Vom Leben an sich

Lieber crossfire,
der Gödelsche Satz gilt für jedes formale System von Aussagen, also auch für philosophische Aussagensysteme. Besonders, wenn sie auf Widerspruchsfreiheit abzielen. Damit müssen Mechanismen der Bewertung von Aussagen existieren, die als Ergebnis "Widerspruch" oder "kein Widerspruch" ergeben. Damit sind die Aussagen formalisierbar an sich, und ebenso die Systeme der Bewertung derselben.
Richtig ist, daß die Widerspruchsfreiheit als solche nicht ausgeschlossen ist. Doch das gilt nur für sogenannte "low-fidelity"-Systeme, also Systeme, die keine Aussagen über sich selbst machen können. Ein System, das von sich selbst Widerspruchsfreiheit behauptet, macht aber ebensolche Aussagen explizit. Und da diese Aussagen dann nicht mehr beweisbar sind, handelt es sich um Glaubenssätze...

Ich glaube dir, daß du Hinweise auf spirituellem Gebiet für eine Geschlechtsfestlegung zu einem bestimmten Zeitpunkt der Schwangerschaft gibt siehst. Doch gibt es gerade auf diesem Gebiet sicherlich jede Menge Hinweise, die auf alles mögliche hindeuten. Und beweisbar sind Aussagen in diesem Gebiet in der Regel nicht.

Die Hormonforschung kenne ich zufällig ziemlich genau, weil sie Teil meines Arbeitsgebietes ist. Das was du anführst, sind veraltete Erkenntnisse. Wenn du dich näher dafür interessierst, könntest du dich mit dem Bettkern der stria terminalis beschäftigen, eine sexuell dimorphe Hirnregion, das bereits deutlich früher als der dritte Monat entscheidend geprägt wird. Im dritten bis vierten Monat sind nur die äußeren Genitalien mehr von Hormonen beeinflußt. Doch die Sexualisierung des Gehirns findet viel früher statt.

fmri ist die Abkürzung für "functional magnetic resonance imaging", eine Kernspintomographie, die Aussagen über gerade aktive Hirnregionen erlaubt.

Daß die Mittel bei der Placeboforschung begrenzt sind, liegt an dem System, das natürlich die Vermarktung von Medikamenten favorisiert, und nicht die Überflüssigmachung von Medikamenten...

Ob Tiere sich bewußt ausdrücken oder nicht bewußt... hm, wieder so etwas, wo man vielleicht zunächst definieren sollte, was "bewußt" ist. Es gibt z.b. Patienten, die bestimmte Teile ihrer räumlichen Realität ausblenden. Sie sind ihnen nicht "bewußt" zugänglich. Trotzdem zeigen bestimmte Experimente, daß diese Informationen verarbeitet werden, und auch bewußte Qualitäten erlangen können. Die Sache mit dem "Bewußtsein" ist längst nicht so dual, wie man das vereinfachend gerne hätte...

Eine Freundin und ich unterhielten uns über ein bestimmtes Thema. Ihre Katze kletterte auf den Tisch, auf dem eine ganze Menge aufgedeckter Tarotkarten lagen. Sie legte sich auf diese Karten und deutete mit einer Pfote genau auf eine bestimmte Karte, die das Thema unserer Unterhaltung war.
Ein anderes Mal tat sie dasselbe, indem sie auf ein groß geschriebenes Wort einer Tageszeitung deutete...
Viele solche Beobachtungen führen mich dazu, diesen Handlungen Intentionalität und Bewußtheit zu unterstellen. Gut, die Katze kann nicht reden und aufgrund ihrer Physiognomie auch keine Etüden von Chopin spielen. Doch sie tut Dinge, die absolut passend sind. Eine sehr junge Katze von mir läuft nie auf die Tastatur, sondern meidet sie, wenn sie auf meinen Schoß kommt. Eine andere Katze von mir tut genau das Gegenteil und möchte sich auf der Tastatur ausdrücken. Sie benutzt einen Code, den ich lesen kann...
Wieder eine andere Katze, eine große, redet manchmal mit mir über die Tastatur, manchmal nicht. Sie weiß genau, was sie will.
Diese Dinge haben in meiner "Welt" mit der Matrix zu tun, diesem allumfassenden Informationsfeld, das uns ausmacht. Die Katzen und ich oder auch anderes, was in der äußerlichen Welt so scheinbar vorhanden ist, bilden ein Ganzes. Wie würde ich mich ausdrücken, wenn ich im Körper einer Katze wäre?
Und wenn sie über das Keyboard läuft, dann kann sie bestimmte Dinge reproduzieren. Sie weiß wie man den Drumcomputer anschaltet. Das weiß ich nicht... - ich spiele nur Klassik darauf. Es ist irgendein kleiner Knopf von diesen hunderten von Knöpfen. Doch wenn sie Lust auf Abrocken hat, macht sie ihn an und genießt. Ihre Aura verströmt Wellen von purem Genuß.
Wenn ich Klassik spiele, dann ist ihr das manchmal langweilig. Sie springt dann aufs Keyboard, da wo die Stimmen geschaltet werden, und stellt mal Xylophon ein oder Orgel oder Cembalo. Sie weiß dann, daß ich spielen möchte. Sie schaltet da nie den Drumcomputer ein. Sie schaltet auch keine von den hunderten von gespeicherten Stimmen an, die für das Klavierstück nicht passen würden, sondern nur Instrumente, die abwechslungsreich das Stück mit Genuß variieren. Wenn sie alleine ans Keyboard geht, sieht das wieder anders aus, da nimmt sie auch Solostimmen oder eben den Drumcomputer.

