Moksha
Moksha (Sanskrit, m., मोक्ष, mokṣa) oder Mukti bedeutet im Hinduismus und Buddhismus Erlösung, und wird im Westen auch oft als Erleuchtung bezeichnet. Moksha ist im Hinduismus das letzte der vier Lebensziele. Die anderen sind Artha (Wohlstand), Dharma (Religion. Gesetz), Kama (Lust, Leidenschaft). Moksha geht als abschliessendes Lebensziel also auch über die gewöhnliche Religion hinaus.
Moksha oder Erleuchtung beinhaltet die Befreiung aus der Kette von Geburt, Tod und Wiedergeburt (Samsara) und stellt das Ziel des menschlichen Lebens dar. Es ist gleichbedeutend mit dem Freisein vom Körper und den Fesseln von Raum und Zeit. Samsara, oder die relative Existenz in der (materiellen) Welt, wird dabei meist als negativ bewertet, als eine Art von Gefängnis, Illusion, als etwas an das man gebunden ist. Erleuchtung bezeichnet die Befreiung aus dieser Bindung. Im Hinduismus und den mystischen Religionen ist es die Befreiung der Seele, im Buddhismus ist es eine Befreiung vom Ich Gedanken. In beiden Fällen wird der Daseinswunsch überwunden. Erleuchtung ist auch immer mit Erkenntnis verbunden, die sich auf die Natur dieser Bindung bezieht. Im Hinduismus ist es die Erkenntnis, dass die Welt eine Illussion ist, dass auch das eigene Ich eine Illusion ist, und seiner Natur nach identisch ist mit dem formlosen Brahman. (Auch im Hinduismus wird hierbei vom Nirvana gesprochen, z.B. in der Bhagavad Gita)
Ein Problem mit dem Begriff Moksha ist, dass es sich seiner Natur nach um ein Phänomen handelt, das sich jenseits des menschlichen Verstandes befindet, also gerade dadurch definiert ist dass es über ihn hinaus geht. Deshalb sind Beschreibungen der Erleuchtung oft paradox, und (in den Religionen in denen er sich auf einen solchen bezieht) ähnlich wie der Gottesbegriff jenseits rationaler Erklärungen. Ein Grossteil der hinduistischen Schriften über Moksha beschäftigt sich mit der Verneinung oder Auflösung mentaler religiöser Konzepte oder Vorstellungen. (Ribhu Gita, Ashtavakra Gita (en), Avadhut Gita)
In vielen Traditionen wird Erleuchtung als ein Zustand der Losgelöstheit beschrieben, in dem man vom 'Ich' und der Anhaftung an die Welt befreit ist. Dieser Zustand wird auch als 'Sakshi' Zeugenbewusstsein bezeichnet. Für einige steht dieser Zustand des Zeugeseins, jedoch nur am Anfang, da es noch ein Zustand der Dualität ist. Am Ende einiger Hinduistischer Richtungen, steht die völlige Einheit mit der Welt als Brahman, d.h. als formloses Sein. Der Buddhistische Satz aus dem Mahayana 'Nirvana ist Samsara' könnte in die gleiche Richtung deuten. Naturgemäss führt ein solcher Ansatz zu einer weniger negativen Bewertung der Welt, da sie ja als eins/identisch mit Brahman oder Nirvana gesehen wird
Verschiedene Wege: Jnana Yoga und Bhakti Yoga
Im Hinduismus, der keineswegs eine einheitliche Religion ist, gibt es unterschiedliche Auffassungen wie Moksha erreicht wird. Im populären Hinduismus (Vishnuismus und Shivaismus) wird angenommen, der Mensch bedürfe der Gnade Gottes, um Erlösung zu erlangen. Diese Gnade wird durch liebende Hingabe, Bhakti, gewonnen. Auch ist Vertrauen (Prapatti) zur Erlangung der Gnade notwendig. Jedoch gibt es auch Schulen, die annehmen, die Gnade Gottes werde ohne eigenes Zutun erlangt.
Andere Wege (wie z.B. Jnana Yoga) gehen davon aus, der Mensch könne durch wahres Wissen und Erkenntnis sowie die Zügelung der Leidenschaften erlöst werden. In diesem Falle wird das Gesetz des Karma nicht durch göttliche Gnade außer Kraft gesetzt. Dies entspricht der Sichtweise des klassischen Brahmanismus und der Philosophie der Upanishaden. Der Advaita Vedanta beschreibt in den Mahavakyas den Atman, die Seele, als identisch mit Brahman (absolutem Bewusstsein) - Ayam Atma Brahma. Die Erkenntnis dieser Identität führt zur Auflösung des falschen Ich-Gedanken (Ahamkara), der den Atman überlagert. Sowohl im Bhakti Yoga, als auch im Jnana Yoga muss der Ich-Gedanke aufgelöst werden, im ersten Fall durch Hingabe und Unterwerfung, im zweiten Fall durch Erkenntnis, die nicht mental ist sondern vom Atman selbst kommt. In beiden Fällen ist es nicht das Ich, das die Erleuchtung bewirkt, sondern Gott, oder Brahman als innerer Atman. So verschmelzen die Unterschiede der verschiedenen Wege im höchsten Zustand.
Einige Schulen benutzen Meditation, Askese oder Selbstreflektion (Atma-vichara) als Weg zur Erlösung, andere nehmen an, der Mensch könne erst durch den Tod erlöst werden. Der lebend Befreite wird Jivan Mukta genannt (Jivan = Seele, Mukti = Befreiung), die Erleuchtung, endgültige Erleuchtung nach dem Tode wird als Videha Mukti bezeichnet. Wenn temporäre Erleuchtungserlebnisse gemeint sind, ist von Samadhi die Rede. Sahaja Samadhi, der natürliche Samadhi ist jedoch identisch mit 'Jivan Mukti'. Im Vaishnava Bhakti Yoga geht es jedoch oft nicht um die Einheit mit dem Brahman, sondern um Teilhabe und Gemeinschaft mit Gott in einem Himmel, ähnlich dem des Christentums. Hier wird Moksha als eine Befreiung von der materiellen Existenz nach dem Tode verstanden, nicht als Auflösung jeglicher Dualität, wie im reinen Jnana-Yoga.
Im Buddhismus erfolgt die Erlösung durch Eintritt ins Nirvana.