Obwohl ich eigentlich der Auffassung bin, dass mir der Einstieg in eine tiefer gehende Versenkung mit eine geführte Meditation sinnvoller erscheint, möchte ich dennoch einmal Versuchen meine Art der Meditation vorzustellen:
Der allseits gepriesene Lotussitz sollte man gleich in die Verbannung schicken. Diese Art zu sitzen ist für einen Europäer ungewohnt und verbindet nicht die Bequemlichkeit, wie dies im asiatischen Raum erfahren wird. Es sei denn, man möchte Zen-Meditation durchführen (was ich jedoch für Einsteiger nicht empfehlen würde).
Ob nun sitzend oder liegend meditiert werden soll, bleibt jedem selbst überlassen, wichtig dabei ist lediglich ein möglichst effizientes Gefühl der Entspannung herzustellen. Man sollte aber zunächst darauf achten, dass die Arme immer seitlich am Körper liegen und ihn nicht berühren.
Der ideale Platz zur Meditation findet sich dort, an welchem auch im Alltag Behaglichkeit und Entspannung verbunden wird (Sessel, Sofa usw.). Für den Anfang ist es ratsam, die Meditationen immer in diesem Nest der Ruhe durchzuführen.
Eine fördernde Rolle spielt auch das Ambiente, dass sich nach Belieben ausgestalten lässt (Licht, Düfte usw.). Das ist natürlich alles kein Muss, denn man kann auch eine kleine Meditation während einer langatmigen Festrede einlegen.
Wenn man sich nun bequem und behaglich eingerichtet hat und nichts mehr stören kann, beginnt man die Meditation mit zwei wichtigen Formeln (Mantras), welche möglichst mehrmals gesprochen werden:
1. "Es gibt für mich nichts zu tun und ich brauche nichts zu erreichen, es geschieht alles ohne meinen Einfluss!"
2. "Dinge, die um mich geschehen, sind ohne Bedeutung." (Bei störende Geräusche während der Meditation wiederholen).
Nach der Formel werden dann die Augen geschlossen, um in sich selbst anzukommen und den Blick auf die eigene Seele zu richten.
Nach ein paar Augenblicken sollten zunächst ein paar Fragen unsere Aufmerksamkeit von der Umgebung auf uns selbst lenken:
Wie fühlt sich die Unterlage an, auf der ich sitze oder liege? Wo berührt mein Körper überall den Untergrund und wie fühlt sich das an? Berühren meine Füße den Boden und verbinden sie sich mit ihm?
Mit den nächsten Fragen entfernen wir uns dann noch weiter von dem Hier und Jetzt:
Wie fühle ich mich, bin ich angespannt oder aufgeregt? Wie geht mein Atem, ist er flach oder hektisch?
Man darf aber an dieser Stelle nicht versuchen auf eine der Faktoren Einfluss zu nehmen, vielmehr sollte man sich an diesen Punkt an die Formel erinnern:
"Es gibt für mich nichts zu tun ...".
Danach wird mit einem imaginären Rundgang durch den Körper begonnen, der dann auch unbewusst und unmerklich in eine tiefere Bewusstseinsebene führt:
Dazu wird die Aufmerksamkeit nochmals auf den Atem gelenkt (ohne ihn zu beeinflussen). Es wird dabei lediglich beobachtet, wie er fließt und sich die Brust ohne eigenes Zutun hebt und senkt.
Die Betrachtung des Atems bleibt jedoch nur von kurzer Dauer, denn sie ist lediglich als Überleitung zu verstehen.
Mit dem nächsten Punkt lässt man nun auch mit jedem Atemzug Schwere und Müdigkeit in den Körper einströmen.
Erste Station der Reise durch unseren Körper ist der Kopf, auf den wir nun den Fokus richten.
Zuerst sollte dort Ruhe und Schwere gesucht werden und damit verbinden, dass er immer schwerer und müder wird. Gelingt dies, kann man sich an dieser Stelle noch vorstellen, dass ein leichter Lufthauch auf Stirn zu spüren sei.
Man sollte sich immer wieder an die Formel erinnern:
"Es gibt für mich nichts zu tun ..."
Die nächste Stationen des Rundganges durch den Körper sind in der Reihenfolge:
Rechter Arm, rechte Hand, rechtes Bein, linkes Bein, beide Beine, linker Arm, linke Hand, beide Hände.
