Tod im beruflichem Alltag

Hallo BB,

du hast bereits schöne Antworten erhalten zu denen ich zwei Dinge beitragen möchte: Erstens als Buchtipp die Werke von Elisabeth Kübler-Ross, die ebenfalls sehr viel mit Sterbenden gearbeitet hat und in deren Worten du dich bestimmt sehr stark wieder finden wirst.

Als Zweites möchte ich AnimaMea und auch dir in einem Punkt widersprechen und quasi mit deinen Kollegen ein Stück weit überhalten. Der Punkt den dabei meine ist der, das du das Sterben zu sehr in dein Leben hinein lässt im Sinne von "Mit-Leiden" und übermäßiger emotionaler Beteiligung. Es geht um den Selbstschutz den du unbedingt aufbauen musst! Du MUSST für dich eine Grenze ziehen zwischen dem einfühlsamen Umgang mit den Leuten und deiner geistigen Gesundheit. Oder mit anderen Worten wird dich dieser Job umbringen wenn du dein Inneres nicht zu schützen beginnst.

Dir muss klar sein das du da eine echte Leistung vollbringst an der viele andere scheitern. Damit du das schaffst und nicht daran zerbrichst musst du einen Weg für dich finden damit umzugehen. Dabei hast du die Wahl abgestumpft zu werden wie deine Kollegen und viele andere Menschen in diesem Beruf, den medizinischen Bereich entnervt völlig zu verlassen oder deine persönliche Balance zwischen Anteil nehmen und Selbstschutz zu finden und damit richtig gut in deinem Job zu werden.

Sorry das ich dir keine besseren Zeilen schreiben kann. Aber ich finde das du dich dieser Wahl bewusst sein und dich dem aktiv stellen solltest. Darum schreibe ich dir dies so offen wie es ist und drücke dir die Daumen das du den für dich richtigen Weg findest. :umarmen:

LG
Trekker

:morgen:




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Hallo Trekker,
ich möchte dir vollkommen Recht geben,mit dem,was Du ja auch mit geschrieben hast!
Ich denke,ich sollte da nochmal drüber nachdenken und wirklich versuchen,diese Grenze zu ziehen!Ich weiß zwar nicht,wie ich das tun soll:confused:...aber vielleicht nehme ich mir sonst die Möglichkeit,etwas zu leisten,wo ich wirklich gut drinn bin!:kiss4:

Liebe Grüße und danke nochmal!
AnimaMea
 
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Ich danke euch für eure Antworten und werde versuchen eure Perspektiven zu berrücksichtigen um meinen Weg der Bewältigung zu finden. Es geht vermutlich wie in vielen Dingen um die Balance...wie Trekker auch schön gesagt hat: nicht mit zu leiden aber Mitgefühl zu haben.

BB NE
 
Ich danke euch für eure Antworten und werde versuchen eure Perspektiven zu berrücksichtigen um meinen Weg der Bewältigung zu finden. Es geht vermutlich wie in vielen Dingen um die Balance...wie Trekker auch schön gesagt hat: nicht mit zu leiden aber Mitgefühl zu haben.

BB NE

das ist es,mitfühlen aber lernen nicht mitzuleiden.
ganz wichtig:)
 
Hi AnimaMea :)

ich sollte da nochmal drüber nachdenken und wirklich versuchen,diese Grenze zu ziehen!Ich weiß zwar nicht,wie ich das tun soll:confused:...aber vielleicht nehme ich mir sonst die Möglichkeit,etwas zu leisten,wo ich wirklich gut drinn bin!:kiss4:
Du wirst die Lösung nicht sofort und auf Anhieb finden, das zeigt die Erfahrung. Jeder Mensch ist anders und genauso ist der Umgang mit diesem Thema bei jedem anders. Die Antwort wird ein Entwicklungsprozess sein und keine "starre Entscheidung".

Mache alle Schotten dicht und grenze dich total ab, dann bist auf der sicheren Seite. Mit diesem Gefühl der Sicherheit öffnest du dich ganz langsam über mehrere Tage und tastest dich langsam an deine persönliche Grenze heran. Das ist Schwerstarbeit, denke also nicht das es easy sei. :) Wenn du denkst du hast deine Grenze gefunden teste dich jeden Tag bewusst selber bis daraus eine Gewohnheit wird. Schnell wird es dir in Fleisch und Blut übergehen. Was zuerst total anstrengend ist wird schnell eine leichte Übung und dann ein Automatismus wie Radfahren.

