Faydit:
Nur mag mitunter eben genau diese Nüchternheit ein Problem sein. Wenn die Wirkung der Vision, möglicherweise eine Art Rauschzustand, wenn es das wohl auch nicht ganz trifft, eben genau diese Differenzierung erschwert, beziehungsweise mitunter sogar dazu führen mag, dass jemand selbst eigentlich gar nicht mehr weiß, wer er selbst wirklich ist.
Man also genau wegen einer Vision, sagen wir, selbst ein wenig verwirrt ist. In gewisser Weise neben sich stehen mag.
Es mag wieder abklingen, dann mag man zu Nüchternheit, zu sich selbst, so gesehen zurückfinden. Es mag aber auch anhalten. Und man selbst dann, in gewisser Weise mittendrin feststecken, hängenbleiben. Und man mag dann auch davon als Wahrheit, Wirklichkeit selbst völlig überzeugt sein. Klar, ist doch man selbst, der es erlebt, erlebt hat.
ja, das ist die wirklich große Vision. Wie ein Schmetterling, der die Vision hat, ein Mensch zu sein, und der Mensch, der er ist, hat die Vision ein Schmetterling zu sein. Dann verschwimmt die Möglichkeit der klaren Positionsnahme, der Bodenkontakt ist in solchen paradoxen Visionen nicht mehr möglich.
Raus gehts nur, indem man beides als eine zusammenhängende Vision akzeptiert...
Wobei im Prinzip jede Vision ein "Traum" ist.
Die Überlieferung sagt dazu, dass jeder Traum, der bewusst wird, eine Form der "Krankheit" ist.
Normalerweise ist die Welt des Wachbewusstseins da, und auf der anderen Seite die Welt des Schlafes, in der die Seele jede Nacht heimkehrt in den Schoß Gottes und im Himmel "auftankt", dort geborgen ist.
Bleibt nun ein Eindruck übrig, schwappt etwas von dort nach hier, dann ist es eine "Krankheit", eine Unregelmäßigkeit, und sie bedarf der "Heilung".
Jeder Traum möchte gedeutet werden, einen Sinn erhalten.
So auch jede Vision. Sie möchte sinnvoll werden, integriert werden in die Welt des Wachbewusstseins.
Erst das Fehlen jeglicher Integrationsmöglichkeit macht richtig krank, kann in den Wahnsinn treiben.
So entstehen viele "Wahnsinnige" ja dadurch, dass die westliche Gesellschaft das Phänomen der Visionen pathologisiert und als "halluzinatorisch" definiert, also als a priori nicht sinnhaft.
"Rede ich mit Gott, nennt man es Beten. Redet Gott mit mir, nennt man es Schizophrenie."
Verschiedene Weisheitslehren weisen doch darauf hin, dass diese ganze Welt hier auch ein "Traum" ist. Und das Erleben in diesem Traum ist so gesehen meistens die größte Vision...
Integriere den Beobachter und den Träumer dieses Traumes in den Traum... und es entsteht etwas Neues. Jeden Moment.
Faydit:
Man "weiß" es richtig, weil man selbst es als richtig empfindet. Also ist, wäre auch jedes Bemühen anderer, einen vom Gegenteil zu überzeugen, nutzlos.
Die Frage wäre ja für mich an dem Punkt, weshalb möchte jemand jemanden überzeugen? Liegt da ein insgeheimer Zweifel an der eigenen Vision?
Ist es das innere Wissen, dass nichts wirklich "real" ist, was ich nicht auch "außen" zur Wirkung gebracht habe?
Will sagen, eine Vision für mich, hübsch... aber erst gemeinsam geteilte Visionen sind doch das, wo eine neue Form der Integration erreicht wird.
Wir saßen einmal zu viert in einem Raum und unterhielten uns über irgendwelche relativ alltäglichen Dinge. Dann öffnete sich die Tür, ein kleiner Gnom schaut um die Ecke, schaut uns einen Moment lang alle an, und macht die Tür wieder zu und verschwindet. Wir sahen uns sehr verduzt an, fragten uns: "ähm, hast du das auch gerade gesehen?" und waren nach anfänglicher Verwirrung recht begeistert, so etwas erlebt zu haben, schauten natürlich sofort im Haus nach, ob uns jemand einen Streich gespielt haben könnte, aber zu echt war das ganze, der Gnom hatte eine Hose an, ein Hemd und eine Mütze, und wir hatten alle dasselbe gesehen, und die Tür ging ja wirklich auf, hatte ein wenig geknarrt und beim Zumachen war sie auch richtig zugeklackt.
Faydit:
So lange jemand sich selbst das glaubt. Die Richtigkeit, Wirklichkeit der "Vision". Ebenso könnte auch Angst mitspielen, wieder in die "andere", alte Realität völlig zurückzukehren.
ich glaube, die Angst ist noch einmal eine andere Komponente. Zunächst eher das Überzeugtsein von dem, was man erlebt hat. Reine Visionen sind da ein Ding, noch überzeugender sind solche Dinge, die man anfassen kann oder gegessen hat oder ganze Welten, in denen man herumgelaufen ist und beispielsweise Artefakte aus diesen Welten in die alltägliche Wirklichkeit mitgebracht hat...
