Wann kann man einem Menschen nicht mehr vergeben ?

Hallo zusammen,

dieses Thema ist für mich momentan auch ein sehr wichtiges.
Habe auch gerade heute in einem anderen Thema geschrieben, dass mir z.B. oft gesagt wurde, dass man für sich selbst verzeiht, vergibt. Der andere muss davon nichts wissen. Es geht um den eigenen Frieden. Und genau damit habe ich meine Schwierigkeiten. Ich habe z.B. meinen Eltern ein paar Dinge gesagt, über ihre Erziehung und so, die sie sehr verletzt haben. Ich für meinen Teil habe damit Ruhe, dass ich es ihnen gesagt habe. Ich kenne die Gründe, ihre Sichtweise und ich trage es ihnen nicht nach. Aber was nun? Sie können nicht damit leben,d ass ich so eine Meinung habe. Was nützt es also, wenn ich es nicht Schuld empfinde, was gelaufen ist, und es ihnen nicht vorwerfe. Die Übergänge sind fließend. Dadurch, dass ich es ihnen gesagt habe, kann ich nicht einfach für mich verzeihen. Das Problem habe ich ja schon an sie weitergegeben. Und wenn ich nun die Verzeihung öffentlich mache, ihnen irgendwann sage, dass ich nichts nachtrage - dann sage ich doch nichts anderes als : Ihr seid schuldig und ich verzeihe Euch. Dann müssten meine Eltern mit der Schuld und mit der Verzeihung leben. Also sagen sie - es gibt nichts zu verzeihen, wir sind nicht schuldig. Hier wird es keinen gemeinsamen Weg geben, nur meine innere Vergebung. Ich hätte auch nichts davon, dass meine Eltern mit Schuldgefühlen leben. Das hatte ich aber bei meinem Brief an sie nicht bedacht. Ich wollte einfach, dass sie wissen, was ich denke.

Das ist der Punkt - vergeben und verzeihen tut man dort, wo Schuld vermutet wird. Wer ist aber der Richter, für jeden ist etwas anderes die Wahrheit.
Sicher gibt es die Fragen auch konkreter - z.B. vergewaltigung, da würde ich die Schuldfrage als geklärt ansehen.

Aber:
Wenn sich jemand an meiner Tochter vergreifen würde, egal welche Person auch immer, keine einzige Minute in meinem Leben hätte ich mehr Ruhe solange die Sache nicht aus der Welt geschaft wäre.

Aus der Welt geschafft werden kann die Sache aber nicht. Egal was mit dem Täter passiert, der Tatbestand der Vergewaltigung bleibt.


L.G.
Timmi
 
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timmi schrieb:
Hallo zusammen,

dieses Thema ist für mich momentan auch ein sehr wichtiges.
Habe auch gerade heute in einem anderen Thema geschrieben, dass mir z.B. oft gesagt wurde, dass man für sich selbst verzeiht, vergibt. Der andere muss davon nichts wissen. Es geht um den eigenen Frieden. Und genau damit habe ich meine Schwierigkeiten. Ich habe z.B. meinen Eltern ein paar Dinge gesagt, über ihre Erziehung und so, die sie sehr verletzt haben. Ich für meinen Teil habe damit Ruhe, dass ich es ihnen gesagt habe. Ich kenne die Gründe, ihre Sichtweise und ich trage es ihnen nicht nach. Aber was nun? Sie können nicht damit leben,d ass ich so eine Meinung habe. Was nützt es also, wenn ich es nicht Schuld empfinde, was gelaufen ist, und es ihnen nicht vorwerfe. Die Übergänge sind fließend. Dadurch, dass ich es ihnen gesagt habe, kann ich nicht einfach für mich verzeihen. Das Problem habe ich ja schon an sie weitergegeben. Und wenn ich nun die Verzeihung öffentlich mache, ihnen irgendwann sage, dass ich nichts nachtrage - dann sage ich doch nichts anderes als : Ihr seid schuldig und ich verzeihe Euch. Dann müssten meine Eltern mit der Schuld und mit der Verzeihung leben. Also sagen sie - es gibt nichts zu verzeihen, wir sind nicht schuldig. Hier wird es keinen gemeinsamen Weg geben, nur meine innere Vergebung. Ich hätte auch nichts davon, dass meine Eltern mit Schuldgefühlen leben. Das hatte ich aber bei meinem Brief an sie nicht bedacht. Ich wollte einfach, dass sie wissen, was ich denke.

Das ist der Punkt - vergeben und verzeihen tut man dort, wo Schuld vermutet wird. Wer ist aber der Richter, für jeden ist etwas anderes die Wahrheit.
Sicher gibt es die Fragen auch konkreter - z.B. vergewaltigung, da würde ich die Schuldfrage als geklärt ansehen.