Aber es lohnt sich. Denn der Unterschied von schlichten Pflegepersonal zu einem echten und richtig gutem Begleiter ist das erkennen der eigenen Grenzen. Dieser Prozess des Selbsttests wird dir dann dein Leben lang folgen und gute Dienste leisten. Er wird dich befähigen richtig gute Arbeit zu leisten oder zu erkennen lassen das diese Arbeit nichts für dich ist - beide Antworten bringen dich voran! :umarmen:

Das ist in kurzen Worten der Weg den du gehen solltest, auch um deinetwillen! Nur ist das schnell geschwätzt und schwer umgesetzt. Aber wie jede Entwicklung und jeder Mensch verschieden ist, so musst du deinen Zugang dazu selber finden, ich kann dir da nur eine Richtung zeigen. Der Alltag und dein Gefühl dabei wird dir den Weg weisen. Und habe auch den Mut zu scheitern und zu erkennen das dies nichts für dich ist. Auch diese Möglichkeit besteht. Die unbequeme Wahrheit ist ja das du selber und anderen schadest wenn du einen Job machst der dir nicht entspricht. Solltest du das für dich erkennen habe den Mut zu gehen. Etwas gegen deine Natur zu machen würde dich nur aufhalten.

LG
Trekker

:kiss4:




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Es wurde schon hilfreiches geschrieben. Ich möchte dennoch auch noch einen Teil beitragen.

Als ich vor Jahren in einem Altenheim gearbeitet habe, wurde ich natürlich (im doppelten Wortsinn) mit dem Tod konfrontiert. Eine Frau habe ich über Stunden beim Sterben begleitet. Sie hat gekämpft, und als sie aufhörte zu kämpfen (ein bißchen, hoffe ich, auch wegen meiner Worte und meinem Händchenhalten), wurde sie ganz ruhig und 'schlief ein'.

Es war für mich eine sehr, sehr tröstliche Erfahrung und hat mir geholfen, meine eigene Angst vor dem Sterben zu bewältigen. Ich bin der Frau, die ich begleiten durfte, regelrecht dankbar dafür.

Und noch was: Die Zustände in dem Heim waren zwar insgesamt katastrophal. Aber wenn wir wußten, dass jemand stirbt, war ganz klar, dass eine von uns dabei bleibt. Niemand sollte allein sterben. Und die Kolleginnen haben danach die Sterbebegleiterin entlastet, für eine Weile ihre Arbeit übernommen. Das war schön.
 
Ich glaube es ist auf meiner Station ein bisschen schwer für den Anfang der Ausbildung weil fast täglich ein Patient verstirbt.
Ich merke dass es mir mittlerweile schon leichter fällt damit um zu gehen, ich finde aber dass sie Schüler darauf vorbereiten sollten. Ich weiß nicht ob dass in den traditionellen Gesundheits und Krankenpflegerschulen im Rahmen von Pathalogie so gemacht wird?..ich werde in meiner Praktikumsreflexion mich an meinen Lehrer wenden und vorschlagen auch näher gerade auf den Umgang mit Krankheit und Tod einzugehen.
 
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hallo namensindrauch,

nein, Namen sind kein Rauch. Der Name des Patienten ist das, was man erinnert. Der Name ist auch Zeichen von Wertschätzung.
Guten Abend!

Ich möchte euch um einen Rat bitten
Der Hintergrund ist jener...
Ich habe vor einem Monat mein erstes Praktikum im Krankenhaus begonnen (Pflegeperson). Die Patienten meiner Station sind größtenteils multimorbid und befinden sich mitten im Sterbeprozess.

Ich respektiere das Leben und den Tod als Teilaspekt, doch ich schaffe es nicht mich abzugrenzen.
Anfangs habe ich versucht mich in dem Sinn abzugrenzen, dass ich ausgeblendet habe dass ein Mensch vor mir liegt. Ich habe keine andere Möglichkeit gesehen, mit dem Sterben "klar" zu kommen.
So grenzt man sich vom Menschen ab, den man pflegen will. Man will ja pflegen, um mit Menschen in Kontakt zu kommen. Dafür muß man eher Grenzen wegnehmen als welche aufbauen.

