Hallo Joyeux,
ich fühl mich durch deinen Beitrag angesprochen, deshalb möchte ich dazu was schreiben.
Was genau spricht dich denn an? Etwas fordert deinen Widerspruch heraus - was könnte das sein?
Eine Mutter ist auch nur ein Mensch, mit Fehlern und allem was dazugehört.
Du nimmst diese Mutter in Schutz. Warum?
Eine Mutter muss nicht fehlerfrei sein und kein Übermensch.
Und eine Tochter muss keine Heilige sein.
Merkst du, dass solche Überlegungen müßig sind?
Wenn in so einer Situation etwas geändert werden soll, dann kann das auch vom Kind aus passieren, es muss nicht zwangsläufig die Mutter anfangen sich zu äussern und zu reden,
Ich bin nicht sicher, ob du die Situation wirklich ganz an dich heran gelassen hast. Zumindest scheinst du ausgeblendet zu haben, wie diese Mutter kommuniziert. Das erspart dir natürlich auch die Auseinandersetzung damit, wie gründlich die Tochter entmutigt und abgeschreckt ist, Verständigung zu versuchen.
Auch wenn ich dir grundsätzlich darin zustimme, dass eine Tochter, die unter einer gestörten Beziehung mit ihrer Mutter leidet, Wege zum Herz der Mutter suchen sollte, wenn sie etwas verändern will.
AAABER....
...dazu muss diese Tochter zuerst ihre Wunden heilen (weil sie sie sonst verleugnen und sich damit schwer schaden müsste)
...dazu braucht die Tochter neue, gewaltfreie und konstruktive Kommunikationsmuster (und die wird sie sicher nicht im Kontakt mit der Mutter erwerben können)
...davor muss die Tochter einen schmerzhaften Reifeprozess durchlaufen und aufgeben, als das Kind, das sie war, die Mutter zu bekommen, die sie gebraucht hätte
... braucht die Tochter den Mut und die Stärke, die Mutter so zu sehen, wie sie wirklich ist - und die Kraft, sie so als ihre Mutter anzunehmen.
Sonst besteht die Gefahr, dass das bedürftige innere Kind zu Opfern und Verleugnungen nötigt damit die Illusion von der guten Mutter erhalten werden kann. Eine Mutter, die ja ach so lieb und warm wäre, würde sich das Kind nur endlich mal richtig verhalten, besser noch richtig sein....
Wieso also setzt sich nicht das Kind zur Mutter, und versucht mit ihr zu reden, und macht so den ersten Schritt?,
Das kann dir konkret nur Phoenix selbst beantworten.
Meine Sicht:
Kannst du irgendwo Hinweise auf eine Kultur des Miteinander-Redens in dieser Familie erkennen? Ist für dich nachfühlbar, dass eine Tochter vielleicht mit vielen Menschen über fast alles sprechen kann, aber im Kontakt mit der Mutter ohnmächtig in deren destruktive Kommunikationsmuster gerät, hinterher unter dem leidet, was das mit ihr machte und dringend dieser Spirale entkommen möchte?
Kannst du nachvollziehen, dass sie hier fragt: "Was ist nur los?" Weil sie nach neuen, besseren Möglichkeiten sucht?
Glaubst du nicht, dass dem mehrere der von dir angesprochenen "ersten Schritte" voran gingen?
Zudem sehe ich hier auch ein Spannungsfeld, bei dem die Großmutter eine Rolle spielt. Eine systemische Dynamik, die Phoenix's Einfluss und Gestaltungmöglichkeiten erheblich einschränkt. Genaueres und zugleich Lösungsansätze könnte eine gute Familienaufstellung hervor bringen.
Und eine gute Psychotherapie zur Aufarbeitung der Traumen, die die frühe Trennung der Eltern, der Tochter von der Mutter und das spätere Miterleben der Gewalt gegen die eigene Mutter darstellen käme aus meiner Sicht noch weit - sehr weit - vor dem Versuch der Mutter trotz deren Abwehrkonditionen großzügig entgegenzukommen. ( Wenn nicht gar, diese ganz abzuholen...)
Reduziert sich das alles für dich auf menschliche Schwächen der Mutter und einen ersten Schritt einer Tocher auf ihre Mutter zu?
Kann es sein, du wünschtest, du hättest dich zu Lebzeiten deiner Mutter anders verhalten und überträgst das nun auf Phoenix?
Wieso zuerst verurteilen, bevor man versucht die Sachlage normal zu klären?
Wer verurteilt wen?
Wieso "zuerst"?
Hier fragst du nach dem Grund für etwas, das gar nicht existiert.
Für dich mag es ja so aussehen, als würde jemand verurteilt und als hätte vorher kein Versuch stattgefunden, das zunächst anders anzugehen.
Aber lies nochmal. Das steht da nicht.
Indem du nach dem "Warum" fragst, machst du aber eine Fantasie zum Thema, die nichts mehr mit "der Situtation" zu tun hat.
Und das mit dem "normal" klären suggeriert, es gäbe sowas wie "normal" überhaupt und dieses sowas wäre im speziellen Fall von Phoenix sowohl angemessen als auch möglich...
Mit dieser Vereinfachung, Verharmlosung und starken Verallgemeinerung entfernst du dich m.E. sehr von der realen Situation und das muss ja seinen Grund haben....
Gehst du möglicherweise mit dir und deinem Schmerz, deinem Mangel und deinen Nöten ebenso um?
Beste Grüße,
Eva