Unwissenheit über die wahre Natur der Dinge

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Als schlecht definirre ich wenn jemand mein Kind aus dem Fenster wirft, oder mir die Türe eintritt. Ich denke so Banane sind se dann doch noch nicht, dass se selbst sowas nicht mehr einsehen, oder doch?

Ja, das ist ganz klar schlecht. Als schlecht würde ich auch etwas bezeichnen, wodurch man jemanden Schaden zufügt.

Wenn allerdings niemandem geschadet wird - und man sogar Genuss dabei empfindet, dann finde ich eine Tat nicht schlecht.
 
Hallo!

lese grade mal wieder Buddhismusbücher - sehr intressant finde ich, daß als Wurzel allen Übels gesehen wird die Unwissenheit in Bezug auf die Wahrheit, wie die Dinge wirklich existieren. Sinngemäß lese ich heraus: nichts hat eine Eigennatur, alles hängt von Bedigungen, Umständen, Namen, Bedeutungen ab. Und weil wir das nicht wissen, sind wir so unglücklich. Insbesondere weil wir festhalten an einer unabhängigen Existenz des Selbst. Und wenn wir das wissen, daß es dieses Selbst so gar nicht gibt sind wir automatisch erleuchtet. Wir sind also erleuchtet und vollkommen glücklich, wenn wir direkt erkennen, daß alle Dinge in abhängiger Weise existieren.

Und das verstehe ich nicht. Wieso das?

Meine Frage ist: kennt sich jemand gut mit dieser Betrachtung aus und mag hier mal helfen, das verständlicher zu machen für mich und andere? Das wäre schön!

Liebe Grüße,
Bibo

Ich glaub, es geht einfach darum sein Mitgefühl zu erwecken, das die Quelle von All-Wissenheit ist.
Unwissenheit bedeutet im Umkehrschluss, meinem subjektiven Verständnis nach, sich eben noch nicht oder nur bedingt in die Dinge und Wesen, die (ausnahmslos) ALLE die Buddhanatur in sich bergen „einfühlen“ zu können – und in „Einklang“ mit ihnen zu kommen.

Bei Deinem „Flaschenbeispiel“ sind ja auch ne Menge Dinge und Menschen beteiligt bis sie bei Dir auf ’m Tisch stehen kann. Daher kann sie möglicherweise ebenfalls dazu dienen, Mitgefühl (in Dir) zu erwecken, wenn Du mal versuchst etwas intensiver darüber zu meditieren. Angefangen bei dem, der den Sand in Glas „verwandelte“, bis hin zu dem, der die letztendlich gefüllte Flasche im Schweiße seines Angesichts für Dich ins Supermarktregal gestemmt hat – war bestimmt ’n Mensch, wie Du und ich, der glücklich sein will und frei sein von Leid. :D
 
Lieber Condemn,

Danke sehr für Deine Worte. Ich möchte es mal für mich nachvollziehen versuchen, was Du sagst.

Du schlägst ein Verfahren vor, das ich in etwa so verstehe.

1. Allem, was der Verstand einem einredet misstrauen - nicht für wahr halten

Da habe ich gleich folgende Frage dazu: um dem Verstand zu misstrauen, muss ja in mir erstmal diese Idee reifen, ein erster Verdacht, daß der Verstand es sein könnte, der mir etwas vorgaukelt, was gar nicht wirklich so ist. Das was aber in mir fragt, müsste jenseits der Verstandes sein, eine Intuition, die auf die Tätigkeiten des Verstands "sehen" kann von aussen her. Diese Instanz müsste wenigstens die Urteilsfähigkeit haben, zwischen gut und schlecht zu unterschdeiden, sonst könnte sie ja den Verstand bzw. dessen für-wahr-halten und Klammern an den eigenen Produkte zu unterscheiden. Aber ist es nciht grade der Verstand, grade dessen Grundfunktion Unterscheidungen zu treffen? Ist das dann nicht auch schon der Verstand, dem ich ja eigentlich misstrauen wollte?

2. schlägst Du vor, sich auf die Unbeweisbarkeit ob etwas ein Traum oder wirklich ist zu verlassen. Die Frage die mir dazu spontan anfällt ist: sich in diese Unsicherheit zu begeben, ist das nicht auch eine Tätigkeit des Verstands? Hat denn der Verstand überhaupt diese Möglichkeit? Ich kann aber gut nachvollziehen, wie das Gefühl der Unwissenheit über die Unterscheidung zwischen Traum und Wirklichkeit sich anfühlt, weil ich das sehr gut kenne. Allein das lässt einen aber erstmal nicht glücklich sein, sondern eben unsicher, fragend. Habe ich Dich bis hier richtig verstanden?