Sie liebt auch den Halleffekt. Das ist auch so etwas. Wenn ich nicht im Zimmer war und sie war am Keyboard, hat sie meistens den Halleffekt eingeschaltet. Wenn ich dann komme und spiele, dann hallt die Klavierstimme, was für ein klassisches Stück nicht so ganz passend ist, aber sie genießt es halt.

Eine andere Katze hat zweimal auf dieselbe Stelle auf den Teppich gekackt, weil sie es Scheiße fand, daß ich "gehen" wollte. Noch eine andere Katze fand es zum Kotzen daß ich gehen wollte und kotzte zeitgleich mit der anderen auf den Flurboden. Es war nicht so, daß es ihr körperlich schlecht ging. Sie hatte einfach ein oder zwei Halme vom Katzengras gegessen und sie dann mühsam wieder ausgewürgt. Es war ein deutliches Zeichen, eine Kommunikation.
Ich habe die Kacke und die Kotze weggemacht, und verstanden, was sie mir sagen wollten. Dann habe ich mit ihnen geredet und gesagt, daß ich gehen werde. Und daß ich es Scheiße finde, wenn sie auf den Teppich kacken oder in den Flur kotzen, sie könnten mir das auch telepathisch sagen. Ich habe den Teppich hinterher nicht besonders gereinigt, das müßte man normalerweise tun, um die Geruchsspuren, die für Katzen nach wie vor wahrnehmbar sind, zu beseitigen und zu verhindern, daß sie da noch einmal hinkackt. Sie haben aber meine Worte verstanden und weder sie noch eine andere Katze haben dort noch einmal hingemacht.

Ich kann mir diese Dinge nur so erklären, daß sie ein umfassendes Wissen haben (das meines in einigen Bereichen übersteigt), und sich bewußt ausdrücken im Rahmen ihrer körperlichen Gegebenheiten. Und wenn die subtilen Töne nicht verstanden werden, können sie auch ganz deutlich werden :D

Du sagst, man könne das ganz einfach nachprüfen, indem man schaut, ob der Mensch sich so verhält wie du es beschreibst. Doch das, was du beschreibst, ist halt eine Beschreibung auf der einen Seite und auf der anderen Seite ein davon recht weit abstrahiertes Modell. Dazwischen gibt es keine Verbindung.
Eine Beschreibung kann man nicht nachprüfen. Sie ist so wie sie ist. Du beobachtest die Welt und das Verhalten der Menschen in ihr und beschreibst es in deinen Worten. Da läßt sich nichts nachprüfen.
Und die Theorie, die du dazugibst, z.b. mit Seele, Bewußtsein und Unbewußtem, ist dermaßen abstrakt, daß man jegliches Verhalten von Menschen immer irgendwie dahinein packen kann und die "Theorie" bestätigt finden wird. Man könnte z.b. zu dieser Trinität aus Seele, Bewußtsein und Unterbewußtem mühelos noch eine weitere Entität namens Körper hinzugesellen. Auch dafür ließen sich sicher jede Menge an "Beweisen" finden.

Buddhistische Modelle abstrahieren z.b. völlig von dem Begriff eines "Gottes" oder individueller Seelen. Trotzdem funktionieren sie prächtig.

Es fehlt die - wissenschaftlich gesprochen - Operationalisierbarkeit. Welche Voraussagen leistet deine Theorie, wie kann sie überprüft, wie kann sie falsifiziert werden? Davon finde ich nichts in deinem Buch.

Auf die Nachfrage nach den vier Masterseelen und ihrer genauen Anzahl gibst du keine Auskunft, die nachvollziehbar erklären würde, warum es genau vier sein sollen. Nur daß es dir wichtig ist, daß es mehrere sind.

Theorien im allgemeinen sollten bestimmten Kriterien genügen. Eines davon ist das, was als Occamsches Rasiermesser bezeichnet wird. Wenn auf eine Nachfrage, warum genau vier Masterseelen, nur die Antwort kommt, daß es mehrere sind, dann könnte man sich fragen, wozu dann so eine konkrete Zahl. Da geht die Theorie zu sehr ins Detail, ohne in irgendeiner Weise dies nötig zu haben.
 
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