Von einem der auszog das Fürchten zu lernen

Die Szene am Schluss ist ja wahrlich interessant. Erinnert mich spontan ein wenig an das Ende von "Jabberwocky".

Der Held kriegt zwar seine Prinzessin (die er eigentlich gar nicht wollte), aber...

...was gibt er dafür alles auf?

Schluss mit lustig, könnte man sagen. Keine Freiheit, keine Abenteuer, keine eigenen Verantwortungslosigkeit und Unbekümmerhtheit mehr,...

Ihm beginnt zu gruseln in sicherer, vertrauter Umgebung, in der vermeintlichen Sicherheit. Aus Schreck, aus Schock über das plötzliche Erkennen dessen, das er sich da tatsächlich "eingehandelt" hat.

Verantwortung für andere, für alles andere. Die nun auf ihm lastet. Beinharte Realität.
Die Last der ungeborenen Kinder(?) als glitschige Fische, der Schock der Realität, Verantwortung, Verpflichtungen des Alltags als kaltes Wasser. Noch dazu hat man sich selbst die Prinzessin aufgehalst, ohne die man aber die ja doch vorhandenen Annehmlichkeiten auch wieder verliert, obgleich wie's aussieht, denn schließlich stammt die Idee mit dem Wasser und den Fischen von dieser, die Kammerzofe die klügere, vermutlich auch hübschere wäre. Also eigentlich auch noch die verkehrte Frau abgekriegt, auf den Schein reingefallen. Wolltest ja König spielen, brauchst eine "Prinzessin", klar. Herzeigetussi statt wirklicher (Seelen-)Partnerin. Dumm gelaufen, könnte man sagen. Eigentor.

Die moderne Version davon wäre dann wohl zwei Kinder, Reihenhaus auf Schulden und 2 geleaste Autos vor der Tür, für die man die nächsten Jahre, Jahrzehnte mächtig Überstunden schieben muss.

Nur, leider wurde man dabei, obwohl man die anderen Gespenster befreite, selbst zu einem. Zum geisterhaften Schatten seiner selbst, der nun nichts mehr selbst zu bestimmen hat, sondern von Frau, Chef und Verpflichtungen fremdbestimmt wird.

Jetzt ist er zwar genau so "normal" wie alle anderen, aber sich selbst, das was seine Eigenständigkeit ausmachte, hat er verloren. So wie Samson seine Kraft verliert, als Delilah sein Geheimnis erkennt und ihm die Haare abgeschnitten werden. Aus dem "Helden" wird der "dressierte Affe", der funktioniert.

Wahrlich zum Gruseln.
Weil's genau so ganz normal ist. Modernes Märchen, toll!
Faydit, ich danke Dir :kiss4:
Jetzt hab ich endlich die Verbindung hinbekommen, die zwar in mir zwar immer mal angeklopft hat, die ich aber als nebensächlich abgetan hatte.
Der Gedanke, dass er die Prinzessin garnicht gesucht hat und das eigentlich die Kammerzofe die Initialzündung gegeben hat schoss mir auch mehrmals durch den Kopf, aber ich konnte damit nicht so ein schönes Bild entstehen lassen wie Du hier.

Nochmals Danke :danke:


Noch zwei Gedanken, die mir dazu gerade durch den Kopf schossen.
Der erste mit einem gewissen Rückbezug zu Faydits Deutung.
Der Held hat ja sonst Situationen, die ihn wütend gemacht haben oder in denen er sich unwohl gefühlt hat gerne mit einer gewissen Art von Gewalttätigkeit bzw. Endgültigkeit gelöst. Er hat den Küster die Treppe heruntergeworfen, die Katzen erschlagen, die wiederbelebte Leiche wieder in den Sarg gesteckt etc., er hat also die auftretenden Probleme "endgültig" entsorgt. Aber seine Frau, die ihn in die unangenehme Situation mit den Fischen im Bett bringt, kann er ja schlecht auf diese Art und Weise behandeln, er "soll" sie ja lieben. Also nix mit ignorieren oder gar weglaufen.
Ich hab grad ein Bild von endlosen Beziehungsdiskussionen mit erheblichem emotionalen Anteil (Wasser) vor meinem geistigen Auge - und Wasser vor Lachen im Auge :D

Der zweite Gedanke hat mit der Gegensätzlichkeit der Lebensstile zu tun.
Als der Held noch alleine und auf der Suche war, hat er sich immer ein Feuer angemacht, neben dem er geschlafen und gewartet hat. Ich interpretiere das mal als innere Kraftquelle, das innere Brennen sozusagen.
Seine Frau dagegen kippt ihm Wasser ins Bett, wobei schon in der gesamten Szene kein Feuer mehr vorkommt.
Sie überschwemmt ihn quasi mit dem vollkommenen Gegenteil dessen, was ihn im Inneren eigentlich ausmacht.
Und zischhhhhhhhhhh, da war das Feuerchen aus...... oder so


liebe Grüße
Linking
 
Werbung:
Faydit, ich danke Dir :kiss4:

Ist nur meine subjektive Deutung. Kann auch völlig daneben sein. So würde ich's eben lesen. Gibt vermutlich auch ganz andere.

