Sterben/Tod?

Ein interessanter Gesichtspunkt, meinschatz... Danke :)

Ich sehe manchmal, wie es Bedauern hervorruft in der Seelenwelt, wenn eine Seele sich aufmacht, wieder zu inkarnieren - bei der Seele selbst und bei ihren Freundinnen und Freunden dort. Es ist ein Abschied, wie wenn jemand hier auf eine große Reise geht.
Die Existenz in der Seelenwelt, ohne Körper, ohne materielle Umgebung, ohne Unterschiede von Hoch und Niedrig, Arm und Reich, hat ihren Zauber. Aber sie kann auch nicht andauern. Entweder gibt die Seele ihre individuelle Existenz auf und kehrt in die größere Einheit zurück, aus der sie gekommen ist, wie ein Funke ins Feuer - dieses ist ein Ereignis, das bei anderen und ihr selbst ungetrübte Freude hervorruft - oder sie übernimmt neue Aufgaben in der materiellen Welt oder einer anderen.

Übrigens habe ich noch nie erlebt oder irgendwo gelesen, dass eine Seele gegen ihren Willen ihre Individualität verloren hätte. "Eingehen in Nirvana" wird in den östlichen Traditionen als das erstrebenswerte Ziel angesehen, das nicht leicht zu erreichen ist. Es geschieht nicht aus Versehen und ganz bestimmt nicht gegen den Eigen-Willen, weil der genau dem entgegensteht.

Die Liebe ist das, was bleibt, so empfinde ich es auch. "Ich kann einfach immer weiter lieben"... das ist ein Satz, der mich tröstet und mir die Angst nimmt - im Leben hier und jetzt und im Bezug auf den Tod. Ich kann in Liebe sterben. Ich kann in Liebe in Gott aufgehen. Ich kann in Liebe neue Aufgaben übernehmen.

Herzliche Grüße
Marjul
 
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sehr schöne Beiträge hier, vielen herzlichen Dank!

Vielleicht ist die Angst den eigenen Körper zu verlieren die größte Angst angesichts des Todes. Wir sagen aber nicht "mein Körper hat Angst vor dem Tod" sondern "ich habe Angst vor dem Tod". Stellt sich für mich die Frage nach dem Verhältnis von Ich und Körper.
 
Die Identifikation des Ich mit dem Körper ist meiner Erfahrung nach die Ursache für die Angst - nicht nur vor dem Tod, für Angst überhaupt. Der Körper kann Mangel und Schmerzen leiden, er kann krank oder verletzt werden, Gewalt erleiden und sterben. Wenn ich denke, ich erleide das alles, ist die Angst da. Identifikation mit den Gefühlen ist allerdings kaum weniger leidvoll: Ich kann gekränkt, erschreckt, traurig gemacht, etwas verlieren, allein gelassen werden, etwas Gewünschtes nicht bekommen... Das sind auch beängstigende Vorstellungen.
Es ist tatsächlich möglich ohne Angst zu leben. Wenn ich mich, anstatt auf mein begrenztes Ich, auf "das Selbst", die Wirklichkeit, Gott konzentriere, gibt es keine Angst. Das ist allerdings Ergebnis langjähriger Meditationspraxis. (Ich meditiere mit meinen Bildern, Texten und Melodien - http://home.arcor.de/mariapalmes/ )
Die Gewohnheit der Identifikation mit dem durch Körper, Gefühle usw. begrenzten Ich ist allerdings sehr, sehr stark, denn sie hat sich durch unzählige menschliche Leben hindurch ausgebildet. Ich vermute, dass sie in einer bestimmten Phase der Seelen-Entwicklung notwendig ist wie die Eischale für das sich entwickelnde Küken. Irgendwann beengt sie aber ("Angst" hat sprachlich mit "Enge" zu tun), und dann ist es Zeit sie zu durchbrechen und auszuschlüpfen.
Manche Menschen haben es durch Meditation oder andere Praxis zu sehr großem Gleichmut gegenüber den äußeren Umständen gebracht. Das kann ich nur bewundernd zur Kenntnis nehmen, wenn ich im Zahnarztstuhl sitze und um eine Spritze bitte :D
Es gibt auch einen anderen Weg, der komplementär dazu ist: die Empfindungen, Gefühle, Gedanken kommen, vorbeiziehen und gehen zu lassen, ohne einzugreifen und mich damit zu identifzieren. Auch Angst und Panik gehen wieder, so wie sie gekommen sind, wenn ich nicht eingreife. Sie dürfen da sein.
Auf diesem Prinzip beruht die bewusste Beschäftigung mit Sterben und Tod, um sie kennen zu lernen und die Scheu davor zu verlieren. Christliche Mönche haben früher einen Totenschädel in ihrer Zelle aufgestellt, um sich den Tod immer vor Augen zu halten. Buddhisten meditieren in allen Einzelheiten über den Todes- und Verwesungsprozess. Ich probiere das manchmal. Zuerst überwiegen Angst und Entsetzen, sie verschwinden aber mit der Zeit und machen der tiefen Empfindung Platz, dass die Dinge, so wie sie sind, gut sind.
Ich mache auch ermutigende Erfahrungen damit, mich im Alltag mit Sterben und Tod zu beschäftigen: ins Altenheim zu gehen, mit Trauernden zu sprechen... Zuerst kostet es mich Überwindung, dann führt es dazu, dass ich den Tod mühelos als Teil des Lebens begreifen kann.

Herzliche Grüße
Marjul
 
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Marjul