Brust, Bauch, gesamter Körper.
Wie bereits beim Kopf werden die einzelnen Körperteile immer wieder mit der Formel verbunden, dass er schwer und man ganz müde sei. Beispiel:
"Meine rechte Hand ist ganz schwer und ich bin ganz müde!" Im Idealfall sollte sich dort auch das Gefühl ganz real zu spüren sein.
Nach diesem Rundgang befindet man sich mit etwas Übung in einer tieferen Bewusstseinsebene, was aber nicht so bewusst wahrgenommen werden kann, sondern erst mit dem Ende der Meditation fühlbar wird.
Gerade am Anfang mag sich hier und da keine rechte Schwere einstellen, man sollte das nicht überbewerten, sondern sich an die Formel
"Es gibt für mich nichts zu tun ..., erinnern und einfach zum nächsten Körperteil übergehen.
Am Ende des Rundganges kann nun eine Visualisierung anfügt werden. Dazu stellt man sich für den Anfang einfach einmal eine Landschaft vor, betrachtet diese als Unbeteiligter und lässt den Gedanken freien Lauf. Später lassen sich dann in diese Visualisierungen beliebige Situationen oder spirituelle Inhalte initialisieren und durchspielen.
Wenn sich nun eine innere Unruhe einstellt und die Gedanken beginnen sich in einen Kreislauf zu bewegen, wird es Zeit die Meditation aufzulösen.
Da mit dieser Art der Meditation tiefere Bewusstseinszustände bis in die Tiefenentspannung erreicht werden können, sollte man grundsätzlich den Geist in das Hier und Jetzt zurückführen.
Ehe man die Augen öffnet, muss also zunächst wieder eine Verbindung der Sinne mit der Umwelt hergestellt werden.
Welche Geräusche nehme ich war, welche Gefühle verbinden sich zu meiner Umwelt, wie fühlt sich mein Sessel an?
Erst, wenn man den Eindruck hat, angekommen zu sein, sollte man die Augen öffnen und eine kleine Weile das Umfeld betrachten. Letztlich muss dem Unterbewusstsein noch unmissverständlich klar gemacht werden, dass die Meditation beendet ist, dazu kann man abrupt seine Sitzhaltung verändern oder sich strecken. Wer dann noch dreimal in die Hände klatscht, wird die letzten Zweifel beseitigen. Gelingt es nicht auf anhieb, die Auflösung der Meditation einfach wiederholen.
Wer nach ein paar Übungen die Schwere einigermaßen im Griff hat, kann den nächsten Schritt gehen und seine Formel etwas verändern:
"Meine rechte Hand ist ganz schwer und warm, ich bin ganz müde!"
Mit dieser Formel werden die Kapillaren des jeweiligen Körperteils geöffnet, was zu einer erhöhten Blutzufuhr führt und als Energiefluss wahrgenommen wird. In diesem Zusammenhang werden auch die Nervenbahnen angeregt und durch die Fokussierung auch noch zusätzlich verstärkt.
Dieser Umstand kann bis zu einer schockartigen Entladung führen, was als Kribbeln oder auch als starker Reiz empfunden wird. Man kann also die Energieflüsse ganz real erleben. Weiterführend können mit diesen Techniken auch die Körperfunktionen beeinflusst werden, so gelingt es zum Beispiel den indischen Sadhus ihren Herzschlag drastisch zu reduzieren.
Jedem wird nun klar werden, dass diese Form der Meditation für Kreislauf- und Herzkranke und natürlich Schwangere gewisse Gefahren in sich bergen. Wer also bei jeder Form der Meditation Übelkeit oder Beklemmung verspürt, sollte sie sofort auflösen und die Technik überdenken.
Wer wirklich geübt und fortgeschritten ist, kann die Zustände später ohne große Vorstellung von Wärme und Schwere durch Prägung (Schalter) augenblicklich abrufen und somit in wenigen Minuten bis in die Bewusstseinsebene der Klarträume abtauchen.
Es gäbe noch eine Menge über Formeln, Schalter, Anker, Mudras oder den weiterführenden Techniken zu sagen, aber das würde den Rahmen an dieser sicherlich Stelle sprengen.
Viel Spaß
Merlin