"weibliche" Aggression

Ich glaube, im Kern widersprechen wir uns gar nicht.
Ds sehe ich auch so.
Eine "klare Ansage" aus der eigenen Mitte heraus, die weder Aggressionen fürchtet, noch solche unterdrückt, die ist weder übermäßig nett noch übermäßig holzhammerig. Sie ist einfach eine klare Ansage, nicht mehr, nicht weniger.
Absolut einverstanden.
Eine "nett herübergebrachte klare Ansage" birgt schon wieder dieses "Ich bin ganz lieb, tu`mir nichts" und provoziert damit entsprechendes.
Ich würde zwischen dem von Dir vorher genannten "übermäßig nett" (was "tu mir nichts" bedeutet) und "nett" differenzieren. Jeder Mensch möchte mit höflicher, ruhige Freundlichkeit behandelt werden. Dies zu tun, finde ich souverän. Bei dieser Art von Nettigkeit befindet man sich aber auf Augenhöhe mit dem Gegenüber und macht sich nicht klein. Die Energie dahinter ist ein "ich bin ok, Du bist ok".

Noch ein gutes Beispiel dafür: als ich mich selbständig gemacht hatte, gab es hier eine größere Einweihungsfeier. Dafür sollte alles perfekt sein und entsprechend hatte ich auch noch einen Handwerker mit etwas beauftragt. Ich habe ihm ausreichend lange vor der Eröffnung gesagt, um was es geht und dass mir die Einhaltung des Zeitpunktes wichtig ist. Er hat mir alles zugesichert und versprochen, dass es genauso laufen wird. Lange Rede, kurzer Sinn: am Tag der Eröffnung war immer noch nichts passiert und als ich ihn anrief, meinte er, es täte ihm leid, aber er schaffe das nicht. Mit meiner dann folgenden "klaren Ansage", die wie üblich immer sehr freundlich ist, erreichte ich rein gar nichts. Es tat ihm immer noch leid, aber es ging halt nicht. Er hat mich mit meiner Freundlichkeit (Schild auf der Stirn: "Ich bin blöd, mach`mit mir, was Du willst") gar nichts ernst genommen.
Ich erzählte das dann, leicht aufgelöst, meinem Gattem. Der bat nur um die Telefonnummer des Handwerkers. 1 Stunde später stand genau dieser Handwerker hier vor der Tür und richtete alles zu meiner vollsten Zufriedenheit. Darüber hätte ich mich nun ja freuen können, aber es blieb ein schales Gefühl. Wieso hat er mich nicht ernst genommen und wieso reichte ein Anruf meines Mannes, um ihn dienstfertig und fast unterwürfig herbeieilen zu lassen? Jetzt weiß ich es.
Mal vorab: Ich kenne unglaublich viele Handwerker, die nicht Termine halten können, und nenne ihnen daher IMMER einen deutlich früheren "allerletzten Endtermin" für die Fertigstellung als den realen. Außerdem helfen Reminder-Faxe. Und in Deinem Fall kann man sehr ruhig sagen, dass man ihm alle durch seinen nicht eingehaltenen Termin anfallenden Kosten inkl. Honorar für einen Ersatz-Handwerker in Rechnung stellen wird. Das ist nicht aggressiv, sondern nur kaufmännisch. Und eine Sprache, die die Jungs verstehen. ;)
 
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Hallo zusammen

Interessant, das Thema.

Ich persönlich mag Aggression nicht, weil ich zu viel Aggression miterlebte und darunter litt.

Trotzdem kann ich mich durchsetzen. Bei meinem Neffen z.B. komme ich am Weitesten, wenn ich ihn um den Finger wickle und gleichzeitig spielerisch eine militärische Disziplin im Tagesplan durchführe. Ich sage ihm frech ins Gesicht: Ich bin der Boss am Steuer, Du ruderst, ich sage, wo es langgeht. Er steht darauf, aber es geschieht immer mit Augenzwinkern und manchmal wickelt er wiederum mich so um den Finger, dass ich fast keine Kraft habe, Boss zu spielen. Dann sag ich ihm: Bitte hilf mir jetzt, mich durchzusetzen. Das wiederum regt seinen männlichen Beschützerinstinkt an, da lenkt er immer ein *süüüss*

