Du sollst nicht töten, nicht lügen, nicht Ehe brechen, nicht stehlen, keine bösen Gedanken hegen, nichts Böses sagen, kein Fleisch essen, keinen Sex haben, und, und, und.
Religionen, aber auch viele religöse und spirituelle Lehren sind voll von Geboten und Verboten, die den Menschen vorschreiben wie sie zu leben haben, damit sie in den Himmel kommen, Nirvana oder Erleuchtung erreichen, oder welches Ziel ihnen dabei sonst in Aussicht gestellt wird.
Viele Menschen fühlen sich schlecht, hadern mit sich, weil sie es nicht schaffen die Gebote zu befolgen. Andere schaffen es, aber erreichen nichts damit, außer vielleicht ein paar kurze Momente des Glücks, klare Träume oder kurze Visionen, weiterhin lebend in dem Glauben, sie würden damit ihr Ziel erreichen. Doch sie verfehlen es alle.
Warum?
Weil sie den Sinn der Gebote gar nie verstanden haben. Gebote, die nie als Verbote gedacht waren! Kein Mensch wurde je zum Heiligen, weil er sich vegetarisch ernährte, und gar niemand hat je Erleuchtung erlangt, weil er auf Sex verzichtete. Aber umgekehrt gab es Heilige, die Fleisch aßen und Erleuchtete, die Sex hatten. Und so gab es auch Mörder, die in den Himmel kamen und Päpste, denen dies verwehrt blieb.
Warum?
Weil das, was zählt, nicht unsere Taten selbst sind, sondern die Absicht, die Einstellung und Energie dahinter. Wer anderen hilft mit der Absicht belohnt zu werden, ist spirituell gesehen nahezu auf demselben Niveau wie einer, der nur sich selbst hilft. Wer auf einer Almhütte Jahre lang meditiert, ohne je etwas für das Wohl anderer getan zu haben, ist ebenso auf dem Niveau wie ein Börsenhai, der Jahre lang nur auf seinen Gewinn geschaut hat. Zumindest, was die Energie der inneren Einstellung her anbelangt.
Bedingungslose Liebe ist der einzige Treibstoff, der den Motor der Selbstverwirklichung antreiben kann. Bedingungslose Liebe kennt keine Verbote. Es bedarf keiner Regeln um zu lieben, weil Liebe frei ist, alles zu tun, was immer sie für richtig empfindet. Und wahre, bedingungslose Liebe als Ursache hat immer Liebevolles zur Folge. Solch eine Liebe lässt sich nur mit dem Herzen erkennen und niemals an den Taten oder Worten. Denn Worte und Taten können die Ohren und Augen täuschen, doch niemals ein offenes Herz. Und genau das bedarf es, um spirituell zu wachsen: Ein offenes Herz. Wer das Herz in seine Gedanken einbezieht, wird nur liebevolles Denken. Wer aus dem Herzen spricht, kann nur die Wahrheit sagen, und wer mit dem Herzen handelt, kann nie mit der Absicht handeln zu verletzen.
Aber dennoch können Worte, die von Herzen kommen, weh tun, weil Wahrheit manchmal weh tut. Und ebenso können Taten, die von Herzen kommen, schmerzen, weil oft der Schmerz not-wendig ist, um Heilung zu begünstigen.
Eine Spritze kann weh tun, so wie das Einrenken des Schultergelenkes, aber beides wird vom Arzt durchgeführt, und beides dient unserem Wohl. Auch auf spiritueller Ebene können Handlungen schmerzen, die aber letztlich Gutes bewirken.
Was wirklich zählt ist die Energie dahinter. Nur wenn die Energie reinste Liebe ist, können hohe spirituelle Zustände erreicht werden. Ohne Liebe sind alle Gebote wertlos. Mit Liebe sind alle Gebote überflüssig.
Um aber Liebe zu verwirklichen, können Gebote hilfreich sein. So waren sie immer gedacht. Als Wegweiser, nicht als der Weg selbst.
Ich behaupte nun mal, dass Du das Herz nicht offen hattest, als Du uns diesen Text schriebst.
Was zu beweisen wäre:
Grau ist alle Theorie, auch wenn unser Verstand geneigt ist, sie als wahr anzuerkennen, wenn sie nur »wahr« sein könnte. Hinter »Herz offen« verbirgt sich eine weiche Qualität, Eigenschaft, Anforderung ... wie auch immer Du es nennen magst. D.h. es ist nicht wie bei einem Autoreifen, dessen faktische Werte man festlegen kann und dann sagen kann: dieser Reifen ist gut, weil ... und dieser Reifen ist schlecht, weil ...