3. Ich mache nun im Verstand einen Schritt und stelle mir die Frage, was übrig bliebe, wenn ich mein Realitätsempfinden negiere oder zumindest in Frage stelle. Das setzt voraus, daß ich im Verstand diese Unterscheidung erstmal getroffen habe: das ist real und da ist nicht real. Das kann der Verstand ja auch, rein theoretisch, das ist nicht schwer, das können wir ja z.B. als Zuschauer eines Films sehr gut. Natürlich könnte die Antwort des Verstands denkbar sein, daß da nichts übrigbleibt, wenn ich alle Verstandestätigkeit abziehe. Aber es bleibt ja noch er selbst, oder?

Zuletzt schlägst Du noch eine andere Möglichkeit vor: logisch feststellen, daß man nicht rein auf KÖrper und Persönlihckeit beschränkt sein kann, aber letztlich man sich selbst auch nicht getrennt davon sehen kann. Übrig bleibt dann nur noch ein letztes "Ich" aber ohne Inhalt.

Doch immer noch verstehe ich sowohl theoretisch als auch praktisch nciht, warum diese Ansätze zum Nirvana führen sollen. Denn wenn es nirgenwo mehr einen Inhalt gibt, so ist auch kein Glück vorhanden. Ausser dem reinen Existenzgefühl bleibt auf der letzten Stufe keine zusätzliche Qualität - Glück wäre dann nicht ein Zugewinn sondern eher ein Verlust: die völlige Reinheit und Leere von irgendwelchen Verstandesinhalten ist Nirvana und nicht etwa ein von Glück "erfüllter" Verstand. Oder geht mit dem Fehlen von Inhalt auch der Verstand unter? DOch was bleibt dann noch, daß sich glücklich "fühlen" kann?

Verstehe ich Dich so einigermaßen richtig? Und was ist dann der Unterschied zum totalen Ausgelöscht-Sein, zum Tod?

Liebe Grüße,
Bibo
 
im Grunde ist es fast:) der Wirklichkeit Wahrheit eines jeden Einzelnen Bewußt-Seins, was du zitiert hast...woher auch immer:D.

verstehst du denn was mit dem "Selbst" gemeint ist?

das nichts nicht eine Eigennatur hat, das hat der Verfasser sich noch nicht bewußt werden lassen.
Denn,lebt das BewußtSein in seiner eigenen Realität empfindet es diese sehr wohl als seine EigenNatur.

Ist das BewußtSein sich seiner Verbundenheit mit Allem Was Ist vollkommen bewußt geworden, siehts mit der EigenNatur natürlich Ganz Anders aus.

*g Seyla

Hallo Seyla, oder Constantin,

Was mit dem Selbst gemeint ist verstehe ich eben gar nicht. Ich bin ja angefüllt mit einem Haufen Wissen und Gedanken - und im Zentrum dieser ganzen Kreationen scheine ich zu stehen. Ich habe ein konkretes Gefühl, daß das alles von mir ausgeht. Fallen aber Inhalte weg, so falle auch ich, mein "selbst" weg. Ohne Inhalt habe ich keinerlei Gefühl von selbst. Erst wenn da Inhalt ist, tauche auch ich aus der Versenkung auf, sozusagen als Urheber, der seinen Kreationen gegenübersteht bzw. der sich selbst aus dem Dasein seiner Kreaturen sozusagen "herausrechnet". Nun stelle ich mir die Frage: wie kann ich ein Selbstgefühl haben, wenn dieses Selbst gar keinen Inhalt hat? Und warum ist das dann Glück?

Denn,lebt das BewußtSein in seiner eigenen Realität empfindet es diese sehr wohl als seine EigenNatur.

Das kann ich nicht nachvollziehen. In seiner eigenen Realität leben heisst ja doch so eine Realität zu differenzieren von sich selbst. Seine EigenNatur "empfinden" - wie soll das gehen ohne eine Distanz dazu? ODer ist mit EigenNatur gar nicht etwas von mir getrenntes gemeint? Dann aber kann ich ja doch gar kein Empfinden darüber haben.
 