Das Um-den-Finger-Wickeln und gleichzeitig taffe Auftreten überzeugt auch andere: ein Flirt mit dem Leben und gleichzeitig eine gesunde Offenheit. Ich sage offen meine Meinung, wenn es mir (und auch dem anderen) nicht allzu sehr schadet. Sonst schweige ich. Ist manchmal erfolgsversprechender und weiser. Runterschlucken braucht man es nicht, ich kann ja auch darüber nachdenken und es für mich klären, z.B. den anderen als zu wenig befähigt betrachten und ihm verzeihen etc.
 
Ich würde zwischen dem von Dir vorher genannten "übermäßig nett" (was "tu mir nichts" bedeutet) und "nett" differenzieren. Jeder Mensch möchte mit höflicher, ruhige Freundlichkeit behandelt werden. Dies zu tun, finde ich souverän. Bei dieser Art von Nettigkeit befindet man sich aber auf Augenhöhe mit dem Gegenüber und macht sich nicht klein. Die Energie dahinter ist ein "ich bin ok, Du bist ok".

Ja, das ist das Ziel, die Mitte! Bis dahin aber muß ein Entwicklungsweg gegangen werden und der erfordert eben eine "Einpendlung" über einen vorherigen Ausschlag in die gegenpolige Richtung. Ich, links unten in der Wage hängend, habe ja auch immer gedacht, mit Licht/Liebe geht`s zur Mitte. Stimmt auch, aber nicht ohne Einbeziehung der anderen Seite. Aber eigentlich müssen wir uns darüber gar nicht so viele Gedanken machen. Das Leben führt uns zu gegebener Zeit genau dahin.

Katarina :)
 
Ja, das ist das Ziel, die Mitte! Bis dahin aber muß ein Entwicklungsweg gegangen werden und der erfordert eben eine "Einpendlung" über einen vorherigen Ausschlag in die gegenpolige Richtung. Ich, links unten in der Wage hängend, habe ja auch immer gedacht, mit Licht/Liebe geht`s zur Mitte. Stimmt auch, aber nicht ohne Einbeziehung der anderen Seite. Aber eigentlich müssen wir uns darüber gar nicht so viele Gedanken machen. Das Leben führt uns zu gegebener Zeit genau dahin.

Katarina :)

Hi Katarina

Ich glaube nicht, dass dieser Gegenschwung nötig ist, denn sonst entwickelt sich eine ungesunde Wellenbewegung, eine Waage, welche nur noch hin- und herschaukelt.

Meine Schwester und auch mein Pa zeigten genau diese Dynamik: Nach aussen immer unglaublich süss und freundlich, die Stimme gleich zwei Oktave höher, dafür zuhause total unkontrolliert und jähzornig.

Auch meine an sich immer ruhige Ma kann - auch wenn nur sehr schwer und nur durch immensen Druck - zu einer unheimlichen Wut ausbrechen. In solchen seltenen Momenten verliert sie aus schierer Verzweiflung den Kopf.

Es geht m.M. mehr darum - und das wurde im Thread hier ja mehrfach einstimmig angesprochen - es gar nicht erst zu dieser Gegenbewegung kommen zu lassen.
 
Wenn man nicht ständig mit vollster Aufmerksamkeit und Achtsamkeit dabei ist, dann fällt man in seine alten Programmierungen. Also, ich habe viel gelernt in letzter Zeit und ganz zentral dabei ist die geradezu unglaubliche Macht der Gedanken. Wir erdenken uns tatsächlich unser Leben.
Ja genau, es ist eine Frage der Aufmerksamkeit. Und ja- du lernst unglaublich viel in letzter Zeit. :)

