Sterben und sterben lassen - Urteil vom BGH für Sterbehilfe!

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mdelajo

Guest
Sterben und sterbenlassen
25.06.010

Wenn Kranke sich den Tod wünschen, darf ihre Behandlung nicht nur unterlassen, sondern nun auch aktiv abgebrochen werden. Dieses Tun ist nicht strafbar, hat der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil zur Sterbehilfe jetzt entschieden.

Karlsruhe - Fünf Jahre lang lag die Frau im Koma, wurde künstlich ernährt - obwohl sie sich das verbeten hatte. Dann trennte ihre Tochter den Nahrungsschlauch durch, so hatte es ihr der auf Medizinrecht spezialisierte Anwalt Wolfgang Putz geraten. Nachdem die Tochter den Schlauch gekappt hatte, wurde der Frau jedoch gegen den Willen der Kinder eine neue Magensonde gelegt. Zwei Wochen später starb sie schließlich an Herzversagen. Das Landgericht Fulda verurteilte Anwalt Putz daraufhin im April 2009 wegen versuchten Totschlags zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten.


Mit diesem Grundsatzurteil stärkt der BGH das Recht auf menschenwürdiges Sterben: Der Abbruch lebenserhaltender Behandlungen ist künftig nicht mehr strafbar, wenn ein Patient dies in einer Verfügung festgelegt hat.


http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,702790,00.html


Das wurde Zeit.

:morgen:
 
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Der Vollständigkeit halber und damits nicht verschwindet, hier nochmal der komplette Artikel:

Nun hob der BGH die Verurteilung des Medizinrechtlers auf und sprach ihn frei. Ein Abbruch einer lebenserhaltenden Behandlung auf der Grundlage des Patientenwillens sei nicht strafbar, entschieden die Richter am Freitag in Karlsruhe.

Die Bewertung des Landgerichts treffe nicht zu, wonach Putz sich durch seine Mitwirkung an der aktiven Verhinderung der Wiederaufnahme der Ernährung wegen versuchten Totschlags strafbar gemacht habe. Der BGH unterschied deutlich zwischen "der auf eine Lebensbeendigung gerichteten Tötung" und Verhaltensweisen, "die dem krankheitsbedingten Sterbenlassen mit Einwilligung des Betroffenen seinen Lauf lassen".

Mit diesem Grundsatzurteil stärkt der BGH das Recht auf menschenwürdiges Sterben: Der Abbruch lebenserhaltender Behandlungen ist künftig nicht mehr strafbar, wenn ein Patient dies in einer Verfügung festgelegt hat.

Dem Urteil zufolge kommt es nicht darauf an, ob der Abbruch durch aktive Handlungen erfolgt, also beispielsweise durch das Entfernen eines Ernährungsschlauchs. Die Einwilligung der Patientin "rechtfertigte nicht nur den Behandlungsabbruch durch bloßes Unterlassen weiterer Ernährung, sondern auch ein aktives Tun, das der Beendigung oder Verhinderung einer von ihr nicht oder nicht mehr gewollten Behandlung diente", heißt es in der offiziellen Mitteilung des BGH.

"Behandlungsabbruch" ist der zentrale Begriff

Ärzte dürfen dem Urteil zufolge auch dann lebensverlängernde Maßnahmen abbrechen, wenn der unmittelbare Sterbevorgang noch nicht begonnen hat. Auch bei bewusstlosen Patienten sei allein deren mutmaßlicher Wille entscheidend.

Der Begriff Behandlungsabbruch spielt eine zentrale Rolle in der Entscheidung. Erstmals gaben die Bundesrichter die Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe auf. Die Unterscheidung sei juristisch ungenau, sagte die Vorsitzende Ruth Rissing-van-Saan. Es hänge oft von Zufällen ab, ob eine lebensverlängernde Behandlung unterlassen oder später aktiv beendet werde. Der übergeordnete Begriff sei der Behandlungsabbruch - und der sei gerechtfertigt, wenn er dem Patientenwillen entspreche. Das entspreche dem neuen Gesetz zu Patientenverfügungen, das seit 1. September 2009 wirksam ist.

Sowohl Putz als auch die Staatsanwaltschaft waren nach der Fuldaer Entscheidung in Revision zum BGH gegangen - der Medizinrechtler hatte einen Freispruch gefordert, die Staatsanwälte eine härtere Strafe. In der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe hatten die Anklagevertreter jedoch ebenso wie die Verteidigung auf Freispruch für den Rechtsanwalt plädiert.

Bundesjustizministerin: Entscheidung schafft "Rechtssicherheit"


ANZEIGEBundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) begrüßte das Sterbehilfe-Urteil des BGH. Die Entscheidung schaffe "Rechtssicherheit" im Spannungsfeld zwischen zulässiger passiver und verbotener aktiver Sterbehilfe, betonte die Ministerin in Berlin. Der Bundesgerichtshof habe dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen "zurecht einen besonders hohen Stellenwert eingeräumt".