Letzte Woche habe ich einen schwer kranken bettlägerigenPatienten gewaschen. Unsere Blicke haben sich gekreuzt und mir ist schlagartig ins Bewusstsein gerufen worden, dass ein Mensch vor mir liegt.. ein Mensch! Ich kann dieses Gefühl nicht beschreiben. Der Blick seiner Augen hat mich den ganzen Abend verfolgt. Zwei Tage später ist dieser Mensch verstorben.
Es war ein sehr schmerzhafter Tod.
Vielleicht bist Du sehr schüchtern, ich kenne Dich ja nicht. Folgender Tip: wenn du in ein Zimmer kommst, dann geh als erstes zum Patienten, guck ihm in die Augen, gib ihm die Hand und frage ihn, wie es ihm geht. Mit etwas Übung wird das dann später so, daß man zu einem Menschen in sein Zimmer geht, sich mit ihm während der Pflege über alles Mögliche unterhält (oder auch mit ihm singt, betet, schweigt - was ansteht) und dann geht man wieder heraus. Vorher verabschiedet man sich, fragt, ob die Pflegemaßnahme dem Patienten gut getan hat und ob er zufrieden ist. Man vergewissert sich, daß es ihm so gut geht, wie es im Moment in seinem Leben möglich ist. Dann kann man auch selber zufrieden sein, denn mehr kann man nicht erreichen.

Ich habe das Gefühl vermittelt bekommen, dass man als Pflegeperson nicht trauern darf; " Das musst du in diesem Beruf aushalten können."
Das Gegenteil ist der Fall. Sei mir nicht böse, wenn ich sage, daß leider viele Menschen im Unterricht nicht aufpassen, wenn sie in ihrer Ausbildung da gelangweilt sitzen. Offentsichtlich ist das der Fall bei denen, die Dir gesagt haben, Du müßtest irgendetwas aushalten.

Was Du vermutlich erlebst ist die Katastrophe des europäischen Krankenhaussystems, so wie es in Deutschland zum Beispiel ist. Dort ist Sterben in das Krankenhaus "verbannt", das Thema Tod ist zwar vielleicht nicht mehr tabu, aber es ist pflegerisch total unterentwickelt. Warum hat denn z.B. Dein oben erwähnter Patient Schmerzen gehabt? Das ist doch heute gar nicht mehr notwendig, weil es hervorragende Medikamente gibt. Vermutlich ist die medizinische Versorgung dort, wo Du da bist, nicht so gut?

Natürlich muss ich es aushalten können. Ich versuche mir zu denken "Wir haben den Patienten Zeit geschenkt" oder "das ist Teil des Lebens" aber trotzdem fällt es mir schwer nicht zu trauern.
Weißt Du überhaupt, wie man trauert? Was zum Trauern dazu gehört etc.? Google doch mal das Wort "Trauerprozeß".
Trauern ist eben ein sehr komplexer Vorgang. Die Aufgabe der Pflegekraft ist ja nicht das Trauern selber, sondern die Begleitung bei der Trauer.

Weißt Du, Du hast ja folgendes Problem: Du bist ein Mensch, der einen Menschen pflegen will. Das ist ja paradox. Ein Auto kann kein Auto pflegen und ein Pferd kann kein Pferd pflegen. Also wenigstens nur eingeschränkt. Aber der Mensch, was will der? Der will den Menschen pflegen. Und daher muß er wissen, daß er beim Menschen nicht viel mehr pflegen kann als ein Pferd bei einem Pferd. "Helfen" ist von außen eben immer nur sehr eingeschränkt möglich. Und Helfen gelingt abgesehen davon nur mit der sogenannten "professionellen Distanz". Hat man die nicht, dann nennt man es Liebe und Liebe sollte man mit Hilfe nicht verwechseln. Sonst opfert man sich nämlich auf, ne.

Man hat immer wieder Patienten, bei denen man trauert, weißt Du. Das ist so. Aber man wird immer besser darin. Wichtig ist erst mal zu wissen, wie es geht und dann in sich selber dieses Wissen nachzuvollziehen am Einzelfall.