Nimm's als Inspiration, als Bausteine, die auch anders zusammensetzbar wären. Vielleicht geht's ja auch eher darum. Wie man diese Bausteine für sich selbst, in Bezug zu sich selbst zusammenbaut. Eine Art geistiges Lego.
Etwas neu, für sich selbst er-finden. Schöpfung ist doch auch immer Kreativität. Verlernen wir oft, als Kinder wussten wir das intuitiv. Vielleicht sind ja Märchen auch eine Art Schlüssel, um uns daran wieder zu erinnern.

Ich danke dir auch!
 
Auf die Esoterik bezogen würd ich das auch so deuten:

der ganze mystische Hokuspokus mit Geistern, Leichen und Teufel hat ihm eigentlich nix gemacht, hat er mit links weggesteckt.

Aber etwas praktischer Hausverstand (natürlich) von der Frau (vielleicht auch sowas wie der Mutterwitz) heilt ihn dagegen blitzschnell von seiner Furchtlosigkeit.

Die Moral der Geschicht: bleib immer schön am Boden, da kriegst du dein Fett weg.

:D
 
Urajup schrieb:
Für mich bedeutet dieses Märchen im übrigen den Rauswurf aus dem Paradies. Die Begegnung mit der harten, weltlichen Wirklichkeit. Und vor der rauen Wirklichkeit, in der keinerlei Geborgenheit mehr zu finden ist, davor fürchten sich sehr viele Menschen.
Faydit schrieb:
Schluss mit lustig, könnte man sagen.
Linking schrieb:
Faydit, ich danke Dir
Jetzt hab ich endlich die Verbindung hinbekommen
Besonders interessant finde ich eure Deutung, die das Lebensfeindliche,
Hoffnungslose, eher Deprimierende gemeinsam hat.

Die Deutung des Alles-wird-Gut-Verlaufs behagt euch nicht, warum? Weil
sie euch nicht entspricht, eure Geisteshaltung ist eine andere, nämlich das
ganze Gegenteil.

Aber so wie jede Pflanze und überhaupt jedes Leben zum Licht, zur
Vervollkommnung drängt, genauso ist auch immer das Ende eines jeden
Märchen ein positives, eine Erlösung, ansonsten es kein Märchen wär'.



Das war nun meine Deutung eurer Deutung ;)
 
Besonders interessant finde ich eure Deutung, die das Lebensfeindliche,
Hoffnungslose, eher Deprimierende gemeinsam hat.

Mag ja so wirken, oder eine subjektive Aversion sein. Wird ein Irrtum positiver, wenn man ihn sich nicht eingesteht sondern schönredet?

Die Deutung des Alles-wird-Gut-Verlaufs behagt euch nicht, warum? Weil
sie euch nicht entspricht, eure Geisteshaltung ist eine andere, nämlich das
ganze Gegenteil.

Es ist dir ja freigestellt, mit einer positiveren Deutung, die plausibel wirkt, aufzuwarten. Wie positiv ist es, eine, deiner Ansicht nach, negative Geisteshaltung abzuwerten? Du musst dich ja damit nicht "rumplagen". :D

Ich find's lustig!
 
Es ist dir ja freigestellt, mit einer positiveren Deutung, die plausibel wirkt, aufzuwarten. Wie positiv ist es, eine, deiner Ansicht nach, negative Geisteshaltung abzuwerten? Du musst dich ja damit nicht "rumplagen"
wie kommst du auf 'abwerten'?
ich werte nicht, weder auf noch ab
ich habe euch ein Feedback gegeben

weil ich an den Alles-wird-Gut-Verlauf glaube
 
Besonders interessant finde ich eure Deutung, die das Lebensfeindliche,
Hoffnungslose, eher Deprimierende gemeinsam hat.

Die Deutung des Alles-wird-Gut-Verlaufs behagt euch nicht, warum? Weil
sie euch nicht entspricht, eure Geisteshaltung ist eine andere, nämlich das
ganze Gegenteil.

Aber so wie jede Pflanze und überhaupt jedes Leben zum Licht, zur
Vervollkommnung drängt, genauso ist auch immer das Ende eines jeden
Märchen ein positives, eine Erlösung, ansonsten es kein Märchen wär'.



Das war nun meine Deutung eurer Deutung ;)
Nachdem ich jetzt nochmal in mich gegangen bin, wage ich zu behaupten, dass ich den Verlauf des Märchens nicht als Wendung zum Negativen betrachte. Ich hab auch schon mehrmals geschrieben, dass mich die Überlegungen darüber immer wieder zum herzhaften Lachen gebracht haben.
Ich sehe auch keine Überbetonung von Depression, Hoffnungslosigkeit oder Lebensfeindlichkeit, ich sehe die Entwicklung des Helden einfach als Entwicklung. Letztlich findet er, was er gesucht hat und "bezahlt" den "Preis" für dieses Erleben. Er hat einen unbekannten Erfahrungswert gesucht - und er hat die Erfahrung gemacht. Wie sie zustande kommt und sich letztlich anfühlt konnte er vorher nicht wissen. Er hat ein Element des "Alltäglichen" gesucht - und automatisch ein ganzes Paket dazubekommen. Ob er letztlich damit glücklich geworden ist, kann und will ich nicht beurteilen, es wird im Märchen auch nicht erwähnt, denn es endet mit den Worten des Helden :"Ja, jetzt gruselt mir." Mich interessiert hier auch mehr das "Wie?" als das Ergebnis.