Die Flasche existiert ja nur weil das BewußtSein es materialisiert hat.
Heißt bevor es zu einer Flasche wurde, war es was?

Erleuchtet ist das BewußtSein das sich bewußt ist, wie eine Flasche materialisiert wird.

In Wahrheit ist Erleuchtung das sich BewußtSein der Zusammenhänge die nichtsichtbarer Natur ©2011Seyla


*g Seyla

Die Flasche existiert ja nur weil das BewußtSein es materialisiert hat.
Heißt bevor es zu einer Flasche wurde, war es was?

Da habe ich wieder das Problem mit der "Substanz" des Bewusstseins, daß seinen eigenen Kreationen gegenübersteht als Urheber. Der Schritt zu einem Urhebergott ist sehr naheliegend. Du nennst es nicht Gott sondern Bewusstsein. Dieses müsste ja aber doch, um ein Urheber zu sein, klar von seinen Kreationen getrennt sein, oder? Und dem widerspricht doch die buddhistische These vom abhängigen Enstehen, soweit ich verstanden habe. Eben kein unabhängier Urheber ist da zu finden, der "weiss", wie man die Dinge mateiralisier, keine "höhere Zaubermacht" sonder durch und durch alles in totaler Abhängigkeit erschaffen ohne jeden Anfang oder Urheberschaft.

?
 
Hallo Bibo,

ich zitiere mal aus dem Buch von Lama Ole Nidahl - Wie die Dinge sind - Eine zeitgemäße Einführung in die Lehre Buddhas :
Zitat :
Buddha erklärte, dass eine allem zugrunde liegende Wahrheit immer und überall dieselbe sein muß, um wahr zu sein. Dass sie weder geschaffen, noch erweitert oder beschädigt werden kann, sonst wäre sie nicht letztendlich.
Dem Wesen nach vom Raum untrennbar, durchdringt sie alles was ist und was nicht ist, und wer die nötigen Bedingungen schafft, kann diese Wahrheit erkennen.
Dass man sie bis zur Erleuchtung nicht oder nur teilweise erfährt, ist dem entscheidenden Makel eines jeden unerleuchteten Geistes zuzuschreiben :

der Unfähigkeit sich selbst zu erkennen.

Stattdessen arbeitet der ungeübte Geist so ähnlich wie ein Auge. Es nimmt alles Äußere wahr, aber kann sich selbst nicht sehen.
Zitat Ende.

Ich wünsche Dir Erkenntnis auf Deiner Suche

Schmitt :)

Danke, Schmitt!

Doch den Schritt vom Erkennen dieser Wahrheit Buddhas zum unendlichen Glück des Nirvanas den verstehe ich nicht.
 
Du stellst perfekte Fragen! ;)

Lieber Condemn,

Danke sehr für Deine Worte. Ich möchte es mal für mich nachvollziehen versuchen, was Du sagst.

Du schlägst ein Verfahren vor, das ich in etwa so verstehe.

1. Allem, was der Verstand einem einredet misstrauen - nicht für wahr halten

Da habe ich gleich folgende Frage dazu: um dem Verstand zu misstrauen, muss ja in mir erstmal diese Idee reifen, ein erster Verdacht, daß der Verstand es sein könnte, der mir etwas vorgaukelt, was gar nicht wirklich so ist. Das was aber in mir fragt, müsste jenseits der Verstandes sein, eine Intuition, die auf die Tätigkeiten des Verstands "sehen" kann von aussen her. Diese Instanz müsste wenigstens die Urteilsfähigkeit haben, zwischen gut und schlecht zu unterschdeiden, sonst könnte sie ja den Verstand bzw. dessen für-wahr-halten und Klammern an den eigenen Produkte zu unterscheiden. Aber ist es nciht grade der Verstand, grade dessen Grundfunktion Unterscheidungen zu treffen? Ist das dann nicht auch schon der Verstand, dem ich ja eigentlich misstrauen wollte?
Du sprichst den wesentlichen Punkt selbst an: "Das was aber in mir fragt, müsste jenseits der Verstandes sein, eine Intuition, die auf die Tätigkeiten des Verstands "sehen" kann von aussen her."

Das ist ja da. "Es" muss nicht fragen oder zweifeln, denn das wäre tatsächlich wieder nur der Verstand. Man kann auf die Art anfangen, also einfach intellektuell, indem man sich fragt: Warum bin ich "davon" so überzeugt? Du schaust Dir die Begründung an und hinterfragst auch diese... usw. Letztlich erkennt man rein intellektuell: Man weiß letztlich nichts. Der Verstand besteht darauf: Doch, ich weiß was ich eben noch erfahren habe. Selbst das ist aber hinterfragbar.