Katarina schrieb:
Ja, ich meine "Aggression". Wenn ich hier jetzt malen könnte, würde ich eine Waage malen. In der Mitte ist das Gleichgewicht, das gelassene Selbstbewußtsein. Rechts ist Passivität, die Zurückhaltung, links ist die Aktivität, die Offensive. Wenn zuviel Gewicht auf der Passivität liegt, dann muß erstmal ein Mordssschwung auf die Aktivität, die Offensive kommen, um dann einen Ausgleich in der Mitte zu haben. Die Kunst ist es dann, sich wirklich in der Mitte einzupendeln und sich nicht hin- und herreißen zu lassen von den Gegenpolen. Aber wer zu lange eine Seite unterdrückt hat, braucht erst mal die "Übertreibung" in die andere Seite, um dann zur Mitte zu finden. Und um in der Mitte zu bleiben, braucht es im wahrsten Sinne des Wortes Bewußtsein seiner Selbst im Fühlen und Denken.
Das ist ein schönes Bild. Und der Satz ist der wichtigste überhaupt, das vergessen die Licht & Liebe Leute nämlich gerne.

:liebe1:
 
Vielleicht geht es auch darum, dass man sich als Geprellter unglaublich über sich selbst ärgert, weil man nicht re-agiert hat. Deshalb das Bedürfnis nach Aus-gleich.

Klar, Licht und Liebe im Sinne von Heiligenschein und Sopran-Schmalzigkeit find ich auch nicht okay, aber das ist verstellte Aggression, ein Wolf im Schafspelz. Man vergleiche mal das "Grinsen" (Beschwichtigungs-Spielverhalten) des Wolfs/Hundes mit dem menschlichen Grinsen, hat viele Ähnlichkeiten... es ist nur Taktik, keine echte Freundlichkeit.

Trotzdem viel Licht und Liebe *lach*
 
Ich glaube nicht, dass dieser Gegenschwung nötig ist, denn sonst entwickelt sich eine ungesunde Wellenbewegung, eine Waage, welche nur noch hin- und herschaukelt.
Liebe Sunnygirl,

Dieser Gegenschwung ist nötig um sich bewusst zu machen, dass man Täter ist. Man fühlt sich nur wie ein Opfer, das ist in Wirklichkeit gar nicht wahr, man ist Täter. Schau' mal, die Wellenbewegung, die lässt sich ja gar nicht vermeiden, weil sie doch sowieso immer da ist. Du sagst es doch selber:
Sunnygirl schrieb:
Meine Schwester und auch mein Pa zeigten genau diese Dynamik: Nach aussen immer unglaublich süss und freundlich, die Stimme gleich zwei Oktave höher, dafür zuhause total unkontrolliert und jähzornig.

Auch meine an sich immer ruhige Ma kann - auch wenn nur sehr schwer und nur durch immensen Druck - zu einer unheimlichen Wut ausbrechen. In solchen seltenen Momenten verliert sie aus schierer Verzweiflung den Kopf.
Deine Schwester und dein Pa, die tun nur süss und freundlich nach aussen, tatsächlich sind sie unkontrolliert in ihrer Wut. Was Katarina beschreibt, ist bewusste Wut, sie schaut sich selber zu, während sie den Rumpelstilzchen-Effekt fährt. Und sie fragt sich gleichzeitig nach dem wirklichen Grund für diese Wut. Weil sie weiss, dass sie selber verantwortlich ist. Wenn du deine Schwester oder deinen Pa fragst, ob sie wütend seien, dann werden die mit Schaum vor'm Mund brüllen: "Ich? Ich bin nicht wütend!" Und falls sie es doch mal eingestehen sollten, dann sind die anderen daran schuld.

Sunnygirl schrieb:
Es geht m.M. mehr darum - und das wurde im Thread hier ja mehrfach einstimmmig angesprochen - es gar nicht erst zu dieser Gegenbewegung kommen zu lassen.
Erst die Gegenbewegung, dann findet sich die Mitte. Es erst gar nicht zu dieser Gegenbewegung kommen zu lassen bedeutet, die Wut zu unterdrücken- damit wäre ich auf der passiven Seite der Waagschale, nicht in der Mitte.
 
Hi Simi

Diese Gegenbewegung kann ja auch sublimiert seinen Ausdruck finden, in Gedanken, also nicht unbedingt in einer äusserlich erkennbaren Wut-Handlung.

