"Warum ich fühle, was du fühlst" - das Geheimnis der Spiegelneurone

S

SammyJo

Guest
Hallöchen!

Ich möchte euch hier eine Thematik reinbringen, die ich selbst so wichtig erachte und die diverses erklärte, in Bezug auf die Entwicklung des Einzelnen, unserer Gesellschaft ect.pp. Eigentlich hätte dieses Thema auch als zweiter Teil des Threads "Mediale Gewalt" von FIST gepasst.

Bin hin- und hergerissen, das seit Wochen ob der Unterbringung.

Wir sprachen ja damals über die immer rohere Gewalt und die immer jünger werdenden Täter, die schlicht und einfach nachahmen, imitieren, mit was sie eben den ganzen Tag gefüttert werden. Und mit was sie den ganzen Tag z.B. medial gefüttet werden, wissen ja viele selbst oder können es entsprechend dort nachlesen.

Spiegelneurone

Wie gelingt es uns, spontan die Absichten unserer Mitmenschen zu lesen und uns in andere hinein zu versetzen? Laut Neurowissenschaftlern sind Spiegelneurone maßgeblich daran beteiligt.

Ob wir Handlungen bei anderen beobachten – oder sie selbst ausführen: Für Spiegelneurone ist das offenbar ein und dasselbe. Diese eigenwilligen Nervenzellen sind ein beliebtes Studienobjekt von Neurowissenschaftlern, seit italienische Forscher sie vor rund zehn Jahren im Gehirn von Affen entdeckten. Das Besondere an Spiegelneuronen: Sie scheinen für das innere Imitieren fremder Aktionen zuständig zu sein. Möglicherweise bildet diese Fähigkeit sogar das Fundament von Mitgefühl, Sprache und Denken. Denn wie aktuelle Studien mittels bildgebender Verfahren zeigen, erzeugt das bloße Beobachten der Handlungen anderer in verschiedenen Hirnarealen von Homo sapiens eine neuronale Resonanz. Genau dies könnte helfen, die Absichten anderer intuitiv nachzuvollziehen.


http://www.gehirn-und-geist.de/artikel/859922&_z=798884


Dies ist ein Artikel aus Gehirn & Geist, ein sehr informatives und verständliches Buch dazu gibt es von Joachim Bauer, "Warum ich fühle, was du fühlst - Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneurone", vom Heyne-Verlag, dies ist sehr zu empfehlen.

Erklärt wird auch, warum Autisten es so schwer haben, die Intentionen der Mitmenschen zu erkennen. Und es erklärt auch, was in zwischenmenschlichen Beziehungen aufgrund dieser Gleichschaltung einerseits an Empathie möglich ist, andererseits an Mißverständnissen ebenso im Rahmen liegt, da Fehldeutungen aufgrund des eigenen Erfahrungshintergrundes nicht immer mit dem korrelieren, was man dort gespiegelt bekommt.

Je nachdem, was hier an Interesse bekundet wird oder an Diskussion entsteht, gerne gemächlich mehr darüber, ansonsten kann sich ja jeder selbst informieren, wenn ihn diese Thematik anzieht.

:)
 
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Hi Sammy!

Lese gerade zum ersten Mal von dieser Thematik, klingt aber sehr interessant.

Weißt du zufällig was darüber, welche Rolle diese Neuronen in der Kindererziehung spielen? Also, in welchem Ausmaß die Kinder Verhaltensweisen der Eltern durch die Spiegelneuronen übernehmen? Würde mich sehr interessieren.

Danggeschön!

Lg, Mala :rolleyes:
 
Hi Sammy!

Lese gerade zum ersten Mal von dieser Thematik, klingt aber sehr interessant.

Weißt du zufällig was darüber, welche Rolle diese Neuronen in der Kindererziehung spielen? Also, in welchem Ausmaß die Kinder Verhaltensweisen der Eltern durch die Spiegelneuronen übernehmen? Würde mich sehr interessieren.

Danggeschön!

Lg, Mala :rolleyes:




Hallo Mala,

oh ja, in ganz, ganz großem Ausmaß kommen die Spiegelneuronen zum Einsatz. Sagen wir mal so, das Neugeborene kommt mit einer genetischen Grundausstattung von Spiegelneuronen auf die Welt und nun gilt die Regel, die für so vieles im Gehirn gilt: Nutze es oder verliere es! (Use it or lose it!)

