Ich denke, mit "vorauslaufen" ist früher aufgehen gemeint:
Genau das ist hier gemeint: Die Phasenstellung zur Sonne, wobei ein Planet als oriental (östlich) gilt, wenn er vor der Sonne aufgeht und als okzidental (westlich), wenn er nach der Sonne aufgeht.
Die Horoskope von Eli zeigen das sehr schön. Als Hilfe kann man gedanklich die Sonne auf den AC setzen - alle Planeten, die dann in der oberen Horoskophälfte stehen, gehen vor der Sonne auf und stehen somit oriental. Alle Planeten in der unteren Hälfte gehen nach der Sonne auf und stehen damit okzidental. Ausgangspunkt der Betrachtung ist dabei immer die Primärbewegung der Planeten im Uhrzeigersinn von Ost nach West und nicht ihre Sekundärbewegung durch den Tierkreis, die gegen den Uhrzeigersinn läuft.
Die äußeren Planeten (insb. Mars, Jupiter und Saturn) gelten als vorteilhaft gestellt, wenn sie oriental stehen. Die inneren Planeten (Mond, Merkur, Venus) gelten als vorteilhaft gestellt, wenn sie okzidental stehen.
Die orientale Phasenstellung verleiht den Planeten mehr "männliche" Qualitäten; die okzidentale Stellung verleiht mehr "weibliche" Qualitäten - wie bei den männlichen und weiblichen Zeichen, also nicht wertend bzw. bewertend gemeint. Das setzt aber nicht die Einflüsse durch Zeichen oder Aspekte außer Kraft.
Es geht darum , wann im Radix z. B. eine Waage-Venus vorliegt und gedeutet werden will.
Ich meine, dass das in der Praxis nur eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Sowohl Venus als auch Merkur haben ihre eigenen, ganz spezifischen Qualitäten und Eigenschaften, die sie durchaus mit beiden Herrschaftszeichen teilen. Zusätzlich gilt aber Venus als weiblicher Planet und Merkur als geschlechtsneutral.
Die Zeichen (Stier, Waage usw.) haben aber ihre Qualitäten und Bedeutungen nicht nur von den Herrscherplaneten. Stier ist z.B. ein weibliches, fixes Erdzeichen, Waage ein männliches, kardinales Luftzeichen.
Steht die Venus z.B. im Horoskop im Stier oder in der Waage, stellt sich die Frage ja eh nicht. Eine östliche Venus (Morgenstern) nimmt eher männliche, direktere, offenere Qualitäten an. Eine westlich stehende (Abendstern) eher weibliche, nach innen gekehrte, kontemplative, zurückhaltende Qualitäten. Mit etwas good will kann man dann die östliche Venus eher mit Waage und die westliche eher mit dem Stier in Verbindung bringen. In jedem Fall aber beherrscht sie beide Zeichen und damit die Häuser, die in diesen Zeichen anschneiden und die Planeten, die darin stehen.
Die Entscheidung oder Prüfung, ob eine Venus im individuellen Horoskop eine Stier- oder eine Waage-Venus ist, halte ich eigentlich für vernachlässigbar. Wichtiger ist die Gesamtkonstellation dieser Venus: Die Zeichenstellung, die Hausstellung und die Häuserherrschaften, die Aspektierung, die Rezeptionen, die Phasenstellung usw.
Außerdem müsste man das dann mit fast jedem Planeten machen - denn außer Sonne und Mond herrschen die fünf anderen klassischen Planeten auch über zwei Zeichen.
LG
Jogi