Weisheit ist ein Verbrechen an der Natur

Aurelia schrieb:
naja, letztlich geht ja alles flöten. Der Körper, die Ideale, das Wissen. Weise nenn ich einen Menschen, der diesen Abbau gelassen erträgt - oder ihn vielleicht sogar beschleunigt, eben zum Zwecke von Weisheit.
Nein, Aurelia, nein und abermals nein!
Das hoert sich an wie Alzheimer, das muss doch nicht sein und auch noch bewusst beschleunigt?
Wie meinst du DAS denn?
Nichts soll bei mir floeten gehen, solange ich auf dem Globus herumlatsche.
Ich will und plane entschieden keinerlei Abbau, schon gar keinen geistigen Verfall!
Und der gute Nietzsche, um zum Thema zurueckzukommen, war ein Frauenfeind und Misanthrop.
Nicht alles, was er gesagt hat, muss der Weisheit letzter Schluss sein...

Bijoux
 
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Waldlicht schrieb:
Weisheit ist ein Verbrechen an der Natur
Waldlicht schrieb:
Dieser Satz, gelesen in einem Werk Nietzsche´s, hat mir einiges Kopfzerbrechen bereitet.
bist du dir sicher, dass du das werk gelesen hast?



dieser satz stammt aus dem werk: die geburt der tragödie.
ich zitiere daraus:

Diese Erkenntniss sehe ich in jener entsetzlichen Dreiheit der Oedipusschicksale ausgeprägt: derselbe, der das Räthsel der Natur - jener doppeltgearteten Sphinx - löst, muss auch als Mörder des Vaters und Gatte der Mutter die heiligsten Naturordnungen zerbrechen. Ja, der Mythus scheint uns zuraunen zu wollen, dass die Weisheit und gerade die dionysische Weisheit ein naturwidriger Greuel sei, dass der, welcher durch sein Wissen die Natur in den Abgrund der Vernichtung stürzt, auch an sich selbst die Auflösung der Natur zu erfahren habe. "Die Spitze der Weisheit kehrt sich gegen den Weisen: Weisheit ist ein Verbrechen an der Natur": solche schreckliche Sätze ruft uns der Mythus zu: der hellenische Dichter aber berührt wie ein Sonnenstrahl die erhabene und furchtbare Memnonssäule des Mythus, so dass er plötzlich zu tönen beginnt - in sophokleischen Melodieen!


wenn du nietzsch verstehen willst, dann kannst du nicht einfach diesen satz heruaspflücken und ihn deuten. lies das ganze, versetze dich ihn den dichter hinein...

liebe grüsse, esperanto
 
@esperanto
Ja, ich habe das Werk gelesen und ja, ich weiß das ich diesen Satz aus dem Zusammenhang gerissen habe. Aber erst dieser Abschnitt, eben das "Weisheit ist ein Verbrechen an der Natur" hat bei mir diesen Gedankengang ausgelöst.
Darf man denn keine Gedankenexperimente mehr machen?

lg
Waldlicht
 
@Qia und Bijoux

Hey Jungs. Natürlich will keiner von uns abgeben, weder seinen Körper, noch seine Ideale, noch sein Wissen. Abgeben heisst ja "verlieren". Und wer will denn ein "Verlierer" sein?

Aber zeigt uns das Leben denn nicht, dass nach einer kurzen Zeit des Aufblühens gnadenlos die Abbauphase kommt? Was wollt ihr denn erhalten? Eure Körper? Vergesst es, sie werden Wurmfutter. Eure Ideale? Nö, Tote haben, glaube ich, keine Ideale mehr. Eure tollen Gedanken? Könnte ev. schwierig werden, ohne Hirn zu denken.

Wir werden ohnehin verlieren. Und ich glaube, alles, was wir auf dieser schönen Welt tun können, ist lernen, gute Verlierer zu sein. Weise ist ein Mensch, der dies akzeptiert und der konsequenterweise übt, Momente und Zustände zu erreichen, wo Körper, Ideale und Wissen zu Nebensächlichkeiten werden. Und vielleicht beschleunigt er das Ausbrennen (besseres Wort als Abbau) ganz bewusst, weil er eben erkennt, dass Körper, Ideale und Wissen nicht nur nicht erhalten werden können, sondern ev. sogar hinderlich für die Momente des reinen Seins sind. Vielleicht ist Nietzsches Spruch ja so zu verstehen: Weisheit erhebt sich über und gegen die Natur; die Natur geht flöten, Weisheit erkennt dieses Spiel.

