlig übersättigten, maßlos dekadenten Wohlstandsgesellschaft, in der der Kapitalismus krampfhaft nach den letzten Wachstumsnischen giert und den Menschen entsprechende Ansprüche einimpft. Der Bedarf im ersten und zweiten Sektor ist längst ausgereizt, und auch im Dienstleistungssektor geht nicht mehr viel. Man hat den Leuten zuerst eingeredet, dass sie ihre Kartoffeln nicht mehr selber pflanzen, ihre Hemden nicht mehr selber nähen sollen. Dann hat man ihnen noch mehr Bequemlichkeit unter dem Banner des Wohlstands eingeredet, dass sie auch ihre Fenster nicht mehr selber putzen und ihre Fingernägel nicht mehr selber schneiden.
Und nun bringt man ihnen bei, dass auch auf der Seelenebene jede menschliche Begegnung ein Aufwand ist, den man heutzutage nicht mehr nötig hat und daher besser in die Zuständigkeit gewerblicher Anbieter verweisen sollte.
Soweit das als eine kleine Ortsbestimmung zum dekadenten Verfall und Niedergang von Zivilisationen. Kali-Yuga.
Eine interessante Facette des vierten Sektors ist dann diese: wenn du mir ein Pfund Kartoffeln verkaufst, oder ein Fahrrad, dann ist ganz klar dass ich dir das bezahle. Ebenso, wenn ich dir die Fenster putze, dann ist klar dass du mich dafür bezahlst.
Aber wenn nun zwei Leute sich das Seelenbedürfnis erfüllen, miteinander zu reden - wer muss dann wen dafür bezahlen?
Eben das ist auch das Unterscheidungsmerkmal zwischen dem dritten Sektor (gewöhnliche Dienstleistungen) und dem vierten Sektor (Seelendinge) - dass beim vierten Sektor nicht nachvollziehbar ist, wer da von wem eine Dienstleistung erhält.
Du sagst nun, Sehnsüchte sind das, was Begegnungen einseitig macht, sind also das was man aufrechnen und einschränken muss, und was bestimmt, wer bezahlen muss.
Also haben Sehnsüchte offenbar in menschlichen Begegnungen nichts mehr verloren, sondern gehören in die Hände eines passenden Dienstleisters, der sie kostenpflichtig erfüllt?
Ich freilich denke, die Sehnsucht des Herzens wurde nicht ohne Grund erschaffen. Sehnsüchte sind etwas zutiefst menschliches, und wir wären sowas wie Roboter oder Zombies, wenn wir keine hätten!
Offenbar ist es das, wie die "schöne neue Welt" aussehen soll: Zwischenmenschlichkeit ohen Sehnsüchte, ohne Seele, auf dem Niveau von Zombies.
Das, was leider viele Menschen nicht begreifen, ist, dass es, wie Du selbst sagst: eine Stabilität, Mechanik, Verlässlichteit im Verhalten und den Absichten des Gegenübers geben soll. Und sobald man sie entdeckt, brauch man nur noch den Regeln folgen und "alles wird gut".
Die gibt es jedoch imho nicht.
Ei wieso soll es das denn nicht geben?? Oder glaubst Du nur nicht dran?
Nochmal die Grundlagen: Es gibt eine einzige Schöpfung, und ein einziges Bewusstsein - und dieses Bewusstsein ist nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten beschaffen - den Gesetzmäßigkeiten des Geistes (was im grunde Naturgesetze sind). Das ist das, worauf es eigentlich ankommt; und das gibt es nicht nur, sondern das muss man nichtmal suchen, weil es immer und überall gegenwärtig ist - ausser da wo es ausdrücklich geleugnet wird!
Also lass uns noch ein bischen genauer hinschauen, und dabei Deinen Assoziationen folgen. Du bist nämlich durchaus nicht von den Sehnsüchten der Seele hergekommen.
Wäre dem so, dann müsste man allerdings fragen, seit wann denn die Sehnsucht der Seele nach Miteinander etwa ein Makel ist, ein Einseitiges, etwas was man einem Gegenüber vorhalten oder aufrechnen kann? Wenn dem so wäre, dann müsste man doch konstatieren dass da etwas ganz schreckliches passiert in unserer Kultur - denn wenn der Wunsch nach Miteinander neuerdings ein Makel ist, dann herrscht doch eine menschliche Eiseskälte!
Aber das war ja auch nicht wirklich Dein Ausgangspunkt, sondern das ist nur das, was aus dem Konstrukt jetzt zu werden scheint.
