Von der Realität …

Fortsetzung zu Post #130


Das Gericht

Voll Ungestüm wölbt sich die Lunge
mit wilder Absicht auf der Zunge,
tollwütig reißt es durch das Herz,
verliert sich rasend schnell im Schmerz.

Breit grinsend weht die Nacht heran,
die Nacht voll widerlich Gesichter,
zerfetzt mein Selbst gar irgendwann
und dann steh ich vor meinem Richter.

Herab blickt er von hohem Thron,
schwarzeisern auf dem Haupt die Kron’,
der Blick ein Meer aus Nadelstichen,
vor dem längst jeder Trotz gewichen.

Wie Starre hält es mich in Stein,
in Stein, kalt wie aus Eis gemacht,
stumm blicken sie aus dunklen Reih’n,
die Toten, die ich einst verlacht.

Ihr Gesicht kalkweiß verzehrt,
zwei runde Spiegel statt der Augen,
seh’ ich mich selbst darin belehrt,
derweil sie mir den Geist aussaugen.

Der Richter öffnet seinen Mund,
ein Loch voll blank polierter Klingen,
die tun von Schand’ und Schmach mir kund
mit Worten, die die Seele zwingen.

So öffnet sich auch bald das Loch,
erinnern werd’ ich mich stets noch,
so bodenlos wie tiefstes Leid -
natürlich war ich nie bereit.

A.



skull-and-crossbones-2275979_1920.jpg
 
Werbung:
Fortsetzung zu Post #130


Das Gericht

Voll Ungestüm wölbt sich die Lunge
mit wilder Absicht auf der Zunge,
tollwütig reißt es durch das Herz,
verliert sich rasend schnell im Schmerz.

Breit grinsend weht die Nacht heran,
die Nacht voll widerlich Gesichter,
zerfetzt mein Selbst gar irgendwann
und dann steh ich vor meinem Richter.

Herab blickt er von hohem Thron,
schwarzeisern auf dem Haupt die Kron’,
der Blick ein Meer aus Nadelstichen,
vor dem längst jeder Trotz gewichen.

Wie Starre hält es mich in Stein,
in Stein, kalt wie aus Eis gemacht,
stumm blicken sie aus dunklen Reih’n,
die Toten, die ich einst verlacht.

Ihr Gesicht kalkweiß verzehrt,
zwei runde Spiegel statt der Augen,
seh’ ich mich selbst darin belehrt,
derweil sie mir den Geist aussaugen.

Der Richter öffnet seinen Mund,
ein Loch voll blank polierter Klingen,
die tun von Schand’ und Schmach mir kund
mit Worten, die die Seele zwingen.

So öffnet sich auch bald das Loch,
erinnern werd’ ich mich stets noch,
so bodenlos wie tiefstes Leid -
natürlich war ich nie bereit.
A.

Anhang anzeigen 41503
...Ich bin tief beeindruckt - und freue mich sehr, dass du uns teilhaben lässt, ..
an dieser Fortsetzung.......ich hatte bei Post 130 auch schon irgendwie das Gefühl, dass hier noch was im Untergrund schmurgelt....sehr sehr tiefgehend und toll in Worte und Bild
gefasst
lol10.gif


Gericht....Horror ....der mich auch wohl bekannt ist :D...von daher mit extra Gänsehaut bei
mir :cool:
 
Letztlich war es vor allem die von vielen wohlbekannte "Angst vor dem Tod", die mich (aus einem anderen Thread) dazu inspirierte. ;)
 
Und hier mein allererstes Gedicht, das ich zwar mal irgendwo zeigte, aber nun "hier reinhole". :)
Auf jeden Fall wieder etwas "positiver gestimmt".



Die Graue Taube

Schnell durch den Wind, sanft durch die Lüfte
so reise ich von Ort zu Ort,
Bin hier, bin da, riech' tausend Düfte;
Doch bin ich auch nie wirklich fort.

Wer bin ich hier, wer will ich sein,
bin doch nur eine Taube,
bin grau, nicht weis(s), bin ich nicht rein,
zählt denn hier, was ich glaube?

Hier oben, über aller Weise
Wird mir klar in aller Stille:
Was zählt, ist weder laut noch leise,
Es ist im Selbst, es ist der Wille.

Man sieht mich nicht, nimmt mich nicht wahr,
Regen perlt mir durch mein Kleid,
flieg' ich, freu' mich ganz und gar,
mein Wunsch ist klar, der Himmel weit.

Hier oben, seh’ ich nämlich, ist der Sinn
des Lebens gänzlich anders;
es ist, als ging's dort unten um Gewinn,
doch Wahrheit liegt meist ganz woanders.