»Herz offen« und »Liebe« sind weiche Qualitäten, weil es sich nur in der Beziehung und im Ausdruck und in der Tätigkeit, die jemand tut erfahren, fühlen lässt, ob er oder sie das »Herz offen« hat, oder »liebt«. »Herz offen« kann man nicht messen wie die Profiltiefe an einem Autoreifen.
Selbst der Mensch, der sich darin üben KANN*, mit »offenem Herzen« zu leben, zu sprechen und zu handeln, sich auf andere Menschen und Lebewesen mit »offenem Herzen« zu beziehen, kann sich nur VORBEREITEN, was auch immer er oder sie tut, mit »offenem Herzen« zu tun, ob es aber so ist, kann selbst der größte Meister nur feststellen, in dem er sich selbst während des Prozesses und das Ergebnis beobachtet und auswertet.
Der Verstand (niederer Mentalkörper), der hier spricht oder schreibt, hat keinen Zugriff auf »offenes Herz«, er kann es weder herstellen, noch steuern. Damit wird verbale Kommunikation zu einem besonderen Prüfstein für »offenes Herz«. Der Verstand , da er sich besser dünkt, als Gefühle, meint zu wissen, was »offenes Herz« ist - doch das ist eine Lüge, sprich Illusion. Er weiß es nicht. Niemals!
Daher ist besondere Vorsicht geboten, über weiche Qualitäten zu sprechen, denn eigentlich kann man sie nur erfahren, der Verstand macht aber daraus, weil er nicht anders kann, unerfüllbare Forderungen - und spätestens hier müsste Dein »offenes Herz« eingreifen, Benjamin, aber das tut es nicht, denn Du schreibst z.B.
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Was wirklich zählt ist die Energie dahinter. Nur wenn die Energie reinste Liebe ist, können hohe spirituelle Zustände erreicht werden. Ohne Liebe sind alle Gebote wertlos. Mit Liebe sind alle Gebote überflüssig.
Um aber Liebe zu verwirklichen, können Gebote hilfreich sein. So waren sie immer gedacht. Als Wegweiser, nicht als der Weg selbst.
Diese Sätze scheinen logisch zu sein und harmlos, aber sie offenbaren die ganze fieseste Breite der mentalen Kriegsführung. Des Krieges des Mentalen gegen das Emotionale. Des realen Krieges in Europa, jeden Tag, jede Sekunde. Diese Sätze sind Bomben. Sie zerfetzten jede Bemühung. Sie wollen uns zeigen, wie dumm, doof und nichts wir sind. Es ist die Sprache des Absoluten, das es nie gibt und das Relative, das Weiche dazwischen bleibt KOMPLETT außen vor. Wir alle, jeder Meister inbegriffen haben weder dies
Ohne Liebe sind alle Gebote wertlos. noch das
Mit Liebe sind alle Gebote überflüssig.. Beide Sätze sind Illusionen des Mentalen über »Liebe«. Es ist genaugenommen die fieseste Ausradierung des Begriffes »Liebe«, die das Mentale leisten kann, denn so, wie die Sätze dastehen, ist »Liebe« de facto unmöglich. Niemand war jemals im einen Satz (ohne Liebe) und niemand wird jemals im zweiten Satz sein (nur und immer und 100% Liebe).
Also kannst Du diesen Satz nicht mit »offenem Herzen« geschrieben haben, dann das würdest Du ja mit »offenem Herzen« gar nicht wollen ...
Mit »offenem Herzen« würdest Du über das Wachstum schreiben, das wir alle vielleicht hinter uns haben und das wir noch vor uns haben ... oder was auch immer ...
Die Relativierungen die Du in Deinem ganzen Text bringst sind gar nicht schlecht, aber ...
Und weiter zu Problemen der Aufnahme solcher Texte:
Wenn wir lesen was Du schreibst, wir, die wir uns in unserem Leben darum bemühen, mit dem »Herz am rechten Fleck«, »mit dem Herz in der Hand« und »mit offenem Herzen« uns auf andere zu beziehen, wenn wir also lesen, was Du schreibst, rechnen wir uns aus:
1. Da ist noch einer, der sich um Leben aus dem Herzen Gottes bemüht. (Ist diese Interpretation zulässig?)
2. Schön, dass es noch einen gibt.
3. Ich bemühe mich auch redlich.
4. Doch meistens klappts ja nicht.
5. Der schreibt, als ob es ganz einfach wäre.
6. Bei dem muß es klappen. Neid kocht hoch.
....
