Bibo
Sehr aktives Mitglied
Hi Bibo!
Ist schwer auf diesen Beitrag eine Antwort zu finden, zumindest für mich. Erstens bin ich blöderweise immer noch nicht erleuchtet ....aber ich glaube auch, jemand der es ist, kann keine abschließende Antwort geben.
Ich habe viel gelesen und obwohl Erleuchtete nicht in allen Punkten das Gleiche über "Wahrheit" sagen, gibt es einen fundamentalen Punkt, der allen wichtig ist: Die Überwindung der Illusion vom "Ich". Das "Ich" ist sowohl Interpretation, also Gedanke, wie auch physische Empfindung... eine Art physische Lokalisation im Kopf.
Warum das zu Glückseligkeit führen soll: Weil es danach niemanden mehr gibt, der Leid erfährt. Sie existieren "dahinter"... Viele interpretieren Erleuchtung m.A.n. falsch und schreiben Erleuchteten gewisse Eigenschaften zu. Die Persönlichkeit des Erleuchteten "erscheint" uns weiterhin... für "ihn" selbst allerdings, ist das nur noch eine Art Mechanismus... Maya spielt das Spiel ohne ihn weiter, er lässt nur geschehen. Sri Nisargadatta Maharaj sagte etwa oft, er (nicht als Person, sondern als "das dahinter") nehme wahr das Sprechen geschehe. Er nehme kein Einfluss auf diesen Prozess.
Und das ist m.A.n. der entscheidende Punkt. Was ist "Einfluss nehmen"? Wir denken da oft sehr kompliziert, aber die erste Einflussnahme ist eine simple Bewertung.... Zustimmung oder Ablehnung. Wir empfinden Ablehnung als Leidvoll, auch die geringste. Das ist keine Frage von unterschiedlichem Leid, sondern eine Frage von Intensität. Das ist m.A.n. wichtig, denn das Prinzip bleibt gleich... Egal ob ich eine Aussage hier im Forum ablehne und zumindest psychisch in irgendeiner Form reagiere, wenn ich sie auch als letztlich unbedeutend einschätze und nicht mal darauf eingehe. Oder ob ich mit größtem Leid auf eine schlimme Nachricht reagiere.
Ablehnung und Zustimmung... Das sind zwar Gegensätze, aber es sind Gegensätze in ein und demselben Prozess. Dieser Prozess ist "Zeitdenken"... Wir bewerten eine momentane Wahrnehmung auf der Basis der Vergangenheit, dessen was wir gelernt haben, und ziehen Schlüsse dahingehend, inwiefern er gut oder schlecht (welche Bedeutung) das für unsere nähere oder fernere Zukunft haben wird. Und das sind keine gewollten und kontrollierbaren Abläufe. Man kann auch sagen: Das Gelernte bzw. das "Programm" in uns reagiert. Es sagt uns in jedem Moment "gut oder schlecht...... für das was ich von der Zukunft will". Und wir empfinden "schlecht" als leidvoll. Blöderweise empfinden wir "gut" noch nicht als Erfüllung, weil es lediglich eine Art Versprechen für etwas ist, das wir noch nicht haben.... es ist eine Abschwächung des Leidens, das wir "warten auf..." nennen.
Erfüllung erfahren wir immer nur bei Auflösung von Leid. Dieser Zustand steht sozusagen über "gut und schlecht". Er verschwindet. Kann man sich gut beim Thema "Gesundheit" verdeutlichen. Du nimmst an Deinem Körper (und überhaupt) nur das wahr, das in irgendeiner Form nicht im Gleichgewicht ist. Alles was wirklich gesund ist, ist eine "nicht wahrnehmbare Basis die funktioniert". Du kannst Dir Gedanken darüber machen, wie Deine Muskeln Deinen Körper bewegen, schon wie sie Deine Augen beim Lesen bewegen.... Aber in der Regel nimmst Du das nicht wahr. Wenn Du Arthritis hast, wird das Tippen zur Qual... Dann wird das Thema zum Thema und wird bedeutsam.