Für die Spiegelneuronen gilt, es braucht immer einen adäquaten Partner, eine Bezugsperson, um Spiegelaktionen vorzunehmen und das Netz zu entwickeln. Man glaubt es fast nicht, aber das geht bereits wenige Stunden bis ein paar Tage nach der Geburt los, indem die Neugeborenen z.B. Gesichtsausdrücke imitieren. Sie reagieren auf Mundbewegungen, auf Zungenbewegungen und Raustrecken z.B., indem es ihnen vorgemacht wird.

Wenn es eine Hauptbezugsperson oder zwei gibt, was ja in dem meisten Fällen durch die Eltern gegeben ist, beginnt nun eine Liaison zwischen diesen durch ein wechselseitiges Aufnehmen von Impulsen und spiegelndem Zurückgeben, es ist der erste Beginn von zwischenmenschlichen Beziehungen.

Am besten eignen sich natürlich die leiblichen Eltern, zumal sie noch durch das Geburtserlebnis eine größere Bindungsfähigkeit mitbringen, aber es können auch liebevolle andere Bezugspersonen als Spie(g)ler fungieren, wenn der Kontakt, die Beziehung nur lange genug besteht. Es muß also zu einem echten Beziehungsangebot kommen.

Ganz wichtig dabei, das hatten wir schon im Thread von Elli über die Genetik, wir sind eben nicht durch unsere Gene determiniert, sondern sie reagieren und verändern sich durch Außenreize. Und ebenso wird das Gehirn durch diese Außenreize strukturiert.

Vor nicht allzu langer Zeit noch war es vorherrschende Lehrmeinung, daß die Ausbildung des Neuronennetzes bereits in relativ jungem Kindes-, Teenageralter bereits abschlossen und fixiert wird. Dies ist glücklicherweise widerlegt.

Bis ins hohe Alter verändern wir unser Neuronennetz durch Anforderungen und aus meiner ganz persönlichen Sicht hat das ganz gewaltig Einfluß auf den Alterungsprozeß, einer Verlangsamung dieses Prozesses, sowie tatsächlich auch auf eine mögliche Vermeidung von Krankheiten wie Alters-Demenz, Alzheimer etc.

:)
 
Danke mal für die Antwort, ne? :)


Ist irgendwie beängstigend. In gewissem Maße sind wir ja Sklaven dieser kleinen Scheißerchen :rolleyes:

Wenn man etwas vorgelebt/vorgezeigt bekommt, und man imitiert es bewusst oder unbewusst.... ich möcht grad am liebsten gar nicht mehr aus dem Haus gehn :escape:

Mir war natürlich schon bewusst, dass Menschen sich gegenseitig beeinflussen, aber dass da schon wieder neurologische Zwänge dahinterstecken wusste ich nicht.......... naja, man lernt nie aus.

Bin schon gespannt, wer hier noch alles hinzustößt. :umarmen:

Lg, Mala
 
Bitte, keine Ursache, hast ja lieb gefragt *lach

Ja, und nein, um auf deinen Beitrag einzugehen. Es ist natürlich nicht so ganz einfach, diese Veränderungen auch später noch vorzunehmen.

Nur, diese Spiegelneuronen sind so immens wichtig für die Ausbildung von zwischenmenschlichen Beziehungen, Empathie, Intuition, das Einschätzen von Situationen, die Prozesse des Lernens durch Nachahmung ganz generell etc.

Bei Defiziten in der frühkindlichen Phase und auch danach gibt es echte Defizite dann als Folge, siehe Autismus z.B.

Bin auch gespannt, wie gesagt, wir können es ja langsam angehen lassen.

:)
 
Wenn ich mal das Geld dazu habe, werde ich mir auf jeden Fall das Buch zulegen :D

Eine Frage hätt ich noch, wenn du noch ein Minütchen hast...

Sind es dann auch die Spiegelneuronen, die dafür verantwortlich sind, dass das Kind eines Alkoholikers auch eher zum Alkoholismus neigt, als ein unbelastetes Kind? (Hab ich gelesen... muss ja nicht stimmen)

Thx, Mala
 
Aus meiner Sicht, nein. Wobei Alkoholismus auch multifaktoriell bedingt sein kann. Die Gene spielen da eben wirklich eine Rolle. Wenn dann noch andere Faktoren dazu kommen, dann läuft das Fass über.

