Ich hab da eine Freundin. Die ist vor einigen Jahren, von ihrem Mann getrennt, darauf verfallen, im Internet Bekanntschaften zu suchen. Immer wieder fragte ich sie, was sie eigentlich suche: sie wolle nicht unbedingt alleine sein, das falle ihr schwer. Also begab sie sich auf Partnerschaftsseiten und lernte Männer kennen. Fazit beim letzten Spaziergang: sie wolle es nun endlich sein lassen, denn alle so kennengelernten Männer seien reichlich schräg drauf. Nur ein einziger Kontakt ist ihr aus alle dem Gesuche geblieben, der ist ähnlich gepolt, auch ein Alt-68er wie sie. Aber für eine Partnerschaft kommt der ebenfalls nicht in Frage, weil er allerlei Probleme hat und meine Freundin eigentlich eher nicht. Bzw. nimmt sie, anders als diese Männer, ihre Probleme wahr.
Ich selber bin im Internet nur in diesem Forum hier aktiv. Seit 2005 habe ich allerlei Bekanntschaften gemacht und einige der Personen habe ich getroffen. Es waren alles liebe, teilweise auch recht schräge Menschen, die für mich als Freunde nicht taugen. Von den Langzeitbekanntschaften habe ich sporadisch noch mit zweien Kontakt, da hat sich eine gute, offene Ebene erhalten. Und treffen tue ich alle Jahre mal nur eine. (Ach ja und eine weitere kommt noch hinzu, also sind es drei.)
Ich vergleiche diese gesamte Internetbekanntschafterei immer gerne mit der In-Vitro-Fertilisation. Man nehme eine Eizelle und ein Spermium, füge beide zusammen, pflanze die befruchtete Eizelle einer Frau ein und Hurra ein Kind ist geboren. So einfach passiert das auch oft beim Kennenlernen im Internet: Du bist ein Mann, ich bin eine Frau, also fügen wir das zusammen und Hurra eine Beziehung ist geboren. Nur: so einfach ist das in letzterem Falle zumeist nicht. Ich bin der Meinung, daß eine Beziehung nicht durch Geschriebenes entsteht, auch nicht durch Fotos, auch nicht durch gemeinsam bearbeitete Themen. Sondern es muß menschlich stimmen und menschlich lernt man sich nur im direkten Kontakt kennen. Im Internet ist es ganz einfach nur virtuell, und wir alle existieren eigentlich nicht virtuell. Versuchen wir nun, Beziehungen virtuell zusammen zu fügen, verpassen wir meiner Meinung nach jede Menge Menschliches. Die Vorstellung, daß ich auf die Frage wie "wir" uns kennengelernt haben sage, "im Internet" gruselt mich regelrecht. Ich finde das völlig beliebig, auch überhaupt nicht romantisch, sondern ich habe einfach meine Eizelle hingehalten und selbstverständlich war da ein Spermium vorhanden, das mich befruchtete. Aber ob das wirklich der Richtige ist? Ich glaube es war eher eine virtuell konstruierte Gelegenheit. Ich finde das persönlich nicht richtig so, wobei ich bemerke, daß ich wohl tatsächlich ziemlich konservativ sein muß.