Vom wahren Feigling

A

Abraxas365Mithras

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Im Freibad angekommen,
gingen neun der zehn Jungen
zum Zehnmeterbrett.
Nachdem der achte gesprungen war,
sagte der neunte zum zehnten:
Du musst nicht springen, wenn du nicht willst,
nur dann, wenn du es dir wirklich zutraust.
Und der neunte machte ebenfalls seinen Sprung.

Dann setzte ein ohrenbetäubender Lärm ein.
Der Mädchenchor (20 an der Zahl) brüllte
ganz übel: Feigling, Feigling, Feigling...

Dies treibt den sensiblen Jungen aufs Brett,
hoch hinauf und lässt ihn zitternd
auf dem Brett verzagen.

Der neunte schreit noch: Spring nicht,
das ist Wahnsinn.
Doch der Junge hört nichts außer dem
Feiglingchor.
Er springt nicht, er stürzt.

Mit einem Bauchplatscher reißt er sich
tauchend das Fleisch auf.
Der Bademeister holt ihn heraus und
legt ihn notdürftig auf eine Bahre.
Man wartet auf den Rettungsdienst.

Betretenen Schweigens gehen die zwanzig
Mädchen und acht Jungen, sich
schämend, an ihm vorüber.

Der neunte allerdings kniet nieder,
flüstert leise: Du Feigling!

Aber wieso denn, wimmerte der zehnte
kläglich, ich bin doch gesprungen.

Ja, ebendrum, meinte der neunte und ging.
 
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