Dein Ausgangspunkt war ein anderer, nämlich dieser hier:
Da ging es also gar nicht um Seelendinge, sondern ums "f..."."Wer f... will muss freundlich sein" funktioniert aber nicht linear nach dem Motto "ich erfülle Erwartungen und darf dann auch gefälligst randürfen.".
Und damit kriegt die ganze Geschichte schon sehr viel mehr und einen viel verständlicheren Sinn - und wir sind wieder auf der Spur von offenbar durchaus gewohnten und verbreiteten Ansichten und Denkweisen - obwohl die auch alles andere als schön sind...
Halten wir also fest: diese Idee kam von Dir - ich für meinen Teil hab nur ganz sachlich erzählt was passiert ist - dass ich mit einer Lady in Afrika unterwegs war, die sich da mal eben für den Abend einen Kuschelpartner gegriffen hat - ich für meinen Teil hab nie gesagt dass ich überhaupt "rangewollt" hätte. (Genauer gesagt ist mir sowas da nichtmal in den Sinn gekommen, weil das ja eh nie passiert - ich hab ja durchaus mit der Lady im selben Bett übernachtet weil es hiess dass das bei Backpacker-Touren normal sei, und selbstverständlich ist Anfassen da ganz ausgeschlossen - ich bin dann erst an diesem Abend auf solch drastische Weise damit konfrontiert worden, dass Anfassen ausserhalb von Beziehungen offenbar doch nicht durchweg und immer ausgeschlossen ist - was auch immer das nun wieder bedeuten mag.)
In Deiner Reaktion tauchte dann zuerst allerlei auf von "wegvögeln" und "f..." und "randürfen" - und eben gar keine Sehnsüchte der Seelenebene. Und da es von meiner Seite keinen Anlaß für solche Ideen gab, kann ich nur folgern und vermuten, dass das dann offenbar die allgemein übliche weibliche Denkweise vorstellt, die freilich ansonsten nur sehr selten ausgesprochen wird.
Damit wird aus dem ganzen dann tatsächlich ein Schuh - denn wenn es auch reichlich lächerlich wäre, wollte man die Sehnsüchte der Seele als einen Makel hinstellen, ein Interesse an Sex dagegen wird immer gern als etwas böses, schlechtes, schmutziges, sündiges, und verwerfliches aufgefasst - das ist zwar unverständlich bei einer so natürlichen Sache, aber doch gängige christliche und bürgerlich-moralische Auffasssung.
Nun hast Du, liebe Anevay, da also höchstwahrscheinlich etwas ausgesprochen, was ansonsten nur ganz viel heimlich gedacht und eben nicht ausgesprochen wird - eben den alltäglichen, tief verinnerlichten und selbstverständlichen Sexismus: Wenn ein Mann eine Frau trifft, dann will er nur "f...", und wenn er ihr irgendeinen Wunsch erfüllt, dann nur deshalb weil er hofft dass er dann "randarf". Und auch wenn es für so eine Auffassung keinerlei Anhaltspunkte gibt, so wie hier, wird das doch erstmal so unterstellt (und dann im Zweifelsfall wahrscheinlich jegliches Verhalten in diesem Sinne interpretiert).
Das ist dann auch der Hintergrund, wegen dem Mipa fragte, warum ich den Eindruck habe "nicht gut genug" zu sein um irgendwelche Anspruche zu erfüllen, ohne dass konkrete Ansprüche an mich herangetragen worden wären: wenn man intuitiv spürt, dass einem von vorneherein Niederträchtigkeit unterstellt wird, dann fühlt man sich abgelehnt und "nicht gut genug", aber man weiss nicht was man falschmacht, was der Anspruch wäre den man offenbar nicht erfüllt - denn man wird ja auf der Basis von Vorurteilen verachtet!
Man kann sich also noch so sehr abmühen, man wird die Ansprüche niemals erfüllen können - weil man seine Seelentätigkeit nunmal nicht beweisen kann, um Unterstellungen zu entkräften.
Aber damit haben wir auch die Erklärung für das obige:
eine Stabilität, Mechanik, Verlässlichteit im Verhalten und den Absichten des Gegenübers geben soll. Und sobald man sie entdeckt, brauch man nur noch den Regeln folgen und "alles wird gut".
Die gibt es jedoch imho nicht.
Genau, die gibt es da nicht, wo von vorneherein und ungeprüft anderes unterstellt wird. Denn wenn immer dann echte Verlässlichkeit und Integrität auftritt, wird sie lediglich als Lüge aufgefasst.