Streber - wie ehrgeizige Schüler ausgebremst werden

Achilleus

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Streber - wie ehrgeizige Schüler ausgebremst werden

Nickelbrille, den Zeigefinger stets in die Luft reckend, manchmal gar schnipsend. Hatten Sie auch so einen Mitschüler oder erkennen Sie sich gar selbst in dieser Beschreibung? Kinder, die sich mit Erfolg um gute Schulleistungen bemühen, erfreuen Mama und Papa, Oma und Opa, Onkel und Tanten. Soziale Anerkennung seitens Gleichaltriger bleibt ihnen jedoch verwehrt. Schwächere Schüler neiden ihnen die Noten, bezeichnen sie als "Streber" oder gar "Schleimer". Sehnsüchtig warten diese Missgünstlinge auf den Moment der Rache. Meist kommt der in der Sportstunde, wenn der geistig aktive aber körperlich eher ungeschickte Außenseiter in keine Mannschaft gewählt wird, alleine auf der Bank zurückbleibt und "den Ersatzspieler macht".

Faulsein gilt in deutschen wie auch in schweizer Schulen als cool – fleißige Schüler werden drangsaliert. Dass das nicht überall so ist, hat Prof. Dr. Klaus Boehnke von der International University Bremen erfahren. In den USA und Kanada werden strebsame Menschen "nerds" (auch: nurds) genannt. Jedoch wird "nerd" - im Gegensatz zu "Streber" – nicht als Schimpfwort gebraucht. Im Gegenteil: meist schwingt hier eine gehörige Portion Bewunderung für den kleinen Experten mit. Hier zu Lande droht ehrgeizigen Kindern hingegen ein Spießrutenlauf. Und das insbesondere dann, wenn der Schulerfolg Ergebnis intensiven Lernens ist und nicht einer "natürlichen Begabung" zugeschrieben wird. Hierin sieht Boehnke eine Erklärung für das schlechte Abschneiden deutscher Schüler in der PISA-Studie: Weil sie heute nicht ausgegrenzt werden wollen, nehmen unsere Kinder schlechtere Noten in Kauf, die ihnen morgen schaden. Mehr...


Wie denkt ihr über Fleiss und Ehrgeiz? Wieso werden in der heutigen modernen westlichen Welt streberhafte Menschen unter den Teppich gekehrt und schulisch talentierte Leute bewundert, obwohl sie eigentlich nichts für ihren Erfolg tun?

Im asiatischen Raum hat es den höheren sozialen Status, ein Streber zu sein. (Pisa lässt grüssen) In Kanada fragte ich eine japanische Studentin auf ihren Dioptrinkorrekturwert ihrer Augen, weil sie ziemlich dicke Brillengläser eingebaut hatte. "I was a good student", kam zur Antwort. (-10 Dioptrinwert) Irgendwie war sie sogar stolz auf ihre Brillenstärke.

Wieso ist Fleiss in unseren Schulen in unseren Breitengraden so verpöhnt?

Achilleus
 
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hallo achilleus :kiss4:

ein sehr gutes thema, ich finde es gut sich mal näher damit zu befassen, denn ich habe mich dies auch schon desöfteren gefragt.

ich denke, es hat sehr viel mit missgunst und neid zutun. weil der mensch sich selbst nicht schätzt und anerkennt. er sieht die talente der anderen, und erkennt nicht seine eigenen stärken oder begabungen. alles worauf er seinen blick lenkt ist der andere. es sind dinge, für die man andere schätzen sollte, jedoch nicht kritisieren. so viele tun dies jedoch leider oftmals. man ist darauf bedacht stets besser zu sein, den konkurenten schlecht zumachen, auszubremsen....also lacht man über diese leute. betitelt sie als streber oder macht sie zum gespött der klasse. zum außenseiter, anstatt sich selbst darum zu kümmern, welche gebiete einem liegen und eigene spuren zu setzen.
aber man wählt den bequemen und einfachen weg. wie so oft im leben.