Und der Erleuchtete.... bzw. "das was er/es ist"... ist möglicherweise genau diese nicht wahrnehmbare Basis, von der aus "Funktionieren" stattfindet. Außerhalb aller Ungleichgewichte die wahrgenommen werden, die "es" aber nicht bewertet. Die Bewertung selbst ist eine Funktion des Ungleichgewichts. Man könnte auch sagen: Ungleichgewicht bewertet Ungleichgewicht, also Verstand bewertet Wahrnehmung... und spielt damit ein Spiel, das eigentlich im Gleichgewicht ist. Anders gesagt: Gleichgewicht täuscht Ungleichgewicht vor.
Ich bin skeptisch darüber, ob es eine klare Ursache-Wirkungs-Kette gibt, um ganz gezielt Einfluss zu nehmen. Wenn es sie aber gibt, ist das Ziel m.A.n. nicht eine Verbesserung eines Zustands, sondern die Auflösung eines Zustands. Sozusagen.... "damit er (der Zustand) zur Basis zurückkehrt". Etwa der Zustand "Ich habe Schmerzen".
Erleuchtete haben das mit dem "Ich-Gedanken" gemacht (oder es ist einfach geschehen). Damit existiert für sie keine Person mehr, die eine leidvolle Erfahrung machen kann. Für einen Außenstehenden, der einem Erleuchteten zuhört oder ihn irgendwie wahrnimmt, macht das aber keinen Unterschied. Osho etwa war sicherlich echt, aber der war trotzdem ein Exzentriker mit so einigen Programmen.
Für das was er ist... spielt das aber keine Rolle. Aus dieser Perspektive (wenn man das überhaupt so nennen kann) ist eben alles Gleichgewicht. Egal, ob sich "Osho-Persönlichkeits-Körper" gerade darüber aufregt das einer seiner Rolls Royce nicht geputzt ist, oder er vergiftet wurde oder was auch immer.
So... muss mal aufhören.
VG,
C.
Hi Condemn,
Danke schön für diese tiefgründigen Betrachtungen! Es ist immer wieder ein Gewinn für mich, sie zu studieren.
Die Überwindung der Illusion vom "Ich". Das "Ich" ist sowohl Interpretation, also Gedanke, wie auch physische Empfindung... eine Art physische Lokalisation im Kopf.
Auf jedenfall ist es etwas Selbstverständliches, das Selbstverständliche überhaupt. Wenn ich jemandem, der sich mit diesem Kram nicht beschäftigt irgendwas von der Illusion des Ich erzähle dann erntet das nur Kopfschütteln. Niemand "normales" wird behaupten, daß er selbst nur eine Illusion ist. Er wird dieses Behauptung ohne Erläuterung, was eigentlich genau mit Ich und Illusion gemeint ist niemals verstehen können. Und ein bißchen ist das glabue ich auch das Problem, wenn wir uns über die Illusion des Ich unterhalten. Ich glaube, daß wir genau festlegen müssen, was wir meinen, wie die Buddhisten sagen: "das Objekt der Verneinung" erstmal finden müssen, bevor wir es als Illusion "verneinen".
Was ich mich hier in diesem Thread frage ist genau das: Was ist das zu verneinende Objekt eigentlich genau? Sehe ich das? Kann ich die buddhistische oder sonstwie durch sprituelle Systeme aufgestellte These dieses illusionären Ich überhaupt verstehen oder anwenden? Begreife ich das denn überhaupt auch nur im Ansatz? Sehe ich die Illusion, sehe ich das vermeintlich "inhärent existierende Ich". Ich denke, um nachvollziehen zu können, was sie meinen, müssen wir erst sehen, was sie überhaupt als Täuschung ansehen. Solange wir kein klares Bild von dieser Illusion haben und nicht verstehen, was sie mit Illusion überhaupt meinen, können wir ihnen nicht folgen.
huch, das war jetzt ein Schwall unausgegorener Gedanken. Lass ich mal so stehen - vielleiht bringts uns irgendwie voran. Verzeih, daß ihc nicht auf all Deine vielschichtigen Gedanken eingehe - ich kann nur das mit "Signalwirkung" für mich rausnehmen momentan.
VG
Bibo