Kennst du die Ansätze von Klinghardt?
Ja, leider. Mit seinem Schwermetallblabla habe ich mich eine Zeit lang beschäftigt.
Wurdest du danach behandelt?
Nein. Ich muss aber auch nicht von einem Hausdach springen, nur um mich persönlich davon zu überzeugen, dass das eine Schnapsidee ist.
Erzähl mal, was falsch daran ist. Würde mich interessieren.
Es sind mehrere Punkte und es wird eine längere Ausführung.
Zum Einen ist es die gleichzeitige Angst- u. Geschäftemacherei, die ich so perfide wie abstoßend finde.
Kleiner Exkurs:
M.E. agierst Du hier leider ähnlich. Du empfiehlst Alternativen (im konkreten Fall Dr. Klinghardt) zur Schulmedizin (der Du vorher natürlich die Kompetenz absprichst), die Du gleichzeitig auch selber anbietest. Eigentlich sollte Dein Beitrag unter Angebote stehen.
Zum Anderen basiert diese Angstmacherei auf völlig unbelegten Behauptungen, die von Dr. K. geschickt in ein bisschen Wahrheit – z.B. dass Schwermetalle u. U.schädlich sein können – einpackt. Dabei wechselt er ständig zwischen Begriffen wie Schwermetallvergiftung und Belastung (selbstverständlich ohne darauf einzugehen, dass eine Vergiftung etwas völlig anderes ist, als eine vermeintliche Belastung).
Dass es keinen Beleg für die Schwermetall entgiftende Wirkung von Chlorella gibt, ficht Dr. Klinghardt nicht weiter an, er behauptet es trotzdem fröhlich weiter. Ebenso für die von ihm behaupteten Zusammenhänge zu ernsthaften chronischen Erkrankungen, Autismus, Demenz, Alzheimer….
http://www.ink.ag/fuer-patientinnen/infos-fuer-patientinnen/amalgam/index.html
Diese Ablagerungen (Quecksilber aus Amalgam; Anm.) sind giftig und können zu chronischen Krankheiten führen, z.B.:
·
Rheuma
·
Gefässerkrankungen
·
Nierenerkrankung
·
Nervenerkrankungen (MS, Parkinson usw.)
·
Magen-, Darmerkrankungen
·
Gehirnerkrankungen (Demenz, Alzheimer)
·
Abwehrschwäche
·
und andere
Wollen Sie sich vor diesen Gefahren schützen?
Dann sollten Sie sich Ihre Amalgamfüllungen entfernen lassen, und Ihren Körper entgiften!
Was können Sie tun?
Ein Entgiftungsprogramm sollte immer von einem erfahrenen Klinghardt-TherapeutInnen begleitet werden, der die für Sie notwendige individuelle Dosierung der Mittel kinesiologisch austestet. Therapeuten nach Dr. Klinghardt finden Sie in der TherapeutInnenliste.
Praktischerweise bietet er die Seminare und Ausbildungsgänge und zusätzlich die Arbeitmaterialien selber an. Mit horrenden Preisen, versteht sich.
Ebenso „flexibel“ ist sein Umgang mit Quellenangaben und Daten.
Eine kleine Anekdote aus einem seiner Vorträge (
http://www.power-for-life.com/Schwermetall-Ausleitung/vortrag2.html):
„Es gab eine Studie, vor ein paar Jahren, eine epidemiologische Studie, wo Skelette untersucht wurden von Leuten, die vor 4-5 hundert Jahren gestorben sind. Man hat eine Zeitperiode genommen von 100 Jahren, und hat Skelette genommen von den letzten 10 Jahren, die Studie war etwa 1997, und hat festgestellt, daß der Bleigehalt in unseren Knochen 500 - 1.000 mal so hoch ist, wie er vor 400 Jahren war. 500 - 1.000 mal!“
Für ein bisschen Angstmacherei und zur Untermalung der eigenen abstrusen Thesen, kann man schon mal ein paar Details auslassen…
https://books.google.de/books?hl=de&lr=&id=1EPzBgAAQBAJ&oi=fnd&pg=PA56&dq=untersuchung+skelette+menschen+blei&ots=1Wug-RvLon&sig=eak2JZVsfF-Jnu33ATY-506zuBQ#v=onepage&q=untersuchung skelette menschen blei&f=false
Die Belastung mit Schwermetallen unterliegt starken regionalen Schwankungen. So gab z.B. 800 Jahre alte, mittelalterliche Skelettproben aus belasteten Bergbauregionen (Bayern), deren Bleibelastung auch aus heutiger Sicht bedenklich hoch (mit zu vermutenden Gesundheitsschäden) ist.