ich denke da gerade, an einen mitschüler aus meiner ehemaligen klasse in der realschule.
dieser kerl war sehr begabt, er war einfach super wissbegierig und konnte dinge schnell erfassen. und zu hause hat er eben auch viel dafür getan und seine zeit geopfert. er schrieb fast nur einsen, egal in welchem fach...ausnahme war deutsch, dort war er eine niete. damit hat man ihn dann oftmals fertig gemacht. frei nach dem motto: du lusche lern erstmal deutsch und lass die physikalischen gesetze sein.
er sah nicht sonderlich gut aus, wobei das wieder im auge des betrachters liegt und ansichtssache ist. er trug ebenfalls, eine sehr dicke brille. auch dafür hat man ihn nicht selten ausgelacht. ab und an nahm er die zunge beim schreiben heraus, auch hier provozierte man ihn ständig.
es gab keinen tag, an dem er nicht von irgendjemand niedergemacht wurde. ich habs nie wirklich verstanden.
irgendwann hat er deswegen sogar die schule gewechselt, weil er dem druck nicht mehr standhalten konnte.
die anderen wussten eben, dass er außenseiter war und je mehr sie auf ihm herumhackten desto mehr drängten sie ihn in diese rolle. so lange bis sie ihn loshatten.

ich finde sowas einfach traurig und frage mich weswegen der mensch so etwas nur tut? warum man den anderen immer ausstechen oder nach äußerlichkeiten, sowie fähigkeiten herauf oder harab heben muss - anstatt die gesammte person zu sehen. und um sich selbst zu kümmern.

liebe grüße
hamied :umarmen:

 
Wieso werden in der heutigen modernen westlichen Welt streberhafte Menschen unter den Teppich gekehrt und schulisch talentierte Leute bewundert, obwohl sie eigentlich nichts für ihren Erfolg tun?
...vielleicht ist das ein ganz natürliches Verhalten. NICHT gepiesakt werden ja Leute, die gut sind, OHNE etwas dafür tun zu müssen - sprich: sie besitzen eine gewisse genetische Überlegenheit (angeborene Intelligenz).

Wenn nun jemand diese - ihm selbst nicht angeborene - Überlegenheit "künstlich" dadurch zu kompensieren versucht, dass er fleißig ist, so empfinden andere dies vielleicht (unbewusst) als Schummelei, quasi als Betrug an der natürlichen Auslese.

Das ist - so vermute ich - ähnlich, wie bei der Schönheit: natürlich schöne Menschen sind allgemein sehr beliebt. Sehr viel unbeliebter hingegen sind diejenigen, die ihre diesbezügliche genetische "Minderwertigkeit" durch übermäßigen kosmetischen Aufwand kompensieren.

Ich glaube sogar, dass die Änhlichkeit beider Verhaltensmuster durchaus tiefgründiger sein könnte, als es zunächst scheint, da ich mal gehört habe, dass sich die Anzeichen dafür häufen, dass NATÜRLICH schöne Menschen zugleich auch NATÜRLICH intelligenter sind.

LG
 
Déguórén schrieb:
Das ist - so vermute ich - ähnlich, wie bei der Schönheit: natürlich schöne Menschen sind allgemein sehr beliebt. Sehr viel unbeliebter hingegen sind diejenigen, die ihre diesbezügliche genetische "Minderwertigkeit" durch übermäßigen kosmetischen Aufwand kompensieren.

Ob das zwangsläufig so sein muss, glaube ich nicht. empirisch kommt es häufig vor. Das erinnert mich an die (zumindest in Deutschland) verbreitete Abneigung gegen leicht verständliche Lehrbücher, z.B. Mathematik. Was im angelsächsischen Raum nicht der Fall ist. Da ist es eher verpönt, solche schwer lesbaren Schinken zu schreiben wie es in D oft der Fall ist. Häufig ist es hier doch so, dass jemand, der einen verschrobenen und verknoteten Schreibstil hat, als intelligent gesehen wird, wer einfachen Verbalstil schreibt, gilt als eher minderbemittelt. Dabei ist so ein verschrobener Stil doch eher ein Zeichen für ebenso verschrobene Gedankenführung.


