Unlock Reality eBook - div. Autoren

Herr Mikrowelle

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Im Vorfeld wurde viel Rummel um dieses kleine, gerade einmal 100 Seiten dicke, Manuskript gemacht. Die Beatles sollen eine Kopie gehabt haben, die Kirche will es angeblich verbannen und sogar der Dalai Lama hat wohl eine Privatkopie erhalten. Im Internet tauchten dubiose Kopien auf und viele "Esotanten" sahen mal wieder den Aufstieg der Erde voraus.

Der Inhalt war zunächst peripher, Gerüchte besagen, dass das Buch von zwei Mönchen, einem englischen Metaphysik Professor, einem Rabbi und einem Häuptling eines Indianerstammes geschrieben worden sei.

Die ersten Exemplare wurden in England verteilt und dann von Person zu Person weiter geschickt. In Tauschbörsen gab es Kopien, über den Inhalt wurde zunächst geschwiegen. "Jeder soll die Magie des Buches selber erfahren können."

Alles was man weiß ist, dass die Rechte einem Trust gehören und dieser Trust weiß wie man ein Buch vermarktet.

In den Iden des März war es dann endlich so weit, auch ein Normalsterblicher konnte für einen Unkostenbeitrag von lächerlichen 5 Britischen Pfund an dieser "kosmischen Weisheit" teil haben. Eine Internetseite verteilte das Buch.

Der Kauf ist unkompliziert, vorausgesetzt man hat eine Kreditkarte oder einen Account bei PayPal. Eine Sekunde später war mein Zugangscode im Postkasten und ich wurde gebeten eine .exe Datei herunter zu laden, mittlerweile habe ich schon drei mal meine Emailadresse eingegeben und die .exe will sie auch noch ein viertes Mal wissen. Mein Buch wurde registriert und fortan muss ich mich einloggen um das Buch zu lesen.

Und das ist auch schon mein erster Kritikpunkt, eine .pdf Datei wäre viel unkomplizierter gewesen. Und der "Big Brother is watching what you read"-Faktor wäre viel geringer. Was mich zusätzlich nervt, ausdrucken ist unmöglich und ich kann es nicht auf meinen PDA übertragen und unterwegs lesen.

Weiter im Plan, der erste Eindruck ist soweit in Ordnung, dem kleinen Leseprogramm fehlt leider die Bedienbarkeit eines Acrobat Readers. Viele Formatierungsfehler haben sich eingeschlichen. Am Ende fehlt ein Teil der Fußnoten, schade, aber die meisten schlagen das sowieso nicht nach.

Und da stellt sich mir die Frage, wieso benutzen die das überhaupt? Wo man mit .pdf schon einen weit verbreiteten eBook Standard hat. Die Antwort: Angst vor Produktpiraterie.

Das ist eine herrliche Ironie und steht direkt im Gegensatz zu den Werten, die das Buch vermitteln soll. Da geht es schon im ersten Kapitel darum, wie wichtig das Teilen an sich doch ist und dass, ohne das Teilen, der Mensch nicht funktionieren würde. Aber naja, im Kampf um Leserzahlen und monetäre Rentabilität eines Produktes, kann man den Werten die man lehrt, oft nicht nachkommen.

Würde ich Aufmachungspunkte von 0 bis 5 vergeben, hätte sich die miserable elektronische Verbreitung, die Formatierung, der Marketingrummel und die Heuchelei wahrscheinlich eine 0 verdient.

Ich lösche also die .exe Datei, buche in PayPal das bezahlte Geld zurück und hole mir eine leichter zu lesende Version in .pdf Form vom örtlichen Hinterhoftauschbörsendienst. (Nein, sowas mache ich natürlich nicht, aber ich hätte es am liebsten getan :stickout2 )

Der Inhalt liest sich gut, einfachste englische Sprache, so wollten die Autoren es. Jetzt ein kleiner Reisebericht durch das Buch.

Kapitel Eins ist vorbei, okay, ich bin noch nicht überwältigt, zu dem Thema hab ich schon ein weitaus umfangreicheres Buch gelesen. Allerdings steht am Anfang auch, dass man diese Passagen trotzdem lesen soll, auch wenn man sie kennt. Das Fundament eines Hauses sieht immer gleich aus, ist wohl aber von Nöten.

Kapitel Zwei folgt so gleich und liest sich wie eine Mischung aus verschwörungstheorie, Religionskritik und Motivationstraining. Ich muss zugeben, der Teil mit der Religionskritik hat mir gefallen. Dazwischen gestreut noch Intelligent Design und Kritik am Establishment.

Kapitel Drei fängt jetzt mit dem Jesus Symbol an und führt die Kritik am Establishment weiter. Noch mehr Religionskritik. Das Ende kommt sehr abrupt, die Kapitel werden immer kürzer.

Kapitel Vier, noch mehr Establishment- und Religionskritik, dieses Mal in Interviewform, sehr lustig zu lesen. Am Ende noch Werbung für Jesus.

Kapitel Fünf, langsam neigt sich das Büchlein dem Ende zu, überzeugt bin ich immer noch nicht. Jetzt geht es um die Vergebung der Sünden und das pragmatische Gesetz des Wunschdenkens. Danach geht es darum wie man ewiges Leben erreicht, hier entdecke ich den ersten Fakt, der eine These belegen soll, leider ist dieser Fakt so vergewaltigt worden, dass er eine klare Lüge ist.

Kapitel Sechs, Karma, Liebe, Gesetze, Gefängnisse, noch mehr Kritik am Establishment.

Kapitel Sieben, Kritik am .... Achja, und eine Motivationsrede im Stil "Wir können die Welt verändern".

Kapitel Acht, eine Klarstellung wo der Himmel wirklich ist, Liebe und dass Gebete am besten funktionieren wenn man statt dem Beten lieber handelt.

Tja, in mir ist eine kleine Marketinghypeblase geplatzt, das Buch wiederholt sich ständig und hat keine eigenständige Botschaft. Ich muss zugeben, nach dem ersten Kapitel war ich sehr gespannt was noch folgen wird. Wie in einer Wasserrutsche, wurde ich nach dem ersten Anstieg fallen gelassen. Der Rest ist mit einer Tunnelfahrt zu vergleichen, mit wenigen Lichtblicken.

Es wäre ein viel schöneres Buch geworden, hätte man nicht in jedem Kapitel mindestens einmal gegen die Regierung und die Kirche gewettert, irgendwann ist mir klar, dass der Autor das Establishment für die Wurzel allen Übels hält.

Weniger davon, mehr von den guten Ansätzen, obwohl es das auch in jedem anderen New-Age-Buch gibt. Ich spare mir deshalb eine richtige Zusammenfassung und gebe eine Liste mit Büchern, die den ganzen Inhalt dieses Buches zusammenfassen und weiterführen.

"All I Really Need to Know I Learned in Kindergarten" von Robert Fulghum

"Thought Vibration" von William Walker Atkinson
Alles was man je über positives Denken (nicht) wissen wollte.

Eine Standard "Red Letter" Bibel
Empfehlenswert sind die Stellen, zwischen der Geburt und dem Tod von diesem einen Hauptdarsteller.

Fazit: Naja, knapp acht Euro für ein Buch mit halbgaren, aufgewärmten Thesen von Vorgestern, zum Glück gut geschrieben. Hätte ich den ersten Teil der Rezension nicht schon vor dem Lesen des Buches geschrieben, hätte ich mich gar nicht an die Tastatur gesetzt. Mal gucken ob ich mein Geld zurück bekomm' wenn ich sage die .exe lässt sich nicht öffnen...
 
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