Am Ende versuchen wir uns zu überzeugen, dass Du und ich mit »offenem Herzen« leben, basta. Aber wir verweigern eine exakte Analyse, die auch bei weichen Qualitäten möglich ist. Damit sind wir aber weder in der Lage Deinen Text kognitiv zu verstehen, noch ihn zu fühlen. Wir wollen etwas fühlen. Wir vergeben Hoffnung, aber nicht mehr. Klar, wir hoffen, dass wir und alle jetzt endlich mit »offenem Herzen« leben können. Aber wir weigern uns zu sehen, dass dies für uns Normalos mit einem normalen Leben nur IMMER ÖFTER möglich ist. Selbst Meister fallen aus ihrer Zentrierung (noch ein mit »offenem Herz« eng verwandter, wenn auch nicht gleicher Begriff). Aber Meister können es a) schneller bemerken, dass ihnen das Herz zugeschnappt ist und b) können sie leichter korrigieren. »Offenes Herz« ist auch bei Meistern kein Dauerzustand.
Wieviel weniger ist »offenes Herz« ein Dauerzustand bei normalen Menschen?
Dein Kind kommt heim, blutend. Offenes Herz, wo bist Du? Dein Kind hat die Vase aus der chinesischen Ming-Zeit im Museum zertrümmert. Es war ein unersetzliches Einzelstück. Offenes Herz, wo bist Du? Dein Jugendlicher hat eine Telefonrechnung in Höhe von 34.987,45 Euro fabriziert. Offenes Herz, wo bist Du? Dein Typ hat ne andere und bleibt dort. Offenes Herz, wo bist Du? Du stehst im Stau, voraussichtlich noch für Stunden. Das Handy ist zufällig leer. Das Autoladegerät kaputt. Es ist heiß. Du wirst zu spät kommen. Offenes Herz, wo bist Du? etc.
In einem Ashram oder einem Seminar kann man leicht mal in den Zustand »offenes Herz« rutschen, aber im Alltag?
Daher werde ich immer weniger schreiben.
Ich habe es wie Du probiert und die ganze Dramatik offenbart sich mir nur langsam.
Ich wurde darauf gestossen, weil es ja nach solchen Texten wie Deinem, jedem KLAR sein sollte, wie »Liebe« und Spiritualität funktioniert. Ich lebte in der selben Illusion wie Du. Hoffnung ist mir nun ein zu zartes Pflänzchen. Und die Untiefen meiner selbst sind doch tiefer, noch viel tiefer, als ich je ahnte. Es wird einem nur offenbart, was man tragen kann. Aber ich sehe nicht, dass es dabei ein Ende gibt. Sprache als Werkzeug des Mentalen stellt viele Fallen. Doch Liebe muß man leben. Schwierig es in einem so leblosen Akt wie dem Tippen auf Tasten und Lesen auf Bildschirm umzusetzen.
Wir brauchen lebendige Vorbilder in jedem Dorf.
Texte, Bücher haben wir viel mehr als genug.
Laßt es uns tun, so gut, wie wir es heute können!
Und mal ist das »Herz offen« und mal ist es eben zu.
Das ist lebendig. Und achtsam. Und das Herz darf auch mal zu sein, das ist unser Stand hier in der Welt. Wenn Du es gerade nicht aufbekommst, dann ist es gerade so. Warum? Weil da wohl eine Verletzung noch nicht geheilt ist, ein Schmerz noch nicht gefühlt ist, eine Trauer nicht beendet, ein Schock nicht aufgelöst ...
Die Erde ist ein Heilungsplanet.
Alle die hier sind wollten heiler werden.
*KANN: Jemand der sich neben seinem Alltag auch um Spiritualität kümmern kann, ist ja eine Seltenheit. Achtsamkeit, Bewußtsein sind nur für sehr wenige Menschen wichtig. Und auch diese können nur ein Klima schaffen, in dem mehr Achtsamkeit möglich ist. Mit mehr Achtsamkeit wird es möglich zu beobachten, ob dies was ich tue, in Liebe geschieht, oder ob es anderen Richtlinien folgt. Selbst die, die sich darum bemühen, sind aber meistens so dicht und zu, dass es viele Jahre dauert, um Bewußtsein und einen Raum der Liebe zu erschaffen. Und meist geht es nur in einer Nische. ...