Überbehütete Kinder - und Helikopter-Eltern

Ich finde, es läuft was falsch, wenn beim Essen das Wort "Bestellen" gebraucht wird.
Und die Mutter brav fragt:

"Und was hast du bestellt?"
Oder: "Und was willst du bestellen?"

Bestellen kann man bei einem Lieferservice, und nicht bei der eigenen Mutter.

Bei uns heißt das: Mutter ist beschäftigt, ziehe eine Nummer und warte bis du dran bist!
 
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Luxus-Probleme, die im Artikel.
Besser Eltern kümmern sich "zu gut", als zu wenig.

(Btw. das eine Zitat, dass das Kind beleidigen durfte weil es ja eh mal Chef wird, das hat nichts mit "Überbehütet" zu tun, sondern ist der Hochmut der Eltern.)
Was ist denn gut kümmern? Machen lassen (zu viel Freiraum geben, womit man irgendwann vor Gericht landet, weil zu weit ausgebreitet) oder nicht so machen lassen (wo dann später kein Widerstand mehr da ist und vllt. Mobbing-Opfer entstehen)?
 
Ich glaube, es gibt verschiedene Typen "Helikopter-Eltern"... die extrem bemühten (aber noch halbwegs normalen), die ängstlich-kontrollierenden, die narzisstischen und bestimmt noch weitere bzw. alle möglichen Mischformen.

Ich kann nur sagen, als Kind von teilweise helikopternden narzisstischen (bzw. co-narzisstischen) Eltern (ich war eins...) ist man in mancher Hinsicht echt eine arme Sau. Meine Eltern sind heute noch der Ansicht, sie hätten sich großartig um alles gekümmert - in mancher Hinsicht stimmt das auch, sie haben sich um alle möglichen Dinge großartig gekümmert, nur nicht darum, wie es mir dabei geht oder was ich möchte bzw. emotional wirklich brauche. Ich konnte zwar hingehen, wo ich wollte (gottseidank!), aber wehe wehe wehe ich habe gaaanz vorsichtig beim Einkaufen angemerkt, dass ich lieber eine andere Jacke hätte als die, die meine Mutter mir kaufen wollte (nachdem im Übrigen schon zwei Verkäuferinnen gesagt hatten, das steht dem Kind nicht, das sieht zu altbacken aus) - dann war die Hölle los. Höllenfurie Nr. 1 nichts dagegen. In der Öffentlichkeit. Was ich für ein Theater machen würde (bitte, was??) ... Alles nur, weil ich das Verbrechen begangen hatte, vorsichtig, wie es vorsichtiger nicht geht, auf meinen eigenen Geschmack hinzuweisen (und der war jetzt nicht Lederjacke mit Nieten, falls das jemand denkt).

Dergleichen Beispiele gibt es viele - aber man hat sich ja immer soo toll um mich gekümmert. Meine Lehrerin hat sich dann z.B. auch mal anmerken lassen (das war noch in der Grundschule), wie ihr meine Mutter auf die Nerven gegangen sein muss, und sagte dann zu mir den Satz: "Du willst wohl, dass für dich wieder eine Extrawurst gebraten wird".
Ich wollte nie eine Extrawurst, Gott ist mein Zeuge, nie! :guru: Ich wollte lediglich so akzeptiert werden, wie ich war - ich hatte eine Motorikschwäche und konnte nunmal nicht so schnell laufen, oder schreiben, oder einen Ball fangen, trotz Intelligenz. Was kann ich denn dafür??
Beim Essen war ich übrigens nie mäkelig - meine Eltern haben in mancher Hinsicht "helikoptert", aber zu Hause habe ich versucht, unauffällig zu sein nach Möglichkeit.

Es gibt auch narzisstische Eltern, die von ihrem Kind verlangen, dass es in jeder Hinsicht perfekt ist, was immer das in den Augen der Eltern bedeutet. Entweder perfekt oder es wird nicht geliebt. Sowas können Narzissten ohnehin zumindest schlecht - absolute Priorität hat die eigene Großartigkeit und wenn dazu gehört, dass das Kind für die eigene Selbstdarstellung nun verdammt nochmal großartig sein muss, koste es was es wolle, kann man sich vorstellen, was für eine arme Sau dieses Kind ist. In jedem Fall kommt der emotionale Zustand des Kindes über der Gschaftlhuberei (wie man in Bayern sagt) der Eltern zu kurz.

Natürlich gehen solche Eltern und u.U. auch das Kind selber (es lernt's ja daheim nicht besser...) der Umgebung tierisch auf die Eier... Wobei einem am allermeisten das Kind leid tun kann, das ja auf seine Eltern angewiesen ist. Du kannst ja nicht raus und weg, Deine persönlichen Grenzen werden ignoriert, als gäbe es sie nicht, und wenn Du irgendwann sagst, he, meine persönliche Grenze = hier! dann behandeln sie dich, als wärst du der Oberpsycho, weil die das Konzept von persönlichen Grenzen gar nicht begriffen haben. Man kann dann echt froh sein, wenn man's selber begreift und zu einem halbwegs normalen Menschen wird. Auch zu einem der, falls ihm zuviel abgenommen wurde in mancher Hinsicht, später im Leben noch (zuerst etwas ungeschickt, dann mit der Übung zunehmend geschmeidiger) effektiv seine eigenen Angelegenheiten steuert und merkt, dass das ja geht und auch so wie ich es will und nicht so, wie es der Narzi-Psycho zwei Zimmer weiter will, vor dem man ständig Angst hat haben müssen.