Die Spiegelneurone sind veranwortlich beim Nachahmen durch Schauen. Dann wird gefeuert. Nun gut, jetzt könnte man natürlich sagen, okay, wenn da ständig zugeguckt wird, wie der Vater oder die Mutter die Flasche an den Hals bringt und trinkt, mhm. Ich komme da noch einmal drauf zurück, versprochen.

Die Spiegler können, um mal kurz auf das Thema mediale Gewalt zu kommen, echte Vorbilder sein, also Menschen i.d.H., aber eben leider auch die immer realitätsnäheren Computerspiele, Gewaltfilme usw., die so dermaßen echt wirken, daß eine Wahrscheinlichkeit, daß diese Handlungen als immer realer und nachahmenswerter in der Realität empfunden werden, tatsächlich im Raum steht und wissenschaftlich diskutiert wird. Daher mein Verweis auf diesen Thread, in dem wir früher geplaudert haben.

:morgen:
 
Übrigens hochinteressant im Hinblick auf die Entwicklungen in Unternehmen und auch im Privatbereich, Mobbing ist das Thema.

Wie bauen im Laufe der Zeit gemeinsame Bedeutungsräume auf und sind tatsächlich davon mehr oder weniger abhängig, daß diese erwidert und gepflegt werden. Es kann also passieren, daß Menschen selbst fühlen, daß sie keine gemeinsamen Bedeutungsräume mit anderen zusammen begehen oder - in Bezug auf das o.g. Mobbing - Einzelne aus der Welt des "Sich-Verstehens" ausgeschlossen werden. Wie? Nun, es wird der Zugang zum gemeinsamen Bedeutungsraum verwehrt, indem z.B. Blicke nicht erwidert werden, der Gruß versagt wird, die Kommunikation verweigert wird, der Betroffene "auf Eis gelegt" wird, indem er ignoriert wird etc. Vielleicht kennt das der eine oder andere sogar selbst.

Dies schlägt sich ganz erheblich auf Psyche und Physis nieder und kann wirklich bis zur sozialen Vernichtung, also bis zum Ekzess getrieben werden. Habe immer gedacht, mit Mobbing wirds jetzt echt übertrieben, aber dem ist wohl doch nicht so. Der Wettbewerb ist so hammermäßig mittlerweile im Arbeitsleben, daß Mobbing wohl wirklich an der Tagesordnung liegt und ganz gezielt zu manipulativen Zwecken auch damit gearbeitet wird. Ich habe es dann selbst erlebt, oh ja.

In diesem Sinne heißt eben Resonanz, daß etwas zum Schwingen und zum Klingen gebracht wird, also verbindende Vorstellungen ausgetauscht werden.

Ich schaue immer mal rein und werde das hier fortsetzen, wer Fragen hat, immer gerne.

:)
 
Hallo Sammy,
wie ich sehe, bisher kaum geschriebene Resonanz auf dieses soooo wertvolle Thema. Na, vielleicht sitzen alle vor ihren PC`s und sind schockiert ;)
Einen Querverweis von mir noch dazu, der vielleicht auch interessant sein könnte: In der Suchtberatung geht man seit ca. 50 Jahren von derlei Fakten aus um damit Sucht zu behandeln.
Zwar benannte man das nicht konkret so (konnte man wohl auch nicht?), doch die Handlungsansätze entsprechen exakt dem "inneren Programm", welches nun offiziell bewiesen wurde. Ist ja herrlich!
Es hat sich als bislang erfolgreichste Methode herausgestellt.
LG Sayalla :)
 
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Hallo SammyJo und die Spiegelgucker,

ich hab mir sagen lassen, dass diese Funktion der Spiegelung, im Sinne von richtig "neuronales nachspielen" der jeweiligen Situationen, bei Gewaltverbrechern fehlt oder außer Kraft gesetzt ist.
Aus diesem Grund können sie kein Mitgefühl für ihre Opfer empfinden und können zumindest emphatisch kein Schuldgefühl entwickeln.

LGA
 
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