Eine der frühesten nachgewiesenen Bleivergiftungen in großem Maßstab ist über 2000 Jahre her und stammt übrigens von Skeletten aus dem Rom der Kaiserzeit.
Die Schwermetallbelastungen sind in unterschiedlichem Ausmaß gestiegen und unterliegen starken regionalen Schwankungen, mit höheren Einträgen in der industrialisierten Welt (abgesehen von den ArbeiterInnen in der "Dritten Welt", die das Zeug und andere Metalle aus dem Boden schürften
https://edoc.ub.uni-muenchen.de/11275/1/Lettmeier_Beate.pdf) - das ist durchaus keine einfache lineare Entwicklung á la "früher war alles besser".
Eine weitere Behauptung von Dr. K.:
„
Es ist statistisch gesichert, daß die neurologischen Erkrankungen massiv zunehmen.“
http://de.statista.com/statistik/daten/studie/180618/umfrage/anzahl-neurologischer-erkrankungen/
Hier eine europäische Statistik zur Entwicklung der neurologischen Erkrankungen
Über mögliche demographische Ursachen bzw. die höheren Fallzahlen durch bessere und intensivere Behandlungen verliert Dr. K. kein Wort…
http://www.bvdn.de/images/PDFs/1309_PM_BDN_Endversion.pdf
„Wir können neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Parkinson und viele andere immer besser behandeln. Außerdem leben immer mehr alte Menschen in Deutschland, die einen Schlaganfall, eine Demenz oder eine andere neurologische Krankheit erleiden.
http://www.aerzteblatt.de/nachricht...logischen-Abteilungen-um-67-Prozent-gestiegen
Die Fallzahl ist die komplette Anzahl aller abgerechneten vertragsärztlichen Behandlungen innerhalb eines Abrechnungsquartals.
"Blei kommt aus der Zeit, als das Benzin noch verbleit war. Auch Ölfarben waren verbleit und auch die Latexfarben. Heute ist es gesetzlich geregelt, daß man versucht, es zu minimieren und hat jetzt folgendes gemacht: im Benzin hat man das Blei rausgenommen und hat stattdessen, um das Klopfen im Motor zu verhindern, eine Reihe von Chemikalien zugesetzt, die hochgradig karzinogen sind. D.h. man hat den Teufel mit dem Belzebub ausgetrieben. Man ist also von einem Neurotoxin auf ein Karzinogen umgestiegen."
Dass Jahrhunderte lang das Trinkwasser in Bleirohren floss, Trinkgläser und Geschirr mit bleihaltigen Überzügen versehen waren usw. wird geschickt unerwähnt gelassen (auch das läßt sich an Skelettuntersuchungen feststellen).
"Das läßt sich auch gut darstellen. In den USA gibt es nämlich eine schöne Kurve, wo man sieht, wie die Krebshäufigkeit dramatisch angestiegen ist, als das Blei aus dem Benzin herausgenommen worden ist."
http://seer.cancer.gov/archive/csr/1975_2005/results_merged/topic_delaygraphs_overview.pdf
Die USA begann bereits 1976 mit bleifreiem Treibstoff (ab 1986 war er gänzlich verboten) und schon 1978 zeigten Reihenuntersuchungen einen um über 70 % gesunken Bleigehalt bei den untersuchten Personen.
Die Häufigkeit der Krebserkrankungen zeigt praktisch keine Korrelation zur Bleifrei-Politik der USA (je nach Krebsart läuft die Inzidenz/ Prävalenzentwicklung unterschiedlich) und eine Kausalität ist ohnehin nicht so einfach ableitbar. Die Gesamtmortalität ist gesunken. (
http://de.statista.com/statistik/da...icklung-der-krebsmortalitaetsrate-in-den-usa/).
Auch über die aktuelle Entwicklung in Deutschland verliert er kein Wort, was vor allem bzgl. der Quecksilberbelastung erstaunlich ist.
http://www.umweltbundesamt.de/sites.../dokumente/tabelle-ref-werte-metalle_2011.pdf
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3257.pdf
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/2104.pdf
Über Grenz- od. Referenzwerte (z.B. HBM1, HBM2, BAT), auf die er möglicherweise Bezug nähme, bzw. mögliche Einflussfaktoren, schweigt sich Dr. K bedeutungsvoll aus… Also viele Behauptungen und Geschwurbel ohne Belege...
Und dass ist in meinen Augen in Summe unlautere Angst- u. Geschäftemacherei. Von den horrenden Kosten, die den potentiellen KundInnen durch diese sinnfreie, aber teure „Entgiftung“ entstehen und den möglichen negativen Auswirkungen für tatsächlich Kranke, ganz zu schweigen.