Ich glaube, der Hauptsatz meiner Kindheit/Jugend war "Lass(t) mich in Ruhe". Jeden einzelnen Tag bin ich froh (heut noch!), die Übergriffigkeiten los zu sein (auch wenn ich heute noch sorgfältig meine Grenzen wahren muss, gerade derzeit wieder:cautious:). Ach ja - meine Elternschaft hält sich für unglaublich buddhistisch und spirituell....

So, naja, ich glaube, ich wollte einfach ein wenig aus der (ungesunden) Perspektive eines Ex-Kindes mit Eltern mit gewissen Helikopterzügen berichten.

LG
C.Q.
 
Wie vieles andere wird auch er Begriff "Helikopter Eltern" zu oft, zu viel und zu sinnlos verwendet.
Ich hatte voriges Schuljahr ein Mädchen, Erstklässlerin, die zwei Quergassen von der Schule entfernt wohnte.
Es ist eine relativ belebte Gegend.
Es war der Mutter nicht möglich, fix zu sagen an dem und dem Tag hab ich mehr Zeit Nachmittags für mein Kind, so wurde mir ein Schriftstück von ihr ausgehändigt in dem stand, dass das Kind nach Anruf der Mutter ALLEINE Heim gehen darf.
Ich sah darin kein Problem!
Das Mädchen war so stolz auf den Vertrauensvorschuss der Mutter.
Jedes mal packte sie gewissenhaft alles ein,
erklärt mir (jedes mal auf´s neue!), dass sie vor dem Schultor ihr Mobiltelefon, welches sie nur für solche Zwecke hat, aus er Jacke holt und die Mama anruft um bescheid zu sagen, dass sie jetzt los geht!
Mit strahlenden Augen ging sie.

Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen,
dass dieses Vorgehen ein Problem sein könnte -
bis ich nicht das Gerede der anderen Eltern gehört habe!
Die haben sich vielleicht aufgeregt, mein lieber!

Ich hatte auch Eltern, da musste jedes einzelne AU sofort telefonisch gemeldet werden und meist war binnen einigen Minuten jemand da, der das Kind ins Krankenhaus brachte.
Nichts sichtbar, das Kind hat es längst vergessen und spielt oder lernt und die Eltern zerren es zum Arzt.


....
Einer von diesen, ist garkeine Schokolade, jetzt bringe solch einem Kind mal bei, wie man sich verhält wenn es etwas geschenkt bekommt, oftmals ja Schoko von Fremden, Verwandten, ....natürliche reaktion ist wie: ja, bäh,

ein Beispiel

@flimm ich kenn das, war eine gute Gelegenheit dem Kind auch Höflichkeit beizubringen :D
 
Es macht mich fast ein wenig depressiv, wie so eine verzagte Ängstlichkeit durch die Generationen gereicht wird.
Alles richtig machen wollen/müssen, alles kontrollieren können/wollen.
Gleichzeitig ist die Schilderung des stolzen Mädchens wirklich ermutigend.

Erinnere mich, wie meine Mutter mir erst vor kurzem erzählte, daß sie mir auf meinem ersten Schulweg an der neuen Grundschule - nach einem Umzug - heimlich nachging. Zuvor waren wir den Weg zweimal abgelaufen. Es war in der zweiten Klasse, zwanzig Minuten Fußweg, einige Abzweigungen und Kreuzungen, durchaus nicht so einfach auf Anhieb; aber nachdem sie sich einmal vergewissert hatte, vertraute sie mir.
Es war einfach klar, daß nichts passieren würde.
Wo ist dieses Urvertrauen abgeblieben?
 
Es macht mich fast ein wenig depressiv, wie so eine verzagte Ängstlichkeit durch die Generationen gereicht wird.
Alles richtig machen wollen/müssen, alles kontrollieren können/wollen.

Ich bin mir nicht mal sicher,
ob man das als verzagte Ängstlichkeit bezeichnen kann.
Die Kinder werden zu kleinen Egomanen erzogen.



Gleichzeitig ist die Schilderung des stolzen Mädchens wirklich ermutigend.
Ja! Ich fand es erschreckend wie viele (wenn gar nicht alle) andere Eltern darauf reagierten.
Aber auch Kolleginnen!


Ich hab den Schulweg (alleine gehend!) geliebt.
Ging damals täglich an einem Altwarenhandel vorbei.
Ich liebte die Auslagen, diese alten Schätze die dort zu sehen waren.
Die Verkäuferin war eine junge Dame mit braunen Locken und ich hätte meine Freizeit verwettet (Spielzeug brauchte ich keins!),
dass die eine gute Fee war!
Selten, aber doch kam es vor, dass sie in der Tür stand und mich anlächelte wenn ich vorbei ging.
DAS war ein Ritterschlag!! Ich glaube, in diesen Momenten wurde ich zwei Meter groß, diese besondere Fee hat MICH angelächelt!