Und die zeit zu trauern hat man während des Arbeiten nichts, es wirkt auf mich so absurd, dass man nach der Totenwaschung in ein anderes Patientenzimmer geht und lächelnd fragt "Kann ich ihnen vielleicht noch etwas zum trinken bringen?"
Ja, das ist aber überhaupt nicht absurd, sondern das ist eben die "Profession", der medizinische Beruf. Da wird das ganz einfach vom Menschen verlangt: jetzt Leid und gleich Lächeln. Wichtig ist zu wissen, daß man selber nicht der Kranke ist und daß man eine Dienstleistung erbringt. Das ist mit "professioneller Distanz" gemeint. Wenn man innendrin Distanz behält zu dem, was im Dienst geschieht, dann wird man auch nicht hektisch und bemerkt, daß man sich mal eben 5 Minuten hinsetzen muß um zu trauern über das, was man da gerade beim Patienten gesehen und erlebt und gefühlt hat. Und dann arbeitet man aber weiter, weil das ist der Job. Abends denkt man dann nochmal darüber nach, zündet ein Kerzchen an und das reicht tatsächlich. Mehr muß man nicht mitfühlen. Das lernt sich.... Lache mit den Patienten, lache sie an, sei freundlich, dann hast Du die halbe Miete.

Ich spüre wie ein Teil Menschlichkeit an mir abstirbt.. und ich zweifle ob dieser Beruf der Richtige für mich ist. Ich nehme die Geschichten der Patienten mit nach Hause und beginne an meinem eigenen Leben abzubauen.
Was Dir halt eben noch fehlt ist die professionelle Distanz. Sieh den Menschen als System. Habt Ihr schon Pflegetheorien durchgenommen? Da ist erklärt, wie die Pflegekraft mit dem Patienten und der Umwelt ein System bildet und wie die Pflegekraft welche Informationen erfaßt, um den Patienten zu diagnostizieren. Objektiv-sachlich. Wenn man das tut, dann braucht man das Gefühl nicht so sehr, um zu erfahren, was der Patient ist. Weißt Du, Pflege ist ein medizinischer Beruf, und da mußt Du mit Deinem Bewußtsein erst mal hinkommen. Jetzt bist Du momentan im Gefühl unterwegs, hängst in Deinen inneren Gedanken, die sich mit Deinem Leben beschäftigen. In einem medizinischen Beruf mußt Du davon leer werden - über die Jahre. Dann hast Du innendrin Raum, um die Probleme der Patienten zu erkennen. Und durch die Fülle der Patienten und Beobachtungen, die Du dann nach sagen wir 10 Jahren gemacht hast, entwickelt sich dann die sogenannte pflegerische Intuition. Die hilft Dir dann, eine gute Pflegekraft zu werden. Man braucht viele Jahre dafür, laß Dir Zeit. Und: es ist ein harter Beruf, der äußerst schlecht bezahlt wird. Überlege also ruhig noch einmal, ob Du dir das zumuten möchtest. Ohne Zweifel ist es aber auch der schönste Beruf, den es gibt. Neben Pilot und Feuerwehrmann. :D

Ich versuche ein "alleine sein" zu vermeiden, obwohl mir das noch vor dem Beginn meiner Ausbildung sehr wichtig war.
Warum ist es Dir jetzt lieber, mit anderen zusammen zu sein?

Hoffe ich konnte helfen. :umarmen:

P.s.: Ja Du, das ist unglaublich traurig, wenn jemand stirbt. Aber man gewöhnt sich dran, wirklich. Man verdrängt es auch eine Weile - es sei denn am Arbeitsplatz gibt es Supervision oder so etwas, damit man über das sprechen kann, was einen bei der Arbeit belastet. Pflegekräfte sind aber meist noch gar nicht so weit, daß sie das könnten - sie meinen, den starken Mann/die starke Frau markieren zu müssen, die das schon alles schafft und wegstecken kann. Werd bloß nicht so...

Ich frage nicht gerne "Was soll ich tun" denn was ich tun muss, muss ich selber tun ;)
Aber ich bitte euch um einen Ratschlag wie ich mit meiner eigenen Balance wieder in ein Gleichgewicht kommen kann, dass es mir ermöglicht Patienten freundlich zu fragen "..noch einen Tee?" um nicht zu versteinern.

Ich wünsche euch das Beste.
BB
 
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