Mal so gefragt: ist es ein Problem, wenn man unter Anstrengung und Arbeit lernt?
Ich hab ja nun auch studiert mit guten Noten und werde bald promovieren. Aber mir wurde nichts hinterhergeworfen. Mehr als Offenheit und Freude am lernen und Unvoreingenommenheit hab ich nicht mitgebracht. Streber war ich auch nie, weil ich bis auf 1 Jahr auch nie Klassenbeste war. Aber ich war als Kind neugierig und hab von meinen älteren Geschwistern aus Spaß an der Freud (!) deren Schulbücher durchgelesen. Das gab einen gewissen Vorteil.

Nochwas. Diese Abneigung gegen Strber bezieht sich ja nicht nur auf die Schule. Soziale Aufsteiger werden ja auch so behandelt, man siehe nur die Verachtung gegenüber den sog. Neureichen.

LG
Tintenfisch
 
Hmmm... das hat sehr viele Gründe, glaube ich.

Einer der Gründe ist, dass es gesellschaftlich durchaus "normal" anerkannt wird, wenn man in gewissen Fächern schlecht war/ist. Wie oft höre ich den Satz: "In Mathe/Physik war ich immer schlecht." Oder in der Werbung, wenn die 5 in der Mathearbeit geschrieben wird.

In den Medien wird auch für meinen Geschmack zu wenig über Naturwissenschaften berichtet. Es wird wenig angrergt auch selbst über Naturwissenschaften und Mathematik, oder auch über Litereatur oder Geschichte nachzudenken und "damit zu spielen". Man findet es zwar, muss aber danach suchen. An den "Modethemen" kommt man in den Medien aber praktisch nicht vorbei.

Das sind nur ein paar Pauschalgründe, die mir einfallen; bestimmt gibt es da viel mehr.

Viele Grüße
Joey

PS: Man verstehe mich bitte nicht falsch. Ich will niemanden "verurzeilen", wenn er in der Schule schlecht war/ist. Das ist nichts böses. Aber manchmal wird es geradezu als normal dargestellt, dass einige Schüler sich da nichteinmal anstrengen wollen.
 
Huhu hamied! :kiss4:

hamied schrieb:
ich denke, es hat sehr viel mit missgunst und neid zutun. weil der mensch sich selbst nicht schätzt und anerkennt. er sieht die talente der anderen, und erkennt nicht seine eigenen stärken oder begabungen. alles worauf er seinen blick lenkt ist der andere.

Ja, das kommt hin. Ich stimme deinem Beitrag im Grossen und Ganzen zu.


Hallo Déguórén,

Déguórén schrieb:
...vielleicht ist das ein ganz natürliches Verhalten. NICHT gepiesakt werden ja Leute, die gut sind, OHNE etwas dafür tun zu müssen - sprich: sie besitzen eine gewisse genetische Überlegenheit (angeborene Intelligenz).

Provokative Frage: Darf ich raten? Gehörst du zu diesen genetischen Ausnahmefällen?

Ich kenne niemanden in meinem Studiengang, der nicht lernen müsste. Jeder ist gezwungen dazu, etwas für sein Erfolg zu tun.

Ich kenne solche Ausnahmefälle, die fast nichts für ihre Schule tun müssen, aber die meisten von denen schämen und empfinden dies eher als eine Last, als dass sie sich überlegen fühlen.

Ich frage mich, warum das in unseren Breitengraden der Fall ist. Asiatische Studenten sind das krasse Gegenteil von uns Europäern, nämlich extrem fleissig. Die kennen fast nichts anderes, als für die Schule zu büffeln.