Grüsschen
Aurelia
 
Weisheit ist das weiße Bewußtsein.

Eine weiße Mattscheibe ist leer.

Weisheit ist die Leere, das Nichts.

Weisheit ist dasselbe wie Nirwana.


Die Erlangung der Weisheit ist die Erfüllung des Todestriebes.
Der Gegensatz der Lebenstrieb wäre ohne seinen gegensatz reine Natur.

Was zur Weisheit führt steht im Gegensatz zu solch reiner Natur.

Insoweit ist die Weisheit wider die Natur.

Nietsche spricht vom Verbrechen an der natur.............vermutlich weil die Natur als aufstrebendes Prinzip im Gegensatz zur dekadenten Weisheit etwa des Christentums verstanden wird.

Der Todestrieb steht im Widerstreit mit dem Lebenstrieb

und soweit steht die Weisheit im Widerstreit mit der natur.


Das Wort Verbrechen wertet dies als was Illegitimes.........es ist aber etwas normales und notwendiges.
 
Hallo Waldlicht

Waldlicht schrieb:
Dieser Satz, gelesen in einem Werk Nietzsche´s, hat mir einiges Kopfzerbrechen bereitet. Etwas so erstrebenswertes wie Weisheit soll ein Verbrechen an der Natur sein?
Zuerst sollte in diesem Zusammenhang abgeklärt werden ob "Weisheit" mit "Wissen" gleichzusetzen ist. Obwohl doch ähnlich, so sind diese beiden Wörter in ihrer Aussage doch verschieden.
Wissen ist Information und Weisheit ist der Umgang mit derselben. Wie kann nun diese Weisheit eine Untat an "Gottes Schöpfung" sein?
Wenn wir nun Weisheit als Endprodukt des Wissens ansehen, so verkörpert es in diesem Moment der Einsicht Stillstand. Wissen, oder das Streben danach, bedeutet Veränderung, da jedes dazugewonnene Detail eine Veränderung im Denken bewirkt. Weisheit nun, als Endprodukt, da es ja den Umgang mit der Information darstellt, steht für Stillstand, da kein neues Wissen hinzukommt. Etwas wirr und noch nicht ganz ausgereift!
Doch wenn dem so ist, warum dann noch weiterhin nach Wissen streben, wenn das "Ende" so dramatisch ist?
Ich bin mit Sicherheit nicht weise, vielleicht ein wenig wissend, auf alle Fälle danach strebend. Doch ist Weisheit wirklich immer der Endpunkt des Wissens? Sind Weisheit und Wissen unumgänglich miteinander verbunden? Gibt es unwissende Weise? Unweise Wissende?
Welche Erkenntnis mag hinter diesem Ausspruch liegen? Und was führte zu dieser Erkenntnis? War es nicht das Wissen, das zu dieser "weisen" Einsicht führte?

Nur ein Gedankenexperiment von mir!

lg Waldlich

Mir hat dein Beitrag sehr gut gefallen. Ich stimme mit dir soweit überein, dass Weisheit der Umgang mit dem Wissen ist. Es mag sein, dass Weisheit den Endpunkt des Wissens darstellt und sich Stillstand einstellt, sobald dieses Wissen ermittelt und umgesetzt wurde. Allerdings deckt jedes Wissen immer nur einen kleinen Aspekt aus einer unendlichen Vielfalt ab. Darum sind Wissen und Weisheit Prozesse, die uns unser ganzes Leben lang begleiten.

Was mir allerdings an deinem Beitrag nicht so gut gefallen hat, ist mein Gefühl, dass deine Behauptung ohne konkreten Bezug zur Realität etwas in der Luft hängt und damit allenfalls eine verbale Spielerei ist, wie sie offensichtlich philosophisch Interessierte gerne betreiben, ohne daraus wirkliche Erkenntnisse zu ziehen.

Alles Liebe. Gerrit
 
Hallo Waldlicht

Waldlicht schrieb:
Langsam dämmert es! :banane:

Erfahrenes Wissen, eingesetzt, wird zur angewandten Weisheit.
Weisheit ist also unwiderruflich mit Wissen verbunden und, wenigstens für mich, definiert.
Nun stellt sich mir aber die Frage, wie definiere ich Wissen? Sind in diesem Zusammenhang nicht alle Wesen "weise", da sie ihr angesammeltes, erfahrenes Wissen anwenden, in welcher Hinsicht auch immer? Handeln wir nicht immer aus der Erfahrung heraus? Oder ist hier das "allumfassende Wissen", was immer das auch im Detail heissen mag :) , gemeint?

