Von der Realität …

Frühjahrsgedanken

Raschelnd wandert Mondenlicht
im Wind der Frühlingsböen
durch Wälder, Sträucher, tief Dickicht,
fällt ächzend tief, heult in die Höh’n.

So mancher Laut des Wildes flink
vergeht im Walde regen Flüstern;
so mancher Spatz, so mancher Fink,
so mancher Fuchs durchstreift ihn lüstern.

Ja, selbst der Mond, heut’ messingfarben,
grinst wild herab auf seinen Garten,
vereinzelt Wolkenfetzen darben
um seine Gunst in vielen Arten.

Im Schatten, dort wo Farben kreischend
zur Geltung kommend im Zwielicht,
da spielen, um Hochachtung heischend,
tausende Glühwürmchen ganz dicht.

Und wo auch immer Mondlichtbrisen
hinwandern in der Wunderzeit,
da lächeln auch die Frühlingswiesen,
ob nun allein oder zu zweit.

(A.)
 
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Die Jagd

Im Innern, dort wo augenlos
der Herzschlag durch die Winde gellt,
wo blind im schimmlig feuchten Moos
der Atem ängstlich flach gestellt …

Dort, manchmal, selten aber nur,
immer nur dann, wenn der Mond bloß
voll Silberglanz am Himmel thront,
beginnt die Jagd, im Rudel Gros.

In lang Mäandern zieht der Schnee
in Schlieren hochviskoser Zeit,
zu Eis erstarrtes Blut im See
künd’ von der Gnadenlosigkeit.

Und außen, wo gedankenlos
der letzte Atemzug entflieht,
wo schwach im schimmlig feuchten Moos
der Herzschlag es sodann verriet …

Dort, manchmal, selten aber nur,
immer nur dann, wenn der Mond bloß
voll Silberglanz am Himmel thront,
dem Jagdglück folgt der Todesstoß.

(A.)
 
Der Nomade
Eine Reise, Teil 1

Im dunklen Lande,
nie weit vom Meer,
wo Flüsse im Sande
versinken wie leer -

Seine Schritte verklingen,
kein Ton kann mehr krächzen,
keine Zunge mehr trinken
noch nach Nass sie gar lechzen.

Wo Stürme verenden,
weil die Winde verstummen,
kein Licht Sterne senden,
wo kein Leben am Summen -

Am Herzensgrund tief,
von einer Kälte erfüllt,
verzagt auch, ganz wund
dort eine Stimme, die brüllt.

Sand peitscht durch die Adern,
denn immerhin wandern
die Wüsten, stumm hadern
in komplexen Mäandern,

Doch, kühl wie im Nordeis
regt das sich Unentflammte,
das Feuer, totkaltheiß,
das ins Leben sich rammte.

Und nach ewigem Warten,
nach unendlichem Ende,
strahlt ein Licht in den Garten,
ungehemmt, ohne Wände.

So, als käm’ eine Sturzflut,
flutet Leben die Steine,
ja, selbst dort unterm Sand ruht
manch Geschöpf, dieses kleine.

Doch ist sie noch fade,
diese Welt, die belebte;
und der einsam Nomade -
voller Trauer er bebte.

In der Luft liegt sie drückend
immer noch, ferneblickend
die Entscheidung, die alte
wartend ruht, dunkel hallte.

Vögel fliegen durch’s Tal,
keine Seele mehr spricht,
denn die heilige Wahl hat,
wer die Stille nicht bricht.

(A.)


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Schuld


Stark - und rot;

der Mantel liegt,

erscheint wie tot,

bleischwer er wiegt.


Wie Felsgestein

wiegt schwer die Last,

droht unheilvoll

dem End’ der Hast.


So mancher wünscht

alsbald zu heilen,

doch dürft’ er dazu

nicht mehr eilen.


Doch was würd’ sein,

wenn Stillstand käme?

Wenn leere Untat

alles lähme?


So manchem dann

erscheint die Wahl

auf diesem Weg

so voller Qual.


Zum einen

soll die Schuld entrücken,

zum ander’n

soll die Still’ nicht drücken?


Als Wanderer

auf diesen Pfaden

sind wir gezwungen,

umzuladen …


Mal treffen wir

die freie Wahl,

mal brauchen wir

auch Nervenstahl.


Doch egal,

wie sehr wir leiden,

es zählt doch nur,

wie wir entscheiden.


(A.)

 
Schweigen und Schrei

Die Luft ruht still, kein Vogel singt;
Voll Wasser tropft, klein Licht erglimmt:
Der Geist verlangt! Fünffach beringt.
Berauschend, Befehl, den Weg bestimmt.

Der Adler fliegt höher, von Sinnen die Welt,
Der Boden bebt stärker, von Klippen er fällt,
Lawinen umtosen das schäumende Meer
Und unheilvoll droht echte Schwärze, so leer.

Der Geist ruft, weil die Natur es so will,
Nichts sehnender denn der Winde so still,
Doch wo immer die Laute der Welt auch hinweh’n,
Kein Schall will mit mir in den Abgrund hingeh’n.

Kontrolle, verlangt es, Kontrolle am Ziel,
Disziplin auf dem Weg, doch kein Wörtchen zu viel.
Nie den Schall hintergeh’n, denn bleibt dieser nur steh’n,
Stagniert, harrend falsch, gänzlich ungeseh’n.

Erst, wenn der Fluss die Biegung nimmt,
Das Licht erlöscht, das Wasser sich neigt,
Wenn der Geist friedlich ruht, wieder unbestimmt,
Kann zur Ruhe mich betten, auch das Leben dann schweigt.

(A.)

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Ins Leben hineinsterben
(Teil 2)

Kräuselnd die Spur, wellengleich ihrer Art,
flüsternd der Schwarm schneller Aale im Teich -
dem Tümpel, lang im Vergessen verscharrt -
die Botschaft steigt auf bis zum Totenreich.

Seiner harrt die Welt still, bis der Seufzer entwich,
träge Last, rankengleich, in den Fluten versank.
All die Schuld, all die Qual erst enteignet dann sich,
Todes Tod räumt den Weg, freit dem Träger, einst krank.

Und erst da, die Gewicht’ im Vergessen erlöst,
mag der Sitzende sich von dem Schemel erheben,
wache Schritte, wo einst die Gedanken gedöst,
voller Ehrgeiz mit Mut: mitten rein in das Leben.

(A.)


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