Angst ist am besten vorher zu besiegen, sie hat eine materialisierende Kraft, und wenn man in diesen Bereich der Visionen hineingeht, gibt es irgendwann richtige Probleme, wenn man mit Ängsten nicht gut umgehen kann.
Und dazu gehört auch die Akzeptanz der alltäglichen Wirklichkeit als "Basislager" von dem aus man Expeditionen starten kann.
Faydit:
Neutral gesagt, die eigene, subjektive Wirklichkeit wäre plötzlich eine andere als die andere, die kollektive. Natürlich trifft das auch auf alle anderen individuellen Realitäten zu. Diese Balance und zugleich Diskrepanz zwischen eigener und gemeinsamen Wirklichkeiten. In dem Fall eben in größerem Ausmaß als gewohnt, könnte man sagen. Und was geschieht in dem Fall nun? Man wird möglicherweise andere von seiner eigenen Wirklichkeit, seiner Vision zu überzeugen versuchen. Weil man, in der Position, aus diesem eigenen Standpunkt heraus nicht versteht, warum die es anders sehen, einen nicht verstehen.
ja, das kann passieren, halte ich aber auch eher für mangelndes Verständnis des eigenen Erlebnisses. Solche missionarischen Versuche sind eher ein Überstülpen eigener unverdauter Erfahrungen über andere, ein Hilferuf.
"ey, das ist jetzt aber deine Projektion auf mich!"
"ach quatsch, du bist doch derjenige, der auf mich projiziert!"
und beide könnten sich fragen, was es mit ihnen selbst zu tun hat, dass sie an jemanden geraten und auf jemanden reagieren, der offensichtlich auf andere projiziert...
(rein theoretisches Beispiel, habe ich in diesem Forum natürlich noch nicht beobachtet
)
Faydit:
Der Kreislauf, den das generiert, ist auch im Forum mitunter erkennbar.
Die einen versuchen, jemanden wo rauszuholen, dieser versucht das genaue Gegenteil. Sie reinzuholen. Jeweils in die andere "Wahrnehmung der Wirklichkeit". Was tun man in einem solchen Fall? Was kann man tun, sollte man tun? Akzeptieren? Stehenlassen?
das ist die negative Seite der luziferischen Energie...
wer davon gerade berührt ist, ist fest davon überzeugt, dass sein eigenes Licht am allerhellsten strahlt und alle anderen minderbeleuchtet sind...
und wenn es gerade mehrere von derselben Sorte in einem thread hat, kommt es zu lustigem Übertrumpfenwollen.
man kann jemanden in diesem Bewusstseinszustand nicht von anderem überzeugen, es braucht dann den nächsten Crash, um mit blutiger Nase erneut sich in die Reihe der Fragenden einzureihen.
als Gesprächspartner kann man da am besten einfach neugierig sein, ohne eigene Ziele oder Ideen und erst in dem Moment, wo der andere sich in seiner Sicht gesehen fühlt, also die "Vision" geteilt wird, kann es fruchtbar sich öffnend weitergehen.
Faydit:
Womit sich auch die Frage stellt, wie findet jemand auch die eigene Klarheit, einen stimmigen Kontext zwischen Vision, eigenem Erleben und dieser Realität herzustellen? Wie entschlüsselt, erschließt er sich selbst das? Trennt die Verpackung vom Inhalt, von der Botschaft? Mag mitunter einfach sein, mitunter auch durchaus komplex und schwierig.
je mehr Ebenen von Verstehen dazukommen, umso fruchtbarer für die Integration der Visionen.
Faydit:
Scheint also nicht immer nur so ganz einfach damit abgetan zu sein, dass jemand so etwas einfach nur erlebt. Immerhin ist es danach mitunter auch ein Teil eines selbst geworden. Ist in einen, mitunter durchaus intensiv eingebrannt, könnte man sagen. Und der "Film" hört somit auch nicht einfach auf, wenn man den Kinosaal wieder verlässt, der kann durchaus sehr aktiv weiterlaufen, weiterwirken.
Obwohl er anscheinend längst zu Ende schien...
natürlich wirkt es weiter. Es ist eher eine unrealistische Wunschvorstellung, etwas könne "zuende" sein, "bewältigt", "fest integriert", "fertig", "verarbeitet". Der Traum, die Vision ist ein Teil des Lebens selbst, und das Leben als solches ist immer lebendig, geht immer weiter.
Da kommen wir wieder an den Punkt, wo Gott sagt: "Jakob habe ich geliebt, Esau habe ich gehasst." - was meint, dass der Bewusstseinszustand von "jakov" (bitte mehr, füge hinzu) die Liebe zum Leben darstellt, der Bewusstseinszustand von "eschow" (ich habe fertig) hingegen den Hass auf das Leben darstellt. Man möchte es beenden, es soll endlich aufhören und mit "ich habe fertig" sagt man genau das, dass nun Schluss sein möge.