... und als ich heute Nachmittag diesen Thread hier las, hat mich das sehr bewegt. Hab lange über die Beziehung zwischen meinem Stiefvater und mir nachgedacht. Und die Worte einer sehr guten Freundin - die begeisterter Anhänger von Familienaufstellungen ist - fielen mir wieder ein, vieles deckte sich mit dem, was Christoph schrieb. Damals, als meine Freundin was über Stiefeltern und Stiefkinder erzählte, hätte ich ihr fast die Augen ausgekratzt - heute erkenne ich immer mehr, dass da wohl doch was dran ist.
Hier in groben Zügen meine Familiengeschichte:
Ich bin ein Kind aus erste Ehe meiner Mutter. Meine Eltern trennten sich, als ich ca. 2 Jahre alt war. Recht schnell danach trat mein Stiefvater in unser Leben.
Der Kontakt zu meinem leiblichen Vater war kurz nach der Trennung abgebrochen. Er ist verzogen damals in eine andere Ecke von Deutschland und hat eine neue Familie gegründet, in der er ebenfalls zum Stiefvater wurde. Ich habe als Kind keinerlei aktive Erinnerungen an ihn. Mit ca. 18 oder 19 Jahren hab ich ihn besucht.
Mein "neuer" Vater war und eigentlich ist er es immer noch mein Papa. Er hat mich erzogen, ernährt und ich habe ihn geliebt. Eben so, wie ich glaube, wie man seinen Papa liebt als Kind.
Aber anscheinend ist da was dran, an dem Mißverhältnis vom Geben und Nehmen. Als ich 12 war mißbrauchte mich mein Stiefvater und meine Mutter ließ es geschehen und gab mir die Schuld an diesem Vorfall.
Viele Jahre später - meine Mutter war mittlerweile verstorben - hab ich mich daran getraut, den Mißbrauch aufzuarbeiten. Ich hatte 7 Jahre keinerlei Kontakt zu meinem Stiefvater. Irgendwann kam ich an den Punkt, an dem ich mir sicher war, ihm, meiner Mutter und auch mir den Übergriff zu verzeihen. Ich nahm den Kontakt zu ihm wieder auf, wohl wissendlich, dass er niemals ein Zugeständnis von Schuld an der Sache machen würde.(Ich hab hier im Forum auch schon mal gelesen, dass er auch keine Schuld in dem Sinne trägt - bin aber im den Fachbegriffen und Sichtweisen der Familienaufsteller leider nicht sonderlich bewandert.) Aber dieses Eingeständnis ist für mich auch nicht mehr wichtig. Ich hab für mich meinen Frieden damit gemacht und das ist mir wichtig. Und ich kann meinen Stiefvater so nehmen, wie er ist. Er hat heute keine Macht mehr über mich.
Hmm - was mich jedoch heute nachdenklich gestimmt hat ist die Frage, wie stehts mit der Liebe der Stiefkinder? Was mache ich mit meiner Liebe zu diesem Mann? Oder hat er noch Macht über mich, weil ich ihn liebe? Darf ich ihn überhaupt lieben, ist es doch die Liebe einer Tochter zu ihrem Vater? Und wenn nein, wie soll ich das dann wohl abstellen?
Und wie sollte meine Einstellung zu meinem leiblichen Vater sein? Ihn achten?
Ach ja, ob ich bei meinem leiblichen Vater sicherer gewesen wäre, ich weiß nicht. Er ist wegen sexuellen Mißbrauchs seiner Stieftochter für 3 Jahre im Gefängnis gewesen.
Sorry, ist vielleicht etwas wirr geworden, dieser Beitrag. Aber vielleicht weiß ja jemand eine Antwort bzw. einen Vorschlag, der mir in meiner Situation als Tochter und Stieftochter weiterhelfen kann.
(Und vielleicht sollte ich doch endlich mal eine Familienaufstellung machen ...)
Liebe Grüße
aerodana