Die gute Frau durfte nie erfahren, was sie mir mit einem Lächeln gab.


Erinnere mich, wie meine Mutter mir erst vor kurzem erzählte, daß sie mir auf meinem ersten Schulweg an der neuen Grundschule - nach einem Umzug - heimlich nachging. Zuvor waren wir den Weg zweimal abgelaufen. Es war in der zweiten Klasse, zwanzig Minuten Fußweg, einige Abzweigungen und Kreuzungen, durchaus nicht so einfach auf Anhieb; aber nachdem sie sich einmal vergewissert hatte, vertraute sie mir.
Es war einfach klar, daß nichts passieren würde.
Wo ist dieses Urvertrauen abgeblieben?

Montessori ist (leider) kein geschützter Begriff,
demnach ist heute jeder und alles ein "Montessori Fachmensch".
Unlängst habe ich mich über eine solche Fachmutter wundern müssen,
die Dame fragte, wie sie ihrem Kind ohne Ängste im Kind zu schüren, beibringen soll, dass es mit Fremden nicht mitgeht.
Wer in der Gruppe könne ihr die entsprechende Literatur empfehlen.

Tja, deine Mutter hat, wie viele andere auch, das einzig Richtige gemacht.
Sie hat sogar ganz im Sinne von Maria Montessori gehandelt,
sie hat dir (wirklich!!) geholfen, es selbst zu tun!

Das Urvertrauen welches du ansprichst,
vermisse ich immer öfter bei Eltern.
:(
 
Es macht mich fast ein wenig depressiv, wie so eine verzagte Ängstlichkeit durch die Generationen gereicht wird.
Alles richtig machen wollen/müssen, alles kontrollieren können/wollen.
Gleichzeitig ist die Schilderung des stolzen Mädchens wirklich ermutigend.

Erinnere mich, wie meine Mutter mir erst vor kurzem erzählte, daß sie mir auf meinem ersten Schulweg an der neuen Grundschule - nach einem Umzug - heimlich nachging. Zuvor waren wir den Weg zweimal abgelaufen. Es war in der zweiten Klasse, zwanzig Minuten Fußweg, einige Abzweigungen und Kreuzungen, durchaus nicht so einfach auf Anhieb; aber nachdem sie sich einmal vergewissert hatte, vertraute sie mir.
Es war einfach klar, daß nichts passieren würde.
Wo ist dieses Urvertrauen abgeblieben?

Ich vermute, es liegt zu einem guten Teil an den Medien.
Da kriegt man jede Menge schlechte Nachrichten serviert und bekommt einen völlig falschen Eindruck, was die Häufigkeit von Unglücksfällen und Verbrechen betrifft.
Ich empfinde es als eine Gratwanderung für Eltern, zu entscheiden, ob man nun besser beschützt oder besser vertraut und ermutigt.
Und wenn Eltern ängstlich sind und so tun, als hätten sie keine Angst um das Kind, kommt das dann nicht doch beim Kind an und verursacht zusätzlich noch Verwirrung wegen doppelten Botschaften?
Und wenn man darauf vertraut, dass alles gut geht und das Kind sich notfalls selbst helfen kann und es geht schief, was dann?
Soll man dann einfach sagen, ok, Karma halt oder Schicksal? :dontknow:
 
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Es gibt auch narzisstische Eltern, die von ihrem Kind verlangen, dass es in jeder Hinsicht perfekt ist, was immer das in den Augen der Eltern bedeutet.
Entweder perfekt oder es wird nicht geliebt.
Wieviele Kinder hast du (großgezogen)? Kein Mensch ist perfekt, kein Kind und kein Erwachsener.

Ich denke die wenigsten Eltern sind narzisstisch, ich kann mich rückblickend an niemanden erinnern, von dem ich das sagen könnte.

Die gesellschaftlichen Anforderungen haben sich dahin entwickelt, dass Kinder zu funktionieren haben und bequem sein müssen. Egal ob in der Schule, auf dem Spielplatz oder sonstwo.
Wer früher als lebhaft, temperamentvoll, etwas wild und unkontrolliert galt, wird heute mit Pillen ruhig gestellt damit er unauffällig bleibt oder bekommt den Assi-Stempel.

Und warum? Weil heute Kinder nicht mehr Kinder sein dürfen, sondern sich von vorneherein wie Miniaturerwachsene verhalten sollen. Tun sie das nicht, werden sie - und ihre Eltern - ausgegrenzt, abgewertet, dann wird über sie hergezogen und hinterm Rücken schlecht geredet.

Wer will das schon? Alle wollen, möglichst unauffällig, mit dem Strom mitschwimmen, in der Masse untergehen, angenommen sein und sich nicht zum Thema ihres Umfeldes machen.

Das ist eine Gradwanderung, einerseits den Kindern Raum zur freien Entwicklung einzuräumen und andererseits sich möglichst unauffällig in die Masse zu integrieren.

R.
 
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