Traumreisen in der Gestalttherapie

Was aber bei Menschen tun die von extremen Emotionen überspült werden, die in diesen Momenten zu überfordert sind eine Technik anzuwenden ?
:)
Seid Ihr alles Therapeuten? Also ich bin zwar nur Hobbypsychologe, aber ich gebe trotzdem mal meinen Senf dazu:

Auch ich war oft zu überflutet von Gefühlen oder Gedanken, um mich auf eine Entspannungsübung oder Meditation einzulassen. Ich habe verschiedene Techniken ausprobiert, und mir hilft am besten das Atmen. Am Anfang hat es mir Angst gemacht, weil es irgenwie mit Loslassen zu tun hat. Aber nachdem ich es ein bisschen trainiert hatte, hilft es mir, mehr Distanz zu meinen Gedanken und Gefühlen zu bekommen. Wenn man nur in einem Buch liest, "Du bist nicht Deine Gedanken, Du bist nicht Deine Gefühle", dann ist es nicht dasselbe, als wenn man es am eigenen Leib erfährt.

Ich mache jetzt jeden Morgen 10 Minuten (Handy-Timer!) Atemmediation, egal ob es mir grad gut oder schlecht geht, einfach um meine Fähigkeiten zu verbessern, damit ich im Notfall gutes Handwerkszeug parat habe. Ich setze mich aufrecht hin, schließe die Augen, lege meine Hände flach auf meine Oberschenkel, kreuze nicht die Beine, mache keine Musik an und probiere zunächst aus, ob mir heute das Einatmen oder das Ausatmen schwerer fällt. Je nachdem, was es ist, konzentriere ich mich darauf am meisten. Ist es das Einatmen, dann sage ich mir: "Nimm Dir soviel Luft, wie Du willst, auch gerne mehr als Du zum Leben brauchst. Das ist Dein göttliches Recht." Und ist es das Ausatmen, dann sage ich: "Lass los und vertraue, dass auch nach dem Ausatmen jedes Mal wieder genug Luft zum Einatmen da sein wird."

Es gibt beim Atmen ja 3 Punkte im Körper, wo man den Atem beobachten kann: die Innenseite der Nase, die Kehle und der Bauch. Bei mir funktioniert die Nase am besten, daher konzentriere ich mich auf die Kühle der Luft in meiner Nasen-Innenwand. Sollten Gedanken oder Gefühle kommen, was natürlich alle paar Sekunden passieren muss, begrüße ich sie, gebe ihnen Bezeichnungen, lasse sie kurz da sein, wende mich aber anschließend wieder dem Atem und der Nase zu. So mache ich am Beginn des Tages kurz Bestandsaufnahme, ohne mich verschlingen zu lassen, aber auch ohne etwas zu verdrängen, und merke dabei oft, dass ich immer und immer wieder auf die gleichen "alten Bekannten" treffe.

So baue ich gleichzeitig Distanz zu meinen Gedanken und Gefühlen auf, lerne sie aber auch kennen und nehme ihnen die Bedrohlichkeit bzw. beginne sogar, Sympathie für die zu Empfinden und sie als meine eigenen Schöpfungen in Besitz zu nehmen. So fällt es mir leichter, auch für schwierige Gedanken und Gefühle die Verantwortung zu übernehmen und dadurch aus der Opferrolle rauszukommen und Macht über mein eigenes Leben zu gewinnen.

Diese Technik erspart mir natürlich nicht, trotzdem auch mal ganz gezielt und bewusst in meine Gefühle reinzugehen. Aber das tue ich dann bei anderer Gelegenheit, nicht in dieser Übung, auch wenn es mir manchmal verführerisch erscheint, mich einfach in die Gefühle reinfallen zu lassen. Ich stelle mir dann immer so eine Gondel vor, in der ich stehe und in der ich mit einem Kran in den Dschungel runtergelassen werde. Man muss in der Mitte der Gondel stehen und sich am Geländer festhalten und nur beobachten. Sobald man mit dem Dschungel interagiert oder panisch auf das Beobachtete reagiert, läuft man Gefahr, hineingezogen zu werden. Daher ist bei dieser Übung die Disziplin sehr, sehr wichtig.
 
