Mit dem Alter kam bei mir die Erkenntnis, wie komplex die Zusammenhänge sind bzw. sein können, so dass es sowas wie die "ideale Lösung" für die Probleme unserer Zeit - Lösungen ohne jeglichen Nachteil - nur sehr selten gibt. So bin ich in meinen Ansichten auch durchaus "gemäßigter" geworden, als ich es z.B. vor zehn oder zwanzig Jahren war.
Mit extremen Positionen macht man sich nicht unbedingt Freunde, und es kann sehr anstrengend sein, sie zu vertreten bzw. vollständig zu leben. Aber... macht sie das falsch? Nicht unbedingt.
Nehmen wir das Beispiel Klimaschutz. Welchen Sinn hätte "gemäßigter Klimaschutz", wenn damit nicht wirklich der Klimawandel in einem erträglichen Maß eingedämmt werden würde? U.U. sind hier wirklich "radikale" Schritte vonnöten. Dass diese radikalen Schritte zu Lasten von Wirtschaft, Arbeitsplätzen etc. gehen können, ist der Nachteil dabei. Was ist wichtiger? Wie sähe die "Mitte" aus?
Ja, man muss am Ende immer verhandeln und Kompromisse schließen. Ich gehe zum Beispiel nicht davon aus, dass auch nur irgendwas am Christentum korrekt ist, aber es bringt zumindest auch Leute zusammen in Gottesdiensten und gibt Leuten Hoffnung. Umgekehrt wird es natürlich auch ein Problem, wenn man zum Beispiel damit anfängt Kreationismus in Schulen zu unterrichten.
Der Klimawandel ist aber auch ein gutes Beispiel für mich. Ich gehe davon aus, dass unsere Aktivitäten zu einer Erwärmung beitragen oder im Moment sogar allein verantwortlich sind (bedeutet aber nicht, dass die Erde nicht sowieso natürlichen Temperaturschwankungen ausgesetzt ist). Allerdings ist es in Bezug auf die Erdgeschichte betrachtet gar nicht besonders warm, selbst in jüngster Vergangenheit war es eventuell wärmer (siehe Grönland = Grünland, jetzt aber praktisch nur Eis). Wenn Eis an den Polen ist nennt man das übrigens Eiszeit, auch wenn es wärmer ist als in der "richtigen" Eiszeit, die wir vor mehr als 10000 Jahren hatten. Zudem ist CO2 Nahrung für Pflanzen und man könnte ebenfalls große Landflächen im Norden landwirtschaftlich nutzbar machen. Natürlich sind schnelle Temperaturänderungen wie alle schnellen Änderungen ökologisch disruptiv. Das waren aber auch die Änderungen von Eiszeit zu Warmzeit zuvor und nein, die Megafauna hatte das auch immer überlebt, bis wir die meisten Großtiere wie Mammuts ausgerottet haben. Ein Anstieg des Meeresspiegels wäre für bestimmte Regionen natürlich ein Problem und vom Klimawandel abgesehen sind fossile Brennstoffe auch einfach begrenzt.
Insofern denke ich tatsächlich auch, dass es Sinn macht alternative Energien zu subventionieren und Maßnahmen zu treffen um den CO2 Ausstoß zumindest nicht noch weiter ansteigen zu lassen. Trotz positiver Effekte auf Pflanzenwachstum und damit negativer Rückkopplung (was gut ist) durch Bindung in organischem Material, sind die Änderungen in der Atmosphäre da schon signifikant. Im Effekt erwärmt sich die Erde dann nicht zu schnell, und wir profitieren weiter von besseren Erträgen bei leicht ansteigenden Temperaturen, was alles möglicherweise positiv ist, wenn es im Rahmen bleibt. Und man hat Alternativen, wenn uns irgendwann die fossilen Rohstoffe ausgehen. Die Zivilisation hat aber einen bestimmten Energiebedarf, und da ich keinen Grund sehe für apokalyptische Hysterie, kann man keine Verrücktheiten befürworten. Die industrielle Revolution hat unser Leben letztlich massiv verbessert.
Das ist die moderate Position jedenfalls.
Im Endeffekt wird man aber auf sehr lange Sicht sowieso zu globalem Geoengineering übergehen müssen, weil man bestimmt nicht wieder eine Eiszeit haben will.
Ich sehe jedenfalls gerade nicht (da war ich auch mal extremer, kann man hier auch noch nachlesen im Forum), dass der Klimawandel nach extremen Positionen (so oder so) schreit.
LG PsiSnake