Tschernobyl

Als die ersten hohen Messwerte in Skandinavien bekannt wurden, wenn ich mich recht erinnere, glaubte man zuerst es wäre eine Havarie in einem sowjetischen atomgetriebenen U-Boot. Aber es wurde auch schnell von amerikanischen Sattelitenphotos und einem Reaktorunfall in der UdSSR gemunkelt. Die offiziellen Meldungen haben allerdings schon lange gebraucht. Wenn ich daran denke das ich den Urlaub im Sommer vor dem Unfall in der Ukraine verbrachte - dort hätte man garantiert überhaupt nichts davon erfahren.

Die Reaktionen der Menschen in meinem Umfeld reichten von völliger Panik bis zur Verharmlosung ("Rußland ist weit weg"). Ich hatte mich zufälligerweise, im Zusammenhang mit Comuterbildschirmen, ein paar Wochen vorher über die verschiedenen Messgrößen informiert und konnte daher, die in den Nachrichten verbreiteten Werte, einigermaßen einschätzen. Aber ich habe doch auch aufgeatmet als die gefährlichsten Wolken vom Wind in südliche Richtung abgetrieben wurden. Aber da die radioaktive Belastung in den meisten Regionen nicht so extrem war, habe ich im folgenden Jahr doch schon einige Portionen Waldpilze gegessen.
 
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Ich war damals 12 Jahre alt und kann mich noch daran erinnern, daß wir eben plötzlich damit aufhörten im Wald Schwammerln und Pilze zu suchen. Mir wurde gesagt, daß ich nicht so viel draußen spielen soll und meine Oma versuchte so gut wie möglich zu kochen:) Ich bekam die Nachrichten schon mit, in der Schule wurde auch viel darüber gesprochen und ich bekam wirklich ein Bewußtsein für die Umwelt. Direkt in Panik oder Angst kam ich nicht, zu sehr schützte mich meine damalige Jugend. Was nur jedoch gerade in diesem Jahr bei mir anfing, war mein Heuschnupfen.
 
Hallo,
ich hatte ein paar Tage vorher einen schlimmen Traum an den ich mich noch heute erinnern kann.
Unter anderem kam darin ein großes weißes Zelt vor in dessen Inneren ein Wasser war in dem Leichen lagen und dessen Wasser blutgefärbt war.
Ob es sich um Tschernobil handelte weiß ich nicht, ich war auf jeden Fall tagelang geschockt.
Am Tag als es passierte regnete es. Der Regen war warm und ich freute mich darüber und ließ ihn mir über das Gesicht laufen.
Wir in Österreich erfuhren kurz darauf vom Reaktorunglück, waren aber über Vorsichtsmaßnahmen überhaupt nicht aufgeklärt und bekamen die Informationen erst nach ein paar Tagen.
Da war ich schon schwer von unserem Bildungssystem enttäuscht und auch zornig.
Wenn man bedenkt wie lange es schon Atomkraftwerke gibt.

MfG
Olga
 
hmm... naja....
jetzt stürzen alle auf mich ein ;)
aber ich will sagen dass es gar nicht mal soooo übel hier in europa war... es war medienkrieg und medienpusch und kaum was anderes..... der regen ja... der kam... und brachte nicht sonderlich viel mit....
ich bin selber weissrusse komme ursprünglich aus minsk und war zu der zeit ca. 150 km von dem reaktor entfernt als es passiert ist....
ähmm... und ich lebe.. NOCH :) *lach
ok meine schilddrüsen waren ziemlich vergrößert ne weile.. aber das hat sich auch relativ schnell wieder eingekriegt....

klar damals wurde es verharmlost-.... ich habe im sandkasten gespielt und uns wurde gesagt ...haja.. die kinder dürfen weiter spielen ihr solltet nur gucken dass sie nicht so viel sand auf der mütze haben-..... :banane:

es gibt einiges an erzählungen.. und was wirklich stimmt naja..,.. werden wir vorerst nicht erfahren.... politik ;) ....
 
hallo bestie,
es ist gut, dass du von dem unfall scheinbar keine folgeschäden davongetragen hast. jedoch finde ich es erstaunlich, wie du die lage verharmlost.

ich habe berichte im fernsehen gesehen von geisterstädten..., es gibt zahlen über die vielen toten und an spätfolgen verstorbenen.
meine schwester hat seit vielen jahren jährlich in den sommerferien ein tschernobyl-kind für 4 wochen erholung bei sich zu hause. und diesen kindern geht es schlecht, obwohl sie JAHRE nach dem unglück geboren wurden! sie sind anämisch, leiden unter kopfschmerzen, übelkeit, schilddrüsenanomalien...

aber das führt schon wieder vom thema weg. sorry.

lieber ellith,
ich finde es große klasse, dass du dich für das interessierst, was passierte, bevor du alt genug warst, um zusammenhänge zu erkennen.
gern möchte ich dir antworten, und ich bin auch gespannt, was andere zu deiner frage sagen.