Das "Ende" eines Märchens ist auch gleichzeitig der "Anfang" eines Neuen. Die Entwicklung geht weiter und weiter und weiter.

Und jetzt noch einmal eine Bemerkung @sidala: generell können wir uns über alles unterhalten und diskutieren - aber ich verbitte mir an dieser Stelle die Beurteilung meines Geisteszustandes anhand der Auslegung eines Märchens.

liebe Grüße
Linking
 
Vielleicht auch so rein psychologisch zu deuten, dieses Ende.
Der Held der Geschichte lebt im Unglück, er ist einfach dumm.
Er gelangt durch zahlreiche Gefahren, die er überhaupt nicht einschätzen kann, und besteht sie genau durch seine Stärke, diese Dummheit.

Über Chakren gesehen, entspricht der Ausgangspunkt des Charakters dieses Helden einem negativ geladenen zweiten Chakra. Das negativ geladene zweite Chakra erzeugt einen Spiegelpunkt im sechsten Chakra, im Hirn, und dadurch dort die Dummheit. Es gibt Menschen, die sind im zweiten Chakra völlig blockiert, dann haben sie gewaltige Ängste (und auch Ängste blockieren die Intelligenz). Andere gibt es, die haben überhaupt keine Angst, kennen keine Grenze, selbst da, wo man eben eine kennen sollte.

Der Held ist von dieser zweiten Sorte, er kennt keine Grenze dort. Es ist die Figur des großen Kriegers, der absolut furchtlos in den Tod zieht, in den Krieg zieht, und tatsächlich unsterblich ist, weil er keine Furcht kennt. Der Tod selbst meidet ihn, denn der Tod selbst besitzt ihn, er ist ja ein Tötender, ein Diener des Todes. Er verbreitet grenzenlos Tod um sich herum.

Gelangt dieser Held jedoch zu einem positiven Besitz, erlangt er die Liebe des Herzchakras, kann er ein Glück sein eigen nennen, hier in Form der geliebten Frau, wendet sich das Blatt. Wie das Yin-Yang-Symbol, das komplett schwarz ist und sich nach dem winzigen Punkt weiß in sich selbst sehnt. Der Held ist komplett schwarz, es ist auch ein schwarzmagischer Weg, den er geht. Doch durch seine Sehnsucht dreht sich das Blatt. Er wird komplett weiß, gelangt ins volle Glück. Und doch... er möchte eben dieses bißchen schwarz kennenlernen... und das geht erst, wenn man viel Weiß hat und darin einen kleinen Fleck.

Deshalb gibt auch genau das, was ihm das Liebste ist, die geliebte Frau und ihr Kammermädchen, diesen letzten Punkt. Sie schenkt ihm das "kleine Schwarze", das kleine Unglück, den nassen Fisch im Bett... und macht ihn dadurch wirklich glücklich. Denn das Glück definiert sich nicht allein über die Anwesenheit von viel Glück, sondern auch durch die Minimierung (aber eben nicht Abwesenheit) von Unglück.
Das Bett ist waschbar, die Fische kann man wegschmeißen. Es ist ein kleines Unglück, ein kleines Malheur. Und genau das, das suchte und fand der Held der Geschichte, deshalb endet sie genau an diesem Punkt.

Die Fische sind ein Symbol des Jetzt, des Moments, des Augenblicks, und Wasser ein Symbol der Zeit. Viele kleine Fische bekommt er ins Bett gekippt, als er schläft. Die Orte, wo ich noch schlafe, sind die Orte, wo ich mir noch unbewusst bin.
Er heiratet und erlebt die "kleinen Leiden" des Alltags, die nicht zugedrehte Zahnpastatube, den verlegten Schlüssel zum Nachtschrank, das kleine Loch im Kondom.

Und dadurch ist das große Glück paradoxerweise gesichert, Kinder können kommen...
 
Werbung:
Und jetzt noch einmal eine Bemerkung @sidala: generell können wir uns über alles unterhalten und diskutieren - aber ich verbitte mir an dieser Stelle die Beurteilung meines Geisteszustandes anhand der Auslegung eines Märchens.
aus allem, was wir tun und sagen, wird ersichtlich, wes' Geistes Kind wir sind

auch aus diesen deinen Worten lieber @Linking ;)

du wolltest wissen, warum dir dieses Märchen zur Zeit durch den Kopf geistert
und ich wollte dir eine gedankliche Anregung geben
zu Ende denken müßtest du allerdings allein
 
Zurück
Oben