Hallo Schafhirte,
es ist völlig richtig, daß es hier nicht um eine bloße Suche nach Symbolen geht. Ich schreibe hier immer wieder, daß sich der Inhalt der Symbolik aus dem Traumgeschehen ergibt. Zudem findet hier ja die sonst in der Tiefenanalyse anschließende Transformation auf das reale Leben nicht statt. Was wir hier betreiben, ist also nur eine Interpretation des Traumes, die man als Angebot verstehen muß.
Es gibt hier eine Reihe guter Leute, die sicherlich nicht voreilig in die Tasten greifen, sondern sich durchaus mit dem Traumgeschehen ernsthaft auseinandersetzen. Träume spiegeln unbewußte Prozesse wieder, deshalb kann es schon Sinn machen, sich mit diesen Dingen zu beschäftigen selbst wenn man sie nicht immer versteht.
Wer sich zum Klettern in die Berge sehnt, wird sich über einen solchen Traum sicherlich nicht wundern, das wir er erst, wenn sich dieser Wunsch nicht mit dem restlichen Traumgeschehen verbinden läßt. Es ist doch ganz entscheidend, welche Gefühle aus dem Traumgeschehen in Szene gesetzt werden sollen. Theateraufführungen und Filme bedienen sich in der Dramaturgie diesen Gesetzmäßigkeiten. Wenn ein Gefühl der Angst erzeugt werden soll, wird die Szene in eine diffuse Dunkelheit getaucht. Archaische Verhaltensmuster werden damit angesprochen, denn in der Dunkelheit können wir uns nicht auf mögliche Gefahren einstellen.
So ist das auch mit den Bergen, egal wie man zu ihnen steht, so bleiben das Besteigen immer mit Anstrengung verbunden und stellen auch immer ein Ziel dar, das es zu erreichen gilt. Nicht nur in der fernen Vergangenheit dienten sie uns als Landmarken, um uns orientieren oder über in die Ferne blicken zu können. Ich weiß, daß Du das nur als Beispiel angeführt hast, aber auch mit anderen Traumbildern werden bestimmte Gedanken verknüpft. Das hängt mit unserer Struktur des Denkens und des Erinnerns zusammen.
Jede Erinnerung wird mit einem Bild verknüpft, wobei die Komponenten der Erinnerungen, wie bei einem Puzzle zusammengefügt werden: je komplexer also die Erinnerung ist, je opulenter wird auch das Bild ausgestaltet. Bei einer Zitrone erfassen wir zum Beispiel zunächst die ovale Form, dann die gelbe Farbe, die Struktur der Oberfläche und letztlich auch die Botschaft den Speichelfluß im Mund zu aktivieren, damit die Zitronensäure neutralisiert werden kann. Die Farbe ist deshalb so wichtig, weil wir damit den Gegenstand auf genießbar oder ungenießbar einordnen können.
Dieses Puzzel- oder Symboldenken wird auch in unsere Sprache deutlich, die aus verschiedenen Lauten zu einem Wort und durch die Zusammenfügung zu einem Satz zu einem komplexen Gedanken führt. Ohne diese bildhafte Verarbeitung wäre es uns nicht möglich aus den einzelnen Schriftsymbolen ein Wort oder gar einen abstrakten Gedanken entstehen zu lassen. Die Fähigkeit Schreiben und Lesen zu können hat einen großen Einfluß auf unser Erinnerungsvermögen. So ist das auch mit der Interpretation der Träume, in dem für unsere Ratio auch die einzelnen Komponenten zu einem abstrakten Gedanken zusammengefügt werden.
Eventuell magst Du ja mit diesem Hintergrund Deinen Vorwurf von einer vorschnellen Deutung nochmals überdenken
Merlin