als ich vom reaktorunfall erfuhr, war ich schwanger im 3. monat und im büro. es durchfuhr mich wie ein blitz. "jetzt ist es also passiert", waren meine ersten gedanken. und: "was wird jetzt aus meinem baby? wie wird unser leben weitergehen, haben wir eine chance?"
es ging mir ganz schrecklich innerlich. das kann vielleicht auch nur jemand nachfühlen, der selbst schon leben geboren hat und um diese inneren gefühle von liebe und verantwortung weiß.
und ich fühlte ich allein mit meinen fragen. außer, dass alle kollegen erschrocken guckten, kam nichts weiter für mich rüber...

dazu kam, dass wir in der DDR erst viel später informiert wurden als alle menschen im westlichen ausland. man hatte uns scheinbar "verschont" mit der nachricht, um einer hysterie vorzubeugen. es konnte und durfte ja nicht sein, dass unser unerschütterliches vorbild russland ein solcher fehler unterlaufen war!
da wir über die medien überhaupt nicht gewarnt wurden - man knallte uns lediglich die nachricht vor - war ich froh, dass ich in der schule im zivilverteidigungsunterricht gelernt hatte, wie man sich bei strahlung zu verhalten hat.
ich habe alles obst und gemüse besonders gut abgewaschen, drauf geachtet, keinen regen auf die haut zu bekommen. pilze als strahlensammler waren mir auch bekannt, so dass ich mehrere jahre keine aß. meine tochter ließ ich längere zeit nicht im sandkasten spielen.

als ich dann später nach niedersachsen zog, lernte ich leute kennen, die zur reaktor-unglückszeit im umweltschutz sehr aktiv waren. sie nahmen damals wöchentlich wasserproben im ganzen landkreis und maßen die strahlenwerte, und es war erschreckend, wie hoch die waren!

letztendlich bin ich froh, dass mein kind unversehrt zur welt kam.
wie sich diese strahlenwolke auf uns alle ausgewirkt hat, ist m.E. nach heute noch immer nicht vollständig absehbar.

ich für meinen teil bin sehr froh, dass inzwischen mit windkraftanlagen energie gewonnen wird und die atom-energiegewinnung nicht mehr länger als das non plus ultra gilt.

liebe grüße von romaschka
 
naja.. diese reaktion hab ich erwartet...
was folgeschäden angeht würde ich nciht mal sagen ob ich welche getragen hab oder nicht...
ich hatte schon gewisse probleme im leben... jetzt bin ich nur erwacht und seh etwas anderes hinter den angeblichen problemen....
und ich kenn die kinder....

und ich sag nicht dass es alles toll ist und tralala... sondern dass man das viel zu viel aufgepuscht hat wie es eigentlich ist... vor allem in deutschland frankreich etc. ..... kaum jemand in weissrußland hat soo eine panik geschoben.... aber das kommt einfach davon dass die menschen in westlicher europa eben nicht wirklich viel schwierigkeiten erlebt haben.. sie kennen es einfach nciht...
ist alles nicht böse gemeint... ist nur eine tatsache denn ich kenn 2 seiten...
 
Nur weil Strahlung unsichtbar ist, kann man nicht so tun, als hätte es sie nicht gegeben!

Bestie, ich wünsche dir weiterhin gute Gesundheit und ein paar Jahre mehr Lebenserfahrung. Dann verstehst du vielleicht, was ich meinte. Vielleicht wirst du einmal selbst Kinder haben und begreifen, was Sorge um seine Lieben ist. Es ist unvergleichlich mehr, wenn man sich nicht nur um sich selbst kümmert...

Und ein wenig globaleres Denken täte auch gut.
Aber vielleicht habt Ihr in Russland damals nichts von Halbwertszeiten lernen können...
Wenn die Menschen dort mehr Wissen gehabt hätten, hätten sie mit Sicherheit auch panischer reagiert. Das Obrigkeitsdenken war ja im Sozialismus antrainiert. Kenne ich aus eigenem Erleben.

Dein nick lässt mich annehmen, dass du dich selbst noch nicht so ganz integriert fühlst...
привет, ромашка - Übersetzung: Gruß von Romaschka = Margerite
 
allo Ellit , Hallo Romanschka
Auch ich war damals im 3 Monat schwanger . Ich erinnere mich ich saß gerade im Dienstzimmer, als im Radio durchgesagt wurde: Schwangere und Kinder sollten das Haus nicht verlassen.
Mich hat fast der Schlag getroffen, als sich erfuhr was passiert war. Wir in Österreich wurden sehr rasch informiert. Bereits wenige Tage später gab es regelmäßig Strahlenwerte der Milch in den Zeitungen . Es wurden dann auch bald Obst und Gemüsewerte bekanntgegeben.
Mit der Milch war es sofort recht schlimm, da es zu der Zeit in Kärnten sehr viel regnete und wir das Pech hatten einen richtigen Schwung radioaktiven Regen abzubekommen.
Es wurde empfohlen die schuhe und Kleidung vor der Türe abzulegen und nur selten zu lüften.