Was ist wichtig, wenn ich flieg',
wenn ich der Elemente nah
ihn ohnehin schon kenn', den Sieg,
den gold'nen Sonnenaufgang sah?

Schnell durch den Wind, sanft durch die Nacht
reise ich durch Glut und Eis;
bin hier, bin da, auf Schwingen sacht
so reise ich allein und leis'.

Wer bin ich hier, was denk' ich mir,
könnt' auch ein Phönix sein?
Bin grau, nicht weis(s), doch ist's nicht schier
ein Wert, nicht mehr als Trug und Schein?

Hier oben nämlich, über Leid und Freud',
scheint, was wichtig ist, oft alt:
ist's schlimm, wenn ich die Zeit vergeud',
sie ziehen lasse, tot und kalt?

Man sieht mich nicht, schließlich bin ich
nur eine Taube, grau und klein;
flieg' ich hier und damit hat es sich,
ob Sturmwind oder Sonnenschein.

Hier oben, seh’ ich, ist es mir ein Segen
des Lebens, weit zu reisen;
es ist, als ob - der Freude wegen -
mein Schicksal mir den Weg wird weisen.

A.

tree-1780667_1920.jpg
 
Und hier mein allererstes Gedicht, das ich zwar mal irgendwo zeigte, aber nun "hier reinhole". :)
Auf jeden Fall wieder etwas "positiver gestimmt".

Die Graue Taube

Schnell durch den Wind, sanft durch die Lüfte
so reise ich von Ort zu Ort,
Bin hier, bin da, riech' tausend Düfte;
Doch bin ich auch nie wirklich fort.

Wer bin ich hier, wer will ich sein,
bin doch nur eine Taube,
bin grau, nicht weis(s), bin ich nicht rein,
zählt denn hier, was ich glaube?

Hier oben, über aller Weise
Wird mir klar in aller Stille:
Was zählt, ist weder laut noch leise,
Es ist im Selbst, es ist der Wille.

Man sieht mich nicht, nimmt mich nicht wahr,
Regen perlt mir durch mein Kleid,
flieg' ich, freu' mich ganz und gar,
mein Wunsch ist klar, der Himmel weit.

Hier oben, seh’ ich nämlich, ist der Sinn
des Lebens gänzlich anders;
es ist, als ging's dort unten um Gewinn,
doch Wahrheit liegt meist ganz woanders.

Was ist wichtig, wenn ich flieg',
wenn ich der Elemente nah
ihn ohnehin schon kenn', den Sieg,
den gold'nen Sonnenaufgang sah?

Schnell durch den Wind, sanft durch die Nacht
reise ich durch Glut und Eis;
bin hier, bin da, auf Schwingen sacht
so reise ich allein und leis'.

Wer bin ich hier, was denk' ich mir,
könnt' auch ein Phönix sein?
Bin grau, nicht weis(s), doch ist's nicht schier
ein Wert, nicht mehr als Trug und Schein?

Hier oben nämlich, über Leid und Freud',
scheint, was wichtig ist, oft alt:
ist's schlimm, wenn ich die Zeit vergeud',
sie ziehen lasse, tot und kalt?

Man sieht mich nicht, schließlich bin ich
nur eine Taube, grau und klein;
flieg' ich hier und damit hat es sich,
ob Sturmwind oder Sonnenschein.

Hier oben, seh’ ich, ist es mir ein Segen
des Lebens, weit zu reisen;
es ist, als ob - der Freude wegen -
mein Schicksal mir den Weg wird weisen.

A.

Anhang anzeigen 41504

Für mich ist die Weisheit dieser Taube so rein - dass sie mir doch weis(s)
erscheint....

 
Von der Angst, hinter die eigene Fassade zu blicken, "tief" zu forschen …
Ein Titel will mir dazu nicht einfallen … vom Fried der Seele, der ihr ein Gefängnis scheint …

Es ist nicht in logisch-analytische Denkweisen zu kleiden. Es ist in gar nichts zu kleiden.



[…]

Nur selten drang die Seele vor,
vor bis zu jenem alten Fried,
denn nur, wenn sie den Halt verlor,
da hörte sie dies selten
Lied.

Lang versunken, tief vergraben,
steh'n dort alte Mauern schief,
am tiefsten Grund, wo Träume traben
und ein vergess’ner Mahr
entschlief.

Zwischen bröckelnd kalten Steinen
wächst blühend heller Flieder,
erkletternd, umrankend die seinen,
wegweisend wie leuchtend
Gefieder.