Aber:


Aus der Welt geschafft werden kann die Sache aber nicht. Egal was mit dem Täter passiert, der Tatbestand der Vergewaltigung bleibt.


L.G.
Timmi


Wenn wir Schuld fühlen, fühlen wir Schuld, Timmi, egal was andere dazu sagen oder irgendeine Lebensvorstellung uns eintrichtern will.

Ich habe dasselbe gemacht wie Du. Ich habe dieses Thema schon lange mit meiner Mutter. Ich habe mir verziehen aus denselben Gründen wie Du - weil ich spürte dass es mich befreite und mir guttut/tat.

Dann irgendwann hatten wir ein Gespräch und sie hat sich selbst auch verziehen, indem sie sagte: "Wenn wir damals jemanden gehabt hätten, der uns das alles gesagt hätte. Wir wußten es doch nicht besser".

Verstehst Du ? Wenn an uns ein "Unrecht" begangen wurde, dann haben wir das Recht das auch zu sagen, anzuklagen. Die Menschen, die dieses Unrecht getan haben, leben auch meistens unbewußt mit dieser "Schuld" mit dem Gefühl der Schuld (ob das nun in der Esoterik erlaubt ist oder nicht, daran scheren sich Gefühle überhaupt nicht **ggg*). Wir geben ihnen so die Möglichkeit, sich mit dem Thema auseinander zusetzen und wenn wir es so tun, wie Du es so klasse beschrieben hast, ohne Schuldzuweisung, sondern einfach weil es RAUS musste, dann gibt es keine Vorwürfe und sie haben die Möglichkeit sich ihre eigenen Unrechte anzuschauen und sich ggf. zu vergeben.

Ich habe meine Mutter angeschaut und sie in den Arm genommen. Früher war meine Mutter tödlich beleidigt, wenn ich sie "kritisiert" habe, heute schmollt sie ein bisschen rum, was ihr gutes Recht ist, aber dann denkt sie drüber nach und wir können dann - irgendwann - noch mal drüber reden.

Andere Menschen schmollen für den Rest des Lebens und ich muss Dir ehrlich sagen: Pech gehabt. Dann nutzen sie ihre Chance nicht und das ist dann nicht meine "Schuld" *g*

Umgekehrt habe ich gerade erlebt, wie man mir leise noch - aber das bleibt bestimmt nicht so - Vorwürfe macht, weil ich nicht da war, als ein Mensch mich sehr gebraucht hat. Ich kann damit umgehen, ich stelle mich und ich erlaube auch mir zu sagen: Ich wußte es ja nicht besser. Oder ähnliches ...

Es sind Chancen zu lernen, aber auch zu vergeben und zu verzeihen bzw. um einfach etwas aus der Welt zu schaffen, dass gegärt hat und zwischen den Menschen steht. Danach ist man sich wieder viel näher ...

Wenn dieses Verzeihen im eigenen Kämmerlein nur stattfindet, fehlt mE etwas ganz entscheidendes ... und die Liebe, die zwischen Menschen möglich ist, kann nicht zu Tage treten. Ich mag es so lieber ...
 
Wann kann man einem Menschen nicht mehr vergeben ?

Es gibt nichts, dass man einem Menschen nicht vergeben kann.

 
LoveIsJoy schrieb:
Meine Frage an euch: gibt es Dinge, die man einem Menschen niemals (d.h. lebenslänglich) nicht vergeben kann ? Was gehört dazu, was nicht ?
Ist Vergebung spirituelle Pflicht, oder ist es fakultativ ? Wo liegt die Grenze ?

Bin gespannt auf eure zahlreichen Antworten...

Wenn Gott grenzenlos ist, dann ist auch seine Vergebung grenzenlos :)
 
LoveIsJoy schrieb:
Meine Frage an euch: gibt es Dinge, die man einem Menschen niemals (d.h. lebenslänglich) nicht vergeben kann ? Was gehört dazu, was nicht ?
Ist Vergebung spirituelle Pflicht, oder ist es fakultativ ? Wo liegt die Grenze ?

Bin gespannt auf eure zahlreichen Antworten...
Keine Grenze
 
Liebe RitaMaria,

RitaMaria schrieb:
Naja - so da Liebe ist...

Ich muss zu meiner eigenen Schande gestehen, dass ich bei aller Kenntnis von den geistigen Gesetzen und für mich zweifellos wahren Prinzipien der Liebe da zwei Menschen kenne, bei denen ich ( noch nicht! ) zum Verzeihen in der Lage bin und für deren Gesundheit ich nicht garantieren könnte, wenn sie den Mut hätten, vor mir aufzutauchen...