Die Sterbehilfe liegt in einem problematischen Spannungsfeld. Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland strafbar. Wer jemanden auf dessen eigenen Wunsch hin tötet, wird wegen Tötung auf Verlangen mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft. Das Recht grenzt dabei aktives Tun von bloßen Unterlassen ab. Passive Sterbehilfe nennt man den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen. Zulässig ist dies, wenn der Abbruch dem mutmaßlichen oder in einer Patientenverfügung erklärten Willen entspricht. Bei Zweifeln müssen sich die Ärzte für das Leben entscheiden.

Das Urteil des BGH war mit Spannung erwartet worden. Mediziner erhofften sich endlich Klarheit darüber, unter welchen Voraussetzungen bei bewusstlosen Patienten eine Behandlung abgebrochen werden kann.

siu/dpa/AFP/apn/ddp


http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,702790,00.html


"Leben und leben lassen" "sterben und sterben lassen" und das möglichst in Würde und nach eigenem Ermessen des Betroffenen, so ist durch dieses Urteil eine gewisse Rechtssicherheit für die medizinische Zunft gewährleistet.

:morgen:
 
GräfinJo;2724649 schrieb:
Der Vollständigkeit halber und damits nicht verschwindet, hier nochmal der komplette Artikel:

http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,702790,00.html

"Leben und leben lassen" "sterben und sterben lassen" und das möglichst in Würde und nach eigenem Ermessen des Betroffenen, so ist durch dieses Urteil eine gewisse Rechtssicherheit für die medizinische Zunft gewährleistet.

:thumbup:

Ich begrüße dieses Urteil, aber es ist zu hoffen, das den betroffenen Menschen dann auch wirklich ein würdevolles Ableben ermöglicht wird, und es z.B. nicht einfach nur zur Entfernung einer PEG - Sonde kommt...

Sofern ich nichts falsch verstanden habe, bekommen die Ärzte mit diesem Urteil ja nur freie Fahrt für "passive Sterbehilfe" (= ohne lebensverlängernde Massnahmen müßte der Patient ohnehin sterben), sofern es dem Wunsch des betroffenen Patienten entspricht, alle invasiven lebensverlängernden Massnahmen zu unterbinden oder zu beenden.
 
Beinahe jede Entscheidung in Richtung Selbständigkeit ist zu begrüßen.

Allerdings trifft die Entscheidung den Trend der Zeit.
Wirtschaftlichkeit.
 
Also ich finde die Entscheidung mehr als richtig. Wer eine Patientenverfügungerstellen möchte, sollte dies (patientenverfuegung24.com) gut durchlesen. Es scheint viel schwieriger zu sein, als nur eine Mustevorlage zu unterschreiben.
 
Beinahe jede Entscheidung in Richtung Selbständigkeit ist zu begrüßen.

Allerdings trifft die Entscheidung den Trend der Zeit.
Wirtschaftlichkeit.

hallo,
es hat für mich auch etwas mit würde und "maschinsierung" zu tun.
denn du bist in so nem fall nur mehr eine nr. der 1-2 mal am tag so quasi die windeln gewechselt werden.
das schlimme ist, dass es nicht mal was nutzt wenn du es jemandem aufträgst dafür zu sorgen, dass dir das erspart bleibt. ohne patientenverfügung wird gar nix gemacht.
lg
sternderl
 
Ich finde es auch sehr gut, dass man diese Entscheidung jetzt selbst treffen können soll.

Allerdings, so weit ich das weiß, ist das wirklich nur mit einer Patientenverfügung möglich. Und diese wie von mujaga schon gesagt, hat auch viele Tücken!

Also bitte alles genauestens Durchlesen und ausfüllen. (Das sind ne Menge Seiten, aber hilfreich!)
 
Das finde ich gut, denn wenn ich selber nicht mehr in der Lage wäre, mir das Leben zu nehmen und mein Mann mir helfen würde, er dafür aber ins Gefängnis käme, möchte ich keine Schuld auf mich laden. So aber kann ich ihn ohne Gewissensbisse darum bitten, mir Medis zu besorgen, mit denen ich dann von hier verschwinden kann. Ich würde es für meinen Mann tun, wenn er mich darum bittet.
 
Würde mir das für Österreich auch wünschen...Gehört für mich absolut zusammen: in Würde leben und in Würde sterben (können)
 
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... es gibt leider noch zu viele Lücken - was, wenn der Betroffene zwar eine Lebensgefährtin hat, die auch seinen Wunsch verwirklichen möchte - dieser aber z.b. noch Angehörige 1.Grades hat, die dem entgegen wirken :wut1:.... habe auch damit viel zu tun .... und hoffe, daß es bald wirklich frei bestimmbar wird ....
 
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