Man empfahl auf Haltbarmilch überzugehen( von vor Tschernobyl ) . Schwangere sollte keine frisch Milch trinken. Die Kühe fraßen ja verseuchtes Gras.
Innerhalb von Tagen waren alle Haltbarmilchbestände aufgekauft.

Etliche Bauern , die ich kenn fühlten sich zu der Zeit besonders schlecht. Die mussten ja genau zu der Zeit umpflügen und stundenlang im Freien arbeiten.

Alter sauberer Kinderspiel sand war übrigens auch bald ausverkauft, da gottseidank die öffentliche Sandkisten alle ausgetauscht wurden. Alle Leute haben ihre privaten Sandkisten auch gewechselt.

Irgendwie war ich froh mein Kind noch im BAuch zu haben . Viele Bekannte hatten tierische Probleme die Kinder im Haus zu halten .
Die verstanden das klarerweise nicht .
Ein Erlebniss hatte ich noch . Arbeitete neben einer nuclearmedizinischen Abteilung . Da ging einer der Angestellten mit dem Geigerzähler über den Rasen . Das rasche TAk tak tak tak hab ich noch im Ohr.

Übrigens Romanschka . Ich hab deine EMail adresse versehentlich gelöscht kannst sie noch mal schicken. DAnke .weiß schon wie man etwas verschickt!

LG Ingrid
 
Romaschka schrieb:
Nur weil Strahlung unsichtbar ist, kann man nicht so tun, als hätte es sie nicht gegeben!

Bestie, ich wünsche dir weiterhin gute Gesundheit und ein paar Jahre mehr Lebenserfahrung. Dann verstehst du vielleicht, was ich meinte. Vielleicht wirst du einmal selbst Kinder haben und begreifen, was Sorge um seine Lieben ist. Es ist unvergleichlich mehr, wenn man sich nicht nur um sich selbst kümmert...

Und ein wenig globaleres Denken täte auch gut.
Aber vielleicht habt Ihr in Russland damals nichts von Halbwertszeiten lernen können...

Dein nick lässt mich annehmen, dass du dich selbst noch nicht so ganz integriert fühlst...
привет, ромашка - Übersetzung: Gruß von Romaschka = Margerite

*lächel.... danke für diese ratschläge... nur brauche ich diese nicht :)
lebenserfahrung sagt nichts aus über einen menschen.... du bist in alte muster verstrickt und ich wünsche dir da rauszukommen :)
wir haben in weissrussland (nicht russland) vieles mitgekriegt ... ;)`

ich hab mehr globales gedanken als manche andere..... ich kenn hier und ich kenn dort...
integriert hab ich mich perfekt.... ich habe nirgedswo probleme....
über mein nick urteilen viele... urteilt euch selbst ... oder versucht weiter zu gucken und urteilt gar nicht ;)
sorge um seine lieben..... ich kenne keine sorgen mehr... tut mir leid für dich...hoffe du kennst bald auch keine mehr :)

siehst du wie eine verletzlichkeit aus dir spricht?
siehst du wie du über mich urteilst? ...wer bist du um es zu tun? *lächel

alles liebe!
 
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Das Thema Tschernobyl ging durch die ganze Presse und durch die Medien, aber nur solang es aktuell war. Die Strahlung existiert heute auch noch, wird durch die Welt getragen. Heute redet keiner mehr davon.

Was ist mit der Strahlung aus den Atommülllagern, von den Abraumkippen, wo Uran oder Plutonium abgebaut wuden, von der übergroßen Radioaktivität (der natürlichen) aus Bergbaugebieten, was ist mit der Radioaktivität, die aus Lecks und Havarien der bestehenden Kraftwerke austritt, was ist mit der von den großen Unfällen wie in Sallafield oder in den USA??? Was ist mit dem Kernkraftwerk Krümmel und seinen Havarien???

All das ist auch zu Zeiten von Tschernobyl geschehen und war, wenn überhaupt, eine kurze Schlagzeile wert. Keine Messungen nicht mal zur Kenntnis genommen. Mit mindestens der selben Gefährlichkeit wie Tschernobyl und viele direkt vor unserer Haustüre.

In der Medienberichterstattung spielte sehr viel der kalte Krieg mit hinein. Aufbauschen wo es nur geht und die eigenen Fehler vertuschen. So wie immer. Und alles auf Kosten der Bevölkerung. Tschernobyl ist nur ein "kleines" Beispiel von unzählig vielen. Das hat aufgeschreckt. Aber nimmt man das andere genau so wahr??? Weiß ich nicht. Ist aber das Wesen des Menschen. Man vergißt all zu leicht die kleineren Dinge und nur das große schreckliche Ereignis bleibt haften. Doch alle haben die selben Auswirkungen - Verstrahlung mit all ihren Folgen.
 
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