Zunächst mal kann ich Dich sehr gut verstehen und ja, es ist menschlich, in der eigenen Verletztheit nicht verzeihen zu können, bzw. auf das Urteil zu verzichten. Ich hatte auch ein Erlebnis mit meiner Freundin, dass mich extrem gekränkt hat. Ich habe mich total zurückgezogen. Das Leben hat mir aber eine zweite Chance gegeben zu begreifen, was da und warum das eigentlich passiert ist. Nach zehn Jahren näherten wir uns wieder an, ganz vorsichtig und schließlich war es irgendwann wieder so eng wie früher (über die ollen Kamellen redeten wir nicht mehr). Und wums, es passierte das tupfengleiche in Grün wie zehn Jahre zuvor. Ich konnte es nicht fassen, war am Boden zerstört, habe dann aber ganz schnell realisiert, dass das eine Wiederholung ist, aus der ich diesesmal lernen kann. Und diesesmal tat ich mein Bestes, um mich nicht zu verschließen, sondern um sie zu verstehen und vor allem, um zu verstehen, wieso es diese Gefühle in mir auslöste. Das war so unendlich schwer, weil ich so furchtbar gekränkt und traurig war. Aber ich blieb am Ball und ich habe es geschafft.
Ich habe erkannt, dass das Thema, das wir da miteinander hatten, eines meiner großen Lebensthemen war, was sich schon seit meiner Kindheit in den unterschiedlichsten Varianten wiederholt hatte. Dieses Thema ist nun völlig gelöst. Es spielt keine Rolle mehr. Insofern also, ja, es ist menschlich, nicht verzeihen zu können, aber es ist sich selbst gegenüber auch unmenschlich, ungelöste Themen sein ganzes Leben oder auch von Inkarnation zu Inkarnation mit sich herumzuschleppen.

Liebe Grüße

Katarina
 
RitaMaria schrieb:
Naja - so da Liebe ist...

Und verzeihen kann ich es nicht. Sorry. So viel Menschlichkeit muss da sein dürfen...

Gruß von RitaMaria




Ja, das sehe ich genauso!
Ich für meinen Teil weiß, dass ich das was mir jemand angetan hat, ich ihm nicht verzeihen werde! Punkt!

Ich konnte viele Dinge vergeben in meinem Leben, schlimmste Dinge.
Feiger Verrat, Mißbrauch mit anschließendem höhnischem Seelenmord -- NEIN! PUNKT! AUS! BASTA!


Ich gratuliere allen , die es nach so etwas schaffen, sich auch noch mit "Vergebung" selbst zu vergewaltigen. Ich halte dieses Vergebungsgerede manchmal schon für etwas pervertiert.

L.G. Himephelien

PS.: Das was ich tun kann ist, daraus zu lernen und meine Muster daran zu erkennen und in Zukunft so weit zu kommen, daß ich mir sowas nicht mehr in mein Leben ziehe.
Aber Vergebung - NEIN
 
das was mir menschen angetan haben, ist für mich auch hart...
wenn man mir gegen meinen willen drogen verabreicht und ich dann schräg draufkomme, dann ist das doch feige.
wenn man behauptet, ich hätte jemanden vergewaltigt, und dabei würde ich als überzeugter pazifist niemals gewalt anwenden, dann verletzt mich das...
wenn die leute hinter meinem rücken mich als ein absolutes charakterloses ********* bezeichnen und sich aber in meiner anwesenheit als menschen ausgeben, die mich verstehen, dann ist das doch heuchlerisch...
ich will nicht behaupten, dass ich keine fehler gemacht habe... aber das mindeste ist doch, dass man mir offen und direkt sagen kann, weshalb man mich hasst...

oder anders: was ist für euch die definition vergewaltigung ? wenn man eine verheiratete frau zum beischlaf verführt, so zeugt das sicher nicht von charakter. aber es ist keine vergewaltigung. vorallem nicht, wenn sie dann nochmals anruft und ein zweites und drittes mal bei mir vorbeikommt. mir sogar den vorschlag macht, bei mir zu übernachten...

ich wiederhole: ich weiss, dass ich in gewissen situationen moralische fehler begangen habe und dass ich mit meinem verhalten menschen verletzt habe... aber mich deswegen so fertig zu machen, dass ich ernsthaft darüber nachdenke, mich umzulegen, ist doch genauso mies...

irgendeinmal sollte man mir dafür doch vergeben können... ich glaube nämlich nicht, dass die welt besser wäre, wenn ich gehen würde.
ich würde viele menschen zurücklassen, die traurig wären... mutter, vater, grossmutter, onkel, tanten, cousinen, cousins und vier geschwister.


ich bin kein triebtäter, vor dem die gesellschaft geschützt werden muss. ich bin im grossen und ganzen ein friedlicher mensch, der wie jeder andere seine macken hat.
 
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Es gibt nichts, was nicht vergeben werden kann. Wenn ich meine, ich könne etwas nicht vergeben, so sollte ich mir erstmal selbst vergeben. Vergebung beruht auf Zeit und Zeit beruht auf Verstand und Verstand beruht auf "Ich" und "Ich" beruht auf Trennung.
 
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