Wichtiger ist aber: Bewertung. Der Verstand bewertet ja ständig in gut und schlecht. Und vieles davon bekommt man nicht mit. Den je stärker die Bewertung, desto enger wird sozusagen der Fokus. Du kannst Dir das klar machen indem Du zuerst mal über ein Thema nachdenkst, dass für Dich gar keine Bedeutung hat. Sagen wir... griechische Architektur um 1850 :D Du könntest darüber lesen, Expertenmeinungen die sich streiten usw. Du wirst keine Stellung beziehen und v.a.: Jeden Gedanken klar erkennen können. Denkst Du aber über etwas sehr persönliches nach, hast Du bereits Stellung bezogen, was bedeutet: Sobald Du ein sehr persönliches Thema, eines das mit Leid verbunden ist, "anstößt"... wirst Du in diese Stellung "GEzogen". Du hängst sofort in Gedanken und Bewertungen, aber kannst sie nur mit Willenskraft überhaupt erkennen. Bisher sind das absolute Wahrheiten. Wenn Du anfängst sie zu identifizieren, rein intellektuell schon mal auf Abstand zu gehen, kommst Du nach und nach in einen Zustand, wo Du Dir das alles aus Distanz und ohne Bewertung anschaust. Damit verliert das gesamte Thema an Intensität und wird Dich nicht mehr steuern, sondern im Idealfall verschwinden. Allerdings ist das kein Fingerschnippen... gerade bei den wirklich belastenden Themen.

Worauf ich damit hinaus will: Ja, der Verstand macht auch bei intellektuellem Hinterfragen zuerst mal weiter sein Spiel. Aber intellektuelle Beschäftigung und der Wille die Dinge möglichst ohne Bewertung anzuschauen, führt zu schwindender Intensität und damit mehr Bewusstheit, was letztlich Auflösung bringt. Denn da ist ja "etwas" das beobachtet. Die ist offensichtlich Wahrheit.

2. schlägst Du vor, sich auf die Unbeweisbarkeit ob etwas ein Traum oder wirklich ist zu verlassen.
Nicht unbedingt sich darauf zu verlassen. Nur mit dem Gedanken zu spielen. Nicht DAS beweisen zu wollen, sondern nur die Möglichkeit in Betracht ziehen und daraus zu schließen: Es ist nicht beweisbar, dass diese Möglichkeit unmöglich ist. Übrigens laufen da jetzt schon bei Dir wahrscheinlich gewisse Assoziationen ab, die diese These als ziemlich freaky darstellen. Etwa Vergleiche von "Traum den man kennt - nachts".... Und Schlussfolgerung: Das hier kann dann ja keiner sein. Mir gehts um das. Also diesen automatischen Ablauf an Überzeugungen. Die machen einem das Leben schwer und eines zeigen sie ganz deutlich: Man denkt da ja nicht gezielt und effektiv. Da laufen komplexe Gedankenmuster ab und man kann sie nicht einfach abschalten. Man kann sie nur hinterfragen und v.a.: Bewusst machen, überhaupt erkennen. Die meisten sagen: "Ich denke....." und merken nicht, dass sie im Grunde von in der Vergangenheit unbewusst gespeicherten Überzeugungen gedacht werden.

Die Frage die mir dazu spontan anfällt ist: sich in diese Unsicherheit zu begeben, ist das nicht auch eine Tätigkeit des Verstands? Hat denn der Verstand überhaupt diese Möglichkeit? Ich kann aber gut nachvollziehen, wie das Gefühl der Unwissenheit über die Unterscheidung zwischen Traum und Wirklichkeit sich anfühlt, weil ich das sehr gut kenne. Allein das lässt einen aber erstmal nicht glücklich sein, sondern eben unsicher, fragend. Habe ich Dich bis hier richtig verstanden?
Ja... der wesentliche Punkt dabei ist aber wirklich: Die Unsicherheit wird vom Verstand erzeugt. Der Verstand ist eine Angstmaschine. Vergleich mal eine Tätigkeit die Du perfekt beherrschst, oder eine Situation die einfach nur schön ist, wo Du Dich sicher und gut fühlst, mit einer Situation die Du eigentlich können müsstest, wo der Verstand aber reinfunkt und Dich blockiert. Tendenziell macht der das ständig. Wir tragen ein ständiges Gefühl von Unsicherheit in uns.