Dann taucht noch eine andere Frage auf. Erfolg misst sich meiner Meinung nach nicht nach akademischer Intelligenz, sondern am Ausschöpfen der eigenen potentiellen Möglichkeiten.

Schon mal etwas von individuellen Lerntypen gehört? Wieso sollte jemand, der etwas schneller aufnimmt, intelligenter sein? Im Grunde genommen sind wir doch alle gleich gestrickt. Jeder weiss alles.

Wie meine Rechtskundelehrerin immer sagte. "Jeder schafft eine Universität, nur braucht der eine halt ein wenig länger als der andere."

Jeder Mensch lernt anders
Wer lernt, nimmt Informationen über seine Sinnesorgane auf. Dazu zählen Ohren, Augen, die Nase, der Geschmacks- und Muskelsinn. Über diese Sinnesorgane gelangt der Lernstoff in das Gedächtnis. Da die einzelnen Sinnesorgane bei jedem Menschen unterschiedlich beschaffen sind und es gerade beim Lernen Gewohnheiten und Vorlieben gibt, lernt jedes Kind und jeder Erwachsene auf seine eigene, unverwechselbare Art. Kein Mensch ist wie der andere; kein Mensch lernt wie der andere. Ein 'Nürnberger Trichter', ein Gerät, mit dem sich jeder Lernende mühelos Wissen und Fähigkeiten aneignen kann, ist noch nicht erfunden worden. Zu unterschiedlich sind die Interessen, das Tempo und die Lernvoraussetzungen, als dass es eine für alle Menschen stimmige Lernmethode geben könnte

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Achilleus schrieb:
Asiatische Studenten sind das krasse Gegenteil von uns Europäern, nämlich extrem fleissig. Die kennen fast nichts anderes, als für die Schule zu büffeln.
Bäh, Langweiler. Ich kann Streber nicht leiden. :rolleyes: :D
Schon mal etwas von individuellen Lerntypen gehört? Wieso sollte jemand, der etwas schneller aufnimmt, intelligenter sein?
Weil es nun mal so ist. :D
Auch der dumme Hund lent nach 10 Jahren 2 Tricks. :D
Im Grunde genommen sind wir doch alle gleich gestrickt. Jeder weiss alles.
Keiner weiss etwas. :D
Und manche lernen's nie. :D

:lachen:
Wie meine Rechtskundelehrerin immer sagte. "Jeder schafft eine Universität, nur braucht der eine halt ein wenig länger als der andere."
Deshalb schneidet Deutschalnd auch so gut ab (Pisa), weil jeder es schafft. :D
Das sagt am Meisten etwas über die Kriterien aus... :lachen:
 
HerrHundi schrieb:
Bäh, Langweiler. Ich kann Streber nicht leiden. :rolleyes: :D

Wieso nicht? Gesunder Ehrgeiz schadet doch nicht.

Weil es nun mal so ist. :D

Weil nun mal was wie ist? Wie legst du Intelligenz aus?


Deshalb schneidet Deutschalnd auch so gut ab (Pisa), weil jeder es schafft. :D
Das sagt am Meisten etwas über die Kriterien aus... :lachen:

Schon wieder so 'ne schwammige Aussage, werd präziser bitte.

Achilleus
 
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Die wirklich erfolgreichen Menschen handeln intuitiv und sind nicht ehrgeizig. Sie sind nicht fleißig, sondern faul und sehr glücklich. Sie sehen Dinge (sie brauchen dafür keine guten Augen!) die andere nicht sehen. Einen solchen Menschen kenne ich, es ist meine Tochter.
Es gibt auch neben der meßbaren IQ den EQ, mit dem ich im Leben schon wesentlich mehr erreicht habe als mit meinem IQ, der sich m.E. auch sehen lassen kann. Aber egal. Ich messe ja nicht mehr, also ist mir das auch egal.
 
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