Hallo Klartext
Zitat:Stimmt zumindest partiell, was mit dem Funktionieren des Gehirns zu tun hat. Denn das unterscheidet nicht zwischen Spiel und Realität, sondern entwickelt einfach Gewohnheiten in Form von starken neuronalen Bahnen. Und wenn es durch Killerspiele auf den Handlungsablauf "Töten" programmiert wird, ist die Hemmschwelle, das im realen Leben auch zu tun, deutlich geringer.
Hast du jemals ein "Killerspiel"/Ego-Shooter gespielt?!
Ich bin eigentlich kein regelmäßiger Ego-Shooter-Spieler (wegen Eintönigkeit des Spielablaufs), aber mit dem Töten oder Gewaltanwendung gegen Menschen hat das soviel zu tun, wie das Schachspiel mit dem Krieg. Man lernt da anders als im Schützenverein oder beim Bund nicht mal den Gebrauch von Waffen, sondern von Maus und Tastatur, und anders als beim Film (oder Musik) wird man von der Handlung nicht mal emotionalisiert.
Das einzige was ich akzeptieren würde ist, dass man unter Umständen, aber nicht zwangsläufig sich von seinen Mitmenschen isoliert, oder mit ihnen
nur noch in abstrakter Form kommuniziert, aber das gilt auch für jemanden,
der den ganzen Tag nur Bücher liest.
LG PsiSnake
P.S: ich glaube alles kann süchtig machen: Drogen, Alkohol, Computerspiele,
Sex, Arbeit, Ruhm, Geld, Bücher, usw. usf.
Drogen (inklusive legaler Drogen/Alkohol usw.) nehmen nur dahingehend
eine Sonderstellung ein, weil sie den Körper direkt beeinflussen.
Nochmal: Thomas Weil in XING zu dem Thema:
Nach dem Amoklauf von Winnenden und Wendlingen mehren sich die Stimmen, die ein Verbot von Killerspielen und Gewaltvideos fordern. Ähnlich wie schon vor sieben Jahren nach der Bluttat von Erfurt. Bis heute ist diesbezüglich jedoch nichts passiert. Die Einen sehen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Umgang mit gewaltverherrlichenden Medien und der Bereitschaft, irgendwann einmal selbst gewalttätig zu werden. Killerspiele und Gewaltvideos machen gewalttätig, sagen sie. Die Anderen verweisen darauf, dass dieser ursächliche Zusammenhang nicht hinreichend bewiesen sei und appellieren an die Freiheit des Bürgers, selbst zu entscheiden, mit welchen Medien er umgeht und womit er sich in seiner Freizeit befasst. Ich fürchte, dass die Warnungen derer, die ein Verbot von Killerspielen und Gewaltvideos fordern, auch diesmal im Streit der beiden genannten Kontroverspositionen verhallen, ehe entsprechende gesetzgeberische Konsequenzen gezogen werden.
Machen Killerspiele und Gewaltvideos wirklich gewalttätig?
Ich denke, die Frage ist falsch gestellt und kann deshalb auch nicht eindeutig beantwortet werden. Zwar hat sich gezeigt, dass Amokläufer in der Regel eine hohe Affinität zu gewaltverherrlichenden Medien sowie zu Waffen haben. Aber eine direkte Kausalität lässt sich schon deshalb nicht herstellen, weil die Mehrzahl der Jugendlichen, die gegenwärtig zu den Usern von Killerspielen und Gewaltvideos gehören, in gewalttätiger Hinsicht auch weiterhin unauffällig bleibt. Die Schwierigkeit, die Frage "Machen Killerspiele und Gewaltvideoas wirklich gewalttätig?" eindeutig mit Ja oder Nein beantworten zu können, stärkt freilich die Lobby derer, die hier gesetzliche Einschränkungen ablehnen.
Neurobiologisch betrachtet handelt es sich um einen komplexen Vorgang, der im Gehirn eines Menschen abläuft und der aus einer "unauffälligen" Person einen Gewalttäter macht. Hierbei greifen Frontalhirn-Prozesse und limbische Prozesse so ineinander, dass sozial angemessenes Verhalten aussetzt und gewalttätige Muster zum Vorschein kommen.