Als ich 18 war und mein Pa mich immer noch mit seinem Jähzorn kontrollieren wollte, wagte ich den Schritt des Aus-bruchs, ich wurde nicht aggressiv, sondern blieb ganz ruhig (ich hatte nichts mehr zu verlieren): "Ja, werd jetzt wütend wie immer, aber damit kannst Du mich nicht mehr einschüchtern." Von da an "hatte ich ihn". Er ging auf meine sachliche Argumentation ein, er begriff, wie lächerlich er sich mit seiner Wut machte, dass er damit vor meinen Augen verlor. Als er wieder mal mit seiner Wut drohte, appellierte ich an seine Vernunft, er sei doch ein verständiger Mensch, mit ihm liesse sich doch reden. Ja, er war entmachtet und wurde (wie übrigens auch bei Ex-Wolfsrudel-Alphas zu beobachten) danach richtig nett.

Die Gegenbewegung muss also nicht unbedingt in die Täterrolle pendeln, es reicht, wie ein Pendel in die Mitte zu fallen und sich in aller Ruhe dort einzukreiseln, bis es ganz ruhig und besonnen wird.
 
Hi Simi

Diese Gegenbewegung kann ja auch sublimiert seinen Ausdruck finden, in Gedanken, also nicht unbedingt in einer äusserlich erkennbaren Wut-Handlung.

Als ich 18 war und mein Pa mich immer noch mit seinem Jähzorn kontrollieren wollte, wagte ich den Schritt des Aus-bruchs, ich wurde nicht aggressiv, sondern blieb ganz ruhig (ich hatte nichts mehr zu verlieren): "Ja, werd jetzt wütend wie immer, aber damit kannst Du mich nicht mehr einschüchtern." Von da an "hatte ich ihn". Er ging auf meine sachliche Argumentation ein, er begriff, wie lächerlich er sich mit seiner Wut machte, dass er damit vor meinen Augen verlor. Als er wieder mal mit seiner Wut drohte, appellierte ich an seine Vernunft, er sei doch ein verständiger Mensch, mit ihm liesse sich doch reden. Ja, er war entmachtet und wurde (wie übrigens auch bei Wolfsrudelanführern zu beobachten) danach richtig nett.

Die Gegenbewegung muss also nicht unbedingt in die Täterrolle pendeln, es reicht, wie ein Pendel in die Mitte zu fallen und sich in aller Ruhe dort einzukreiseln, bis es ganz ruhig und besonnen wird.
Ja, ich weiss schon, was du meinst, das ist ja richtig. Das schönste sind doch immer wieder die Nebensätze, besonders, wenn sie in Klammern stehen, lach. Ich hatte nichts mehr zu verlieren, genau. In solchen Situationen wächst man über sich selbst hinaus, da findet sich die Mitte plötzlich wie von selbst.

Aber ich wollte nicht immer nur auf Lebenssituationen warten, wo ich nix mehr zu verlieren hatte. Wieviel mal am Tag hab' ich mich geärgert und es runtergeschluckt? Umgekehrt hätte ich ja unmöglich in jeder Szene ausrasten können. Was sollte ich denn machen? Wut zu unterdrücken ist ungesund- sie rauszulassen bei jeder Gelegenheit aber auch. Also hab' ich den Ursprung der Wut gesucht- und ihn in mir gefunden.
 
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Ein richtig gutes Thema, liebe Katarina.

Ich habe alle Beiträge gelesen und bin, wie fast immer, nicht in der Lage, mich vollständig mit einer Meinung zu identifizieren ... alles stimmt irgendwie und einiges stimmt nicht (für mich).

Simi
Also hab' ich den Ursprung der Wut gesucht- und ihn in mir gefunden

Wo haben hier die tatsächlichen äußeren Umstände und Anlässe, die gerechtfertigte negative Emotionen hervorrufen, ihren Platz? Anders gefragt -wenn der Friseur mir die Haare verschneidet, was sollte ich dann angemessen
empfinden?? Auch wenn es ein Synonym für "Wut" gibt - es ist Wut.
Den Ursprung kann ich nicht beeinflussen, er liegt hier nicht in mir selbst.

Nur was ich aus der Wut letztlich mache, das ist steuerbar, soferne ich lernfähig und veränderungswillig bin.

LG
Daisy
 
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