Nietzsche weiß gar nicht was er mir mit diesem Ausspruch angetan hat!

lg Waldlicht

Ich würde das, was Du so flott als Wissen voraussetzt, etwas anders definieren. In meinen Augen ist es ein langwieriger Prozess, der mir erst dieses Wissen verschafft. Und in diesem Zusammenhang sind in meinen Augen durchaus nicht alle Wesen weise. Wenn ich mir ansehe, wie oberflächlich, gleichgültig... die meisten Menschen sind, dann würde ich sie keineswegs als weise bezeichnen. Ausserdem kommt zur Weisheit noch hinzu, dass man dieses Wissen nicht nur erwerben kann, sondern es auch in seinen Alltag integrieren muss, wenn es seine Wirkung entfalten soll. Und das ist mitunter gar nicht so einfach.

Ich würde auch das "allumfassende Wissen" mit der Weisheit gleichsetzen, nenne es göttliche Gesetze oder Naturgesetze. Aber diese zu erkennen und sie zu leben ist nicht einfach.

Aber vielleicht sollten wir uns gar nicht so sehr mit solchen Fragen beschäftigen, sonst ergeht es uns letzten Endes noch ebenso wie Nietzsche.
 
Hallo Waldlicht

Waldlicht schrieb:
Du meinst also, das er dachte das das absolute Wissen nicht für den Menschen gemacht sei oder der Mensch nicht damit umgehen kann?

In diesem Zusammenhang frage ich mich, was Du mit "absolutem Wissen" meinst. Der Mensch ist natürlich nicht Gott und es ist wohl nicht im Sinne der Evolution, der Schöpfung, dass der Mensch alles wissen soll oder wissen kann. Aber er kann im gewissen Sinne doch zu einem "Gott" werden, wenn auch nur im Taschenformat, wenn er das Wissen, dass die Natur für ihn bereit hält, erkennt und lebt.

Alles Liebe. Gerrit
 
Aurelia schrieb:

Nein Aurelia..

Du nimmst das zwar nicht ernst, aber ich meine es so.
Ich lasse das sterben aus. Und wenn Du meinst, der natürliche Gang des Menschen wäre es zu sterben...dann gibt es einfach nur etwas, was Du zwar glaubst, aber eben auch nicht weiter hinterfragt hast....thats all. Von mir aus bin ich dann halt KEIN Mensch.


Ich benutze meine Thymusdrüse und erzeug einen unendliche Fluss an Wachstumshormonen und steigere meine Zellfrequenz.
Ich habe keines Falles vor zu sterben.

Weiß nicht, was DU darüber denkst, aber das ist ja nicht meine Sache.

Ich machs halt wie ein Meister der Materie.
Liebe Grüße
Qia :daisy:
 
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Hallo esperanto

esperanto schrieb:
bist du dir sicher, dass du das werk gelesen hast?

dieser satz stammt aus dem werk: die geburt der tragödie.
ich zitiere daraus:

Diese Erkenntniss sehe ich in jener entsetzlichen Dreiheit der Oedipusschicksale ausgeprägt: derselbe, der das Räthsel der Natur - jener doppeltgearteten Sphinx - löst, muss auch als Mörder des Vaters und Gatte der Mutter die heiligsten Naturordnungen zerbrechen. Ja, der Mythus scheint uns zuraunen zu wollen, dass die Weisheit und gerade die dionysische Weisheit ein naturwidriger Greuel sei, dass der, welcher durch sein Wissen die Natur in den Abgrund der Vernichtung stürzt, auch an sich selbst die Auflösung der Natur zu erfahren habe. "Die Spitze der Weisheit kehrt sich gegen den Weisen: Weisheit ist ein Verbrechen an der Natur": solche schreckliche Sätze ruft uns der Mythus zu: der hellenische Dichter aber berührt wie ein Sonnenstrahl die erhabene und furchtbare Memnonssäule des Mythus, so dass er plötzlich zu tönen beginnt - in sophokleischen Melodieen!


wenn du nietzsch verstehen willst, dann kannst du nicht einfach diesen satz heruaspflücken und ihn deuten. lies das ganze, versetze dich ihn den dichter hinein...

liebe grüsse, esperanto

Der Satz hat was, ich weiss nur noch nicht was, denn trotz dreimaligem Durchlesens weiss ich immer noch nicht, was uns Nietzsche damit sagen will. Ich kenne mich allerdings auch nicht besonders gut in der griechischen Philosophie/Mythologie aus.

Alles Liebe. Gerrit
 
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