3. Ich mache nun im Verstand einen Schritt und stelle mir die Frage, was übrig bliebe, wenn ich mein Realitätsempfinden negiere oder zumindest in Frage stelle. Das setzt voraus, daß ich im Verstand diese Unterscheidung erstmal getroffen habe: das ist real und da ist nicht real. Das kann der Verstand ja auch, rein theoretisch, das ist nicht schwer, das können wir ja z.B. als Zuschauer eines Films sehr gut. Natürlich könnte die Antwort des Verstands denkbar sein, daß da nichts übrigbleibt, wenn ich alle Verstandestätigkeit abziehe. Aber es bleibt ja noch er selbst, oder?
Es geht m.A.n. nicht unbedingt darum ihn komplett aufzulösen, falls das möglich sein sollte. Das was Leid verursacht ist diese extreme Identifikation mit gewissen Themen (persönliche Themen die mit Leid verbunden sind). Je mehr man dazu eine nicht-wertende Distanz einnimmt, sich diese Dynamik bewusst macht, desto weniger belastend sind diese Gedanken. Sofort sagt der Verstand: "Was soll das bringen, wenn er aber doch leider Recht hat, diese Probleme weiterhin existieren, weiterhin mein Leben belasten?" .....aber: Das ist wieder Teil dieser Dynamik. Was wäre, wenn der Verstand Realität und Erfahrung nicht nur beschreibt und bewertet, sondern möglicherweise sogar prägt.. mit-erzeugt? Dem (unbewussten) Bewusstsein vermeintlich absolute Wahrheiten aufzwingt, so dass es Erfahrungen erzeugt, die dem entsprechen was man fest glaubt? Das sind Fragen die man klären sollte und auch kann.

Zuletzt schlägst Du noch eine andere Möglichkeit vor: logisch feststellen, daß man nicht rein auf KÖrper und Persönlihckeit beschränkt sein kann, aber letztlich man sich selbst auch nicht getrennt davon sehen kann. Übrig bleibt dann nur noch ein letztes "Ich" aber ohne Inhalt.
Ich weiß nicht genau was da übrig bleibt. Erleuchtete sagen: Nicht mal "Ich". Sie behaupten: Ich ist ein Gedanke, reines Sein bleibt. Also reines Wissen um Existenz sozusagen, aber unpersönlich.. Erleuchtete sind Persönlichkeiten mit Gewahrsein, dass sie sozusagen der Raum sind, dessen Inhalt die Persönlichkeit ist... die sich als Persönlichkeit empfindet, aber sowohl darum weiß, dass sie "nicht-objektiv-ist" bzw. "mehr ist", als auch kein Problem damit hat. Ich bin nicht erleuchtet. Ich weiß auch nicht, ob man das anstreben und forcieren kann, glaube schon. Mir gehts eher darum, dass ich sicher bin erkannt zu haben, wie man selbst ständig Leid erzeugt, bzw. wie Leid sich fortsetzt indem es einfach unbewusste Muster bildet, die sich assoziativ fortsetzen, weil man sie nicht wirklich erkennt. Ich kann nicht behaupten, dass ich da voll drüber weg bin und alles lösen konnte. Aber ich sehe deutliche Unterschiede in Situationen, wo ich mir die Dynamik bewusst mache und aus diesem Zustand auch deutlich konstruktiver entscheide und handle, oder Situationen wo ich das nicht tue, und voll auf der Basis dieser vermeintlich absoluten Wahrheiten und Urteilen kommuniziere/handle, letztlich destruktive Resultate erziele. Das ist die Art, wie Leid sich fortsetzt. Es erzeugt Resultate... die dann wieder "Wahrheit" sind. Und ich glaube: Entweder man fängt selbst damit an sich das bewusst zu machen, oder man wird irgendwann in Eskalationen gezwungen, wo einem keine Wahl mehr bleibt... weil es zu leidvoll wird. Denn ein wesentlicher Punkt dabei ist ja auch: Man wendet sich ständig ab, man entwickelt ständig Strategien zu Lösung oder Ablenkung. Beides funktioniert aber nicht, wenn es auf unbewussten Denkvorgängen basiert.