Bevor eine Gewalttat zur Ausführung gelangt, müssen die Handlungsneuronen der prämotorischen Hirnrinde über entsprechende Handlungsmodelle verfügen, auf die die sog. "Bewegungsneuronen" zugreifen, wenn sie den muskulären Apparat mit der konkreten Umsetzung des hinterlegten Gewaltmodells beauftragen, das heißt: wenn es schlussendlich zu einer Gewalttat kommt. Dabei muss nicht zwangsläufig jedes einmal hinterlegte Gewaltmodell irgendwann in Gewaltbereitschaft und Gewalttätigkeit münden.
Unter normalen Umgebungsbedingungen unseres Gehirns ist unser denkendes Gehirn, das Frontalhirn, durchaus dazu in der Lage, steuernd zu intervenieren, die Folgen des eigenen Handelns zu beurteilen und ethisch zu reflektieren, aufsteigende Gewaltimpulse zu unterdrücken und die eigene Aggressivität so abzufedern, dass Konflikte sozial verträglich und konstruktiv gelöst werden.
Gegenüber den tieferen Hirnsystemen handelt es sich bei dem Frontalhirn der menschlichen Spezies allerdings um die jüngste Erfindung der Evolution. Doch dünn ist das Eis; denn die rationale Kompetenz dieses Hirnsystems ist leicht außer Kraft zu setzen - jedenfalls dann, wenn der äußere und innere Stress des Betreffenden überhand nehmen und ihm unkontrollierbar erscheinen oder wenn durch den Missbrauch externer Substanzen wie Alkohol und Drogen, das Frontalhirn kurzerhand lahmgelegt wird, so dass die aufsteigende aggressiven Impulse schließlich beherrschend werden.
Wie werden Gewaltmodelle hinterlegt?
Seit langem wissen Psychologen und Pädagogen, dass Lernprozesse nicht primär durch Einsicht sondern vor allem durch Lernen am Modell, das heißt: durch Nachahmung erfolgen. In einem gewaltbereiten oder gewaltverherrlichenden Ambiente wird daher der optionale Gebrauch von Gewalt zwangsläufig gelernt.
In seinem Buch "Warum ich fühle, was du fühlst" (Hamburg 2005) erklärt der Freiburger Neurobiologe Prof. Dr. Joachim Bauer, weshalb das so ist: "Bei anderen wahrgenommene Handlungen rufen unwei*gerlich die Spiegelneurone des Beobachters auf den Plan. Sie aktivieren in seinem Gehirn ein eigenes motorisches Schema, und zwar genau dasselbe, welches zuständig wäre, wenn er die beobachtete Handlung selbst ausgeführt hätte. Der Vorgang der Spiegelung passiert simultan, unwillkür*lich und ohne jedes Nachdenken. Von der wahrgenomme*nen Handlung wird eine interne neuronale Kopie hergestellt, so, als vollzöge der Beobachter die Handlung selbst. Ob er sie wirklich vollzieht, bleibt ihm freigestellt. Wo*gegen er sich aber gar nicht wehren kann, ist, dass seine in Resonanz versetzten Spiegelneurone das in ihnen gespeicherte Handlungsprogramm in seine innere Vorstellung heben."
Die Resonanzfähigkeit der "Spiegelneuronen" ist dafür verantwortlich, dass Modelle im Archiv der Handlungsneuronen abgelegt werde, das heißt: hinterlegt werden. Diese Modelle stehen damit für entsprechende Verhaltensweisen jederzeit optional zur Verfügung.
Fazit
Erlebte Gewalt - real genauso wie virtuell - hinterlegt Gewaltmodelle. Dieser Resonanzeffekt vollzieht sich mitunter so subtil, dass unser Frontalhirn sich seiner weder erwehren kann, noch davon etwas bewusst mitbekommt. Die hinterlegten Gewaltmodelle sind "Schläfern" gleich, die auf ein Code-Wort hin das tun, was sie gelernt haben: Gewalt.