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Ich mache mit meinem Coach aber keine geführten Meditationen, sondern die "Handlung" ergibt sich aus mir selbst, und er begleitet mich nur dabei.

Letzte Woche hatte ich eine sehr interessante Reise. Er sagte mir, ich solle mich entspannen und zu einem "Ort der Sicherheit" gehen, was auch immer das für mich sei. Ich ging durch einen feuchten Nadelwald bis zu einer Holzhütte, aus deren Fenster warmes Licht flackerte. Ich fror direkt viel weniger und fühlte mich schon in der Nähe der Hütte wohl.

Ich trat also ein und verschaffte mir einen Überblick. Auf der rechten Seite stand ein kleiner hölzerner Esstisch mit 3 Stühlen, links daneben war ein gemütliches Bett. An der Wand gegenüber gab es einen schönen Kamin, das Feuer war an und es hing ein Topf mit leckerem Essen darüber. Links gab es ein breites Hochbett mit einer Leiter.

Unter dem Hochbett gab es einen dunklen Fleck im Raum, in den ich trotz der Beleuchtung durch das Kaminfeuer nicht hineinsehen konnte. Ich stieg die Leiter hoch und wollte mich ins Bett legen. Auf der obersten Stufe angekommen, gelang es mir aber nicht, das Bett zu besteigen. Der dunkle Fleck unter dem Bett hielt mich davon ab.

Ich stieg wieder hinunter und sah mich um. Immer wenn ich zum dunklen Fleck schaute, fühlte ich mich schlecht. Sobald ich in irgendeine andere Richtung schaute, ging es mir schlagartig wieder gut. Trotzdem fühlte ich mich nie 100%ig wohl, denn ich wusste ja, dass dieser Fleck noch da war, und hatte ja eigentlich auch den Wunsch, das Hochbett zu besteigen, den der Fleck aber vereitelte.

Ich tat also das Unvermeidliche und schaute den Fleck an. Ganz, ganz langsam, nach und nach, wurde ein alter Mann sichtbar, der aus schwarzer Asche bestand. Er saß in dieser Ecke und war wütend, dass ich einfach in die Hütte eindrang und seine Ruhe auf solch respektlose Art störte, obwohl er schon viel länger dort war und deshalb die älteren Rechte besaß.

Ich sah meinen Fehler ein und entschuldigte mich bei ihm. Er merkte allerdings immer sofort, wenn ich es nicht ehrlich meinte, sondern Dinge nur tat, um ihn gewogen zu stimmen. Erst als ich meine absolute Unbeholfenheit im Umgang mit ihm einsah, akzeptierte er mich und erlaubte mir, das Hochbett zu benutzen, was ich dann auch tat. In mir machte sich ein wunderbares Gefühl von Ruhe, Frieden und innerer Freude und Zufriedenheit breit.

Als ich wieder vom Bett runterstieg, bekam ich Hunger. Das Essen hing ja über dem Feuer, aber der Asche-Mann war eingeschlafen. Was sollte ich tun? Ich wollte nicht wieder respektlos sein, aber ich hatte ja auch Hunger! Sollte ich mir einfach etwas nehmen? Oder sollte ich ihn aufwecken und um Erlaubnis bitten? Beides fühlte sich schmerzhaft und nicht im Einklang mit dem alten Mann an. Ich entschied mich daher, den Hunger zu ertragen, bis der Mann aufwachen würde. Erneut machte sich Frieden in mir breit. Ich hatte bei meiner ersten Bewährungsprobe, wenn auch nach einigem Überlegen, die richtige Entscheidung getroffen.
 
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