Doch nur selten drang die Seele vor,
vor bis zu jenem alten Fried,
denn dort wartete ein dunkles Tor,
das zu betreten sie
vermied.

Tröstend flüsterten die toten Seelen,
aus diesem eisig kalten Loch,
verharrten nicht, entschwanden noch;
denn nichts drang mehr und mehr
aus ihren Kehlen.

A.


lamp-2903830_1920.jpg
 
Das Geschenk der Sonne

Ein Gedanke unter vielen
kann nur unter Schmerz bestehen,
kann nicht lachen, auch nicht spielen,
und geht unter im Geschehen.

Doch ein Gedanke in den vielen,
sie durchwachsend wurzelgleich,
mag nicht auf Verständnis zielen,
sondern schafft sein eigen Reich.

Erblühend in Gefühl und Wort,
kommt nur Ausdruck dann zustande,
wenn der Gedanke schafft den Ort,
wo die Seele formt die Lande.

Dann mag es sein, des Morgens früh,
dass plötzlich fern am grünen Land,
vor Freude strahlt, ganz ohne Müh’,
das Feuer heiß auf gelbem Sand.

Am Horizont auf roten Schwingen,
und plötzlich gilt mehr kein Gesetz,
steigt sie herauf, beginnt zu singen,
entspannt die Welt und webt ihr Netz.

A.


painting-2181831.jpg
 
Gewissen

So manches dunkle Mal,
wenn meine Taten mir entronnen,
mein Denken mir plötzlich entkam,
kam’s auf in mir und schmeckte schal;
ich siegte, doch war nichts gewonnen;
es sprach zu mir und weckte Scham.

Wieder und wieder sprach sie zu mir,
diese Stimme eigener Moral,
ein mahnender Tenor, der ungehört,
meine Ohren schmerzte schier.
Heute weiß ich, war’s mein Gral,
das reine Licht, das mich verstört’.

Doch damals, die Gedanken neblig,
Gefühlen trotzend wie ein Held,
ernannt’ die Kälte ich zum Freund,
und sie ernannte mich gar adlig.
Der Winter kam, vereist’ die Welt,
hab ich’s Gewissen eingezäunt!

Was ich verbrach, wie man es nannte,
war nun kaum mehr als ein Geschwätz;
was sollte mich, den Händler meines Handelns,
es kümmern, wer sich gegen mich gewandte?
War’s doch kaum mehr wie nervig Krätz’,
ich war der Meister meines Wandelns.

So vereist, kühl und erstarrt,
wollt’ ich meiner Wege gehen,
die lästig Stimme schier verbannt
und aller Ungemach verscharrt.
Wollte nicht wie and’re sehen,
bin ganz alleine losgerannt.

Und siehe da, die ersten Schritte
waren rutschig wie auf blankem Eis
und fanden weder Grund noch Halt;
unsichtbar war mir meine Mitte,
zu ersticken drohte mich mein Schweiß,
und plötzlich war mir viel zu kalt.

Es ging nicht mehr, es wollte nicht,
was immer ich mir selbst auch sagte,
die Zeit ließ Eis und Steine brechen
und donnernd fiel es mit Gewicht:
am Boden lag ich, nichts mehr wagte,
zu tief mich drückten die Verbrechen.

A.


fantasy-2925250_1920.jpg
 
Werbung:
yosemite-park-2933024_1920.jpg


Wintergeister

In tiefen Tälern lag es harrend wie Nebelzungen
und in den Höhen erblühte es klirrend wie Reif;
wanderte durch Wälder wie ungezwungen,
doch zog’s hinter sich einen zornigen Schweif.

Wieder wurde ein Zyklus wie fliehend verlebt
und über das erkaltende Sterbebett zieht
wehend der allerletzte Atemzug, eng verwebt
mit dem wiederkehrenden Frost, bevor er flieht.

Es wär’ eine Zeit wie im Wind aus der Ferne,
aus der Ferne gerufen und in Stille getaucht,
wie ein wünschender Griff in die blinkenden Sterne
und in wärmende Feuer und beißendem Rauch.

Unter den treibend Flocken lehnend an Stämmen,
an der rauen Borke von uralten Eichen
saßen sie, starrten ins Leere, doch wollten sie rennen;
weinten und lachten, denn es waren nur Leichen.

Dann wieder erhebend und klammen Schritts
durch knietiefen Schnee durch das stumme Gesicht
der Natur und der Geister, die flotten Ritts
um den Nachthimmel stürmten in flackerndem Licht.


A.
 
Zurück
Oben