Doch immer noch verstehe ich sowohl theoretisch als auch praktisch nciht, warum diese Ansätze zum Nirvana führen sollen.
Nirvana wäre die komplette Auflösung. Wie gesagt.. ich halte für möglich, dass auf Distanz gehen, bewusst machen, Erkennen... letztlich dazu führen kann. Die reine Theorie dabei, die ich auch für wahr halte ist sinngemäß: Die Realität, jeder Aspekt dieser Realität, also Materie, auch Denkvorgänge, auch Ich-Gefühl - also Persönlichkeit, Körper, äußere Realität... ist Illusion. Das was beobachtet ist Wahrheit. Konfrontiert man Illusion mit Wahrheit, löst sie sich auf. Die beobachtende Wahrheit ist nur zu sehr identifiziert. Löst sie Identifikation nach und nach auf, erkennt sie alles als "ihren" Inhalt.

Denn wenn es nirgenwo mehr einen Inhalt gibt, so ist auch kein Glück vorhanden. Ausser dem reinen Existenzgefühl bleibt auf der letzten Stufe keine zusätzliche Qualität - Glück wäre dann nicht ein Zugewinn sondern eher ein Verlust: die völlige Reinheit und Leere von irgendwelchen Verstandesinhalten ist Nirvana und nicht etwa ein von Glück "erfüllter" Verstand. Oder geht mit dem Fehlen von Inhalt auch der Verstand unter? DOch was bleibt dann noch, daß sich glücklich "fühlen" kann?
Möglicherweise ist echtes Glück lediglich die Abwesenheit von Leid. Wir erfahren Glück, wenn wir Auflösung erleben. Lottogewinn ist für einen Milliardär nicht mit Glücksgefühlen verbunden. Für den Hartz4-Empfänger schon eher, weil es Auflösung von Problemen/Leid bedeutet. Gesundheit ist ja nicht eine besondere Qualität, sondern die Abwesenheit von Beschränkung durch Krankheit. Jede Fähigkeit, wenn man sich mal genau das anschaut wo man wirklich fähig ist: Das ist nicht etwas das erkennbar da ist, ich weiß nicht mal wie ich meine Finger bewege um das hier zu tippen... das ist geschehen lassen, weil da keine Beschränkung existiert. Der Verstand kann vielleicht sagen: Wow.. der kann schreiben. Die Finger bewegen sich einfach. Aber er weiß ja nicht mal wie. Und der Verstand bewegt sie nicht, er funkt nur nicht dazwischen.

Verstehe ich Dich so einigermaßen richtig? Und was ist dann der Unterschied zum totalen Ausgelöscht-Sein, zum Tod?
Weiß nicht... vielleicht bringt der Tod die Auflösung, vielleicht gehts danach weiter. Gibt viele Theorien. Ich persönlich glaube: Das Bewusstsein das sich zu Persönlichkeits-Mustern "geformt" hat, sich hier manifestiert hat, nimmt seine Neurosen mit... :D Ich glaube an Reinkarnation und ich glaube, so wie man wach ist und dann schläft, in Zyklen, so lebt man und so stirbt man und lebt man... vielleicht viele Leben. Und man strebt nach mehr Bewusstheit und Auflösung von Leid. Denn Leid ist unser Antrieb. Wir würden morgens im Bett liegen bleiben, hätten wir nicht gewisse Bedürfnisse und ein Gefühl von "Da muss doch noch mehr drin sein"... plus natürlich dem Leid das die Angst vor Existenzvernichtung mit sich bringt.

VG,
C.
 
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Lieber Condemn,

ich möchte Dir von Herzen danken für diese so reichhaltige, geduldige Darlegung Deiner Gedanken, die Du auf eine Weise vorträgst, die mich genau da anspricht und abholt wo ich gefragt habe. Ich bin sehr erstaunt darüber, mit welchem Geschick und Verständnis für meinen "Horizont" Du in Kommunikation zu mir trittst und erlebe das Lesen Deiner Erklärungen als wahren Schatz!

Jetzt möchte ich mir aber erlauben, meine Fragen noch zu vertiefen und weiter mit Dir zu diskutieren. Denn es ist eins, buddhistische Bücher zu lesen und selbst darüber nachzudenken, und etwas anderes mit anderen einen lebendigen Diskurs darüber zu führen.

Zuerst sprichst Du die grundlegende "Hinterfragbarkeit" aller Gedanken an. Geht man ihnen beobachtend auf den Grund findet sich nirgends ein letzter oder anfänglicher Gedanke, der nicht weiter hinterfragbar wäre. So endet alles Hinterfragen im "Nicht-Wissen", an der Grenze des Verstands.

Doch sprechen die Buddhisten ja grade nicht davon, das dieses "Nicht-Wissen" das Ziel aller Bemühung wäre sondern im Gegenteil sprechen sie von "Unwissenheit" als der Ursache für alles Leiden. Unwissenheit nämlich in Bezug auf die "wahre Natur" der Dinge. Positiv ausgedrückt ist dann die direkte Einsicht, das direkte Wissen und Erfahren dieser Natur der Dinge - das Fehlen von Eigennatur - das Gegenmittel zur Unwissenheit.

Ist das aber nicht auch nur ein Gedanke? Nämlich der Gedanke, die Dinge seien nicht wesenhaft, nicht solide, nicht so, wie wir sie wahrnehmen? Müsste man dann also folgerichtig nicht auch diese Einsicht über die wahre Natur der Dinge verwerfen? Also auch die zentrale buddhistische These von der Leere der Dinge müsste letztlich doch genauso verworfen werden, wie alle anderen Gedanken auch, um Nirvana zu erfahren. ODer mache ich da einen Denkfehler?

Dann zeigst Du auf den Aspekt der Bewertung und führst ein sehr schönes Beispiel an, wie Bewertung abhängt von persönlicher "Verstricktheit" mit dem jeweiligen Sujet. Je tiefer das Thema in meiner Persönlichkeitsstruktur eingewoben ist, so verstehe ich Dich, desto differenzierter und auch verborgener sind all die Bewertungen, die ich vorgenommen habe und desto schwieriger ist es, jede einzelne aufzudecken. Du schlägst dann das Verfahren des "Abstand nehmens" vor, "installierst" also eine Metaebene, die eine bewertungsfreie Ansicht zu den identifizierten Teilaspekten einnimmt, nimmst davon wieder Abstand, beobachtest dann von dieser Warte wiederum neutral usw. Das ist ja im Prinzip das Verfahren des Hinterfragens, was Du beschreibst.

Nun würde ich aber hier einwenden, daß das Abstand nehmen ja grade Abspaltung fördert, anststatt sie aufzulösen. Denn wenn ich zu jedem gefundenen Aspekt einen neuen Abstand nehme so vergrößere ich ja insgesamt den Abstand zwischen mir und dem Beobachteten. Das Einnehmen der Metaebene vereinzelt mich ja doch letztlich in der Postion des von der Erahrung getrennten Beobachter-Ichs. Wie aber wende ich dasselbe Verfahren auf mich als Beobachter an? Wie nehme ich zu mir selbst Abstand?
Müsste am Ende dieses Beobachtens nicht eigentlich die Einsicht stehen, daß es ganz und gar unmöglich ist, mich selbst zu beobachten? Und wenn dem so ist, was ist daran "glücklich-machend"? Warum macht es glücklich, zu erkennen, daß es mich überhaupt nicht wirklich gibt?

Denn da ist ja "etwas" das beobachtet. Die ist offensichtlich Wahrheit.

Hier habe ich das Problem mit dem Begriff von Wahrheit. Kann Wahrheit beobachten? Kann Wahrheit etwas ausserhalb von sich selbst sehen? Ein unpersöliches Etwas namens Wahrheit, wie soll es etwas sehen können ausserhalb von sich selbst?


Die Unsicherheit wird vom Verstand erzeugt. Der Verstand ist eine Angstmaschine. Wir tragen ein ständiges Gefühl von Unsicherheit in uns.


Und das Wesen dieser Unsicherheit, das würde ich gerne noch besser verstehen. Die Buddhisten schlagen hier das "Festhalten am Selbst" als Ursache vor. Ein solches solides Selbst zu empfinden macht zutiefst unsicher. Alle anderen Verblendungen gehen von diesem Festhalten aus. Was damit genau gemeint ist würde ich wirklich gern tiefer verstehen lernen. Obwohl ich es selbst noch nicht ganz verstehe, habe ich starkes Vertrauen, daß sie Recht haben. Vielleicht hilft ja diese Diskussion, um noch genauer zu verstehen, was genau dieses Selbst und das Festhalten meint.

Hier mache ich mal einen Punkt, sonst wird es zu lang und unübersichtlich.

Liebe Grüße,
Bibo
 
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