JoyeuX schrieb:
@ Rucola
Ja wie lässt man denn Wut zu? Wenn man wütend ist, muss man diese Wut auch irgendwie wieder auslassen, und das wäre vielleicht für die Umgebung nicht so toll.
Das mit der Wut kann ich nachvollziehen- Wut ist ja auch eine Energie, die einen überkommen kann, wenn man z.B. in einer Kampfsituation (Abwehrreaktion) ist. Bei der Allergie ist es in mir ein Gefühl, als ob ich alles weg haben will, das mich belastet und das was mich belastet ist auch so ziemlich alles, wenn ich einen allergischen tag habe. An diesen Tagen ist eher langsames Tun angesagt, auch wenn ich meist keine allergischen Symptome mehr habe- oder die Symptome für mich nicht mehr als Abwehrreaktion begreife, sondern als Auseinandersetzung in mir drin. Und gegen mich selber kann ich wütend sein, solange ich will, das habe ich schon gelernt im Laufe der Jahre. Das tut niemandem weh außer meiner Umgebung, die meine Wut auf mich selber sieht.
Gelegentlich finde ich es aber auch nicht übel, solche Emotionen einmal heraus zu lassen und zu äußern. Habe ich gestern noch in meiner Beziehung gehabt, so ein Phänomen. Wenn Du EMotionen in Dir hast, dann kannst du kluge Reden von anderen hören oder Erkenntnisse über Dich selber haben wie Du willst- die Emotion wird nach meiner Erfahrung dadurch nicht weniger. Sie wandelt sich vielleicht ein wenig, aber sie geht nicht weg. Weg geht sie eigentlich bei mir nur, wenn ich sie auch herauslasse. Unmittelbar danach habe ich einen Moment emotionsloser Ruhe und den versuche ich, zu verlängern. In dieser Ruhe sind dann auch Gespräche über meine Emotionen möglich, wobei ich eigentlich ganz gut über meine Emotionen sprechen kann, aber mein Partner eben nicht. Im Grunde bin ich wütend darüber, daß mein Partner nichtmit mir über seine Wut sprehen kann- schizophren, oder? Im tibetischen Buddhismus nennt man das "tonglen", das ist die Übernahme von Leid eines anderen. Soll ganz natürlich geschehen.
Insofern finde ich mich als übersensiblen Menschen eigentlich ganz brauchbar: ich sehe Dinge in anderen und kann sie in mich aufnehmen und sie in mir drehen und dem anderen reflektieren. Dadurch verändert sich die Emotion in mir und im anderen und die Welt sieht anders aus. Ohne Sensibilität auf dem Gebiet der Abwehr wäre es mir nicht möglich, immer wieder Frieden in mir selber mit den Phänomenen der Welt (,die ich ablehne) herzustellen.
Alles hat 2 Seiten, denke ich. Jede Krankheit sagt uns etwas und ist Teil des Prozesses zur Gesundwerdung. Sie ist Chance und deckt unsere ungenutzten Fähigkeiten auf, wenn wir beachten, wozu uns die Krankheit befähigt.
Neulich habe ich im Fernsehen eine Reportage gesehen über einen Mann, der einen Schlaganfall hatte. Er hat erzählt, daß er vor seinem Schlaganfall total unruhig war und immer wütend innerlich und daß seit dem Schlag diese innere Agressivität weg sei. Der Mann hat sehr ausgeglichen ausgeschaut, sehr zufireden, hat viel Kunst gemacht und Gedichte flossen aus einmal aus ihm heraus, was zuvor nie der Fall gewesen war. Er sagte, daß das Leben nach dem Schlaganfall wunderbar sei, viel besser als früher. Er würde sich selber jetzt lieben, früher hätte er sich oft gehaßt.
Das finde ich so erstaunlich, weil es eigentlich die erste Geschichte von einem Menschen gesehen war, die ich gesehen oder gehört habe, in der ein Mensch seiner Krankheit und der damit verbundenen Persönlichkeitsveränderung ausschließlich Positives abgewinnen kann. Als er gesund war, fühlte er sich krank, als er dann krank gewesen war, fühlte er sich gesünder. Ich denke bei mir, daß eine solche Chance in jeder Erkrankung liegt.
Liebe Grüße, RegNiDoen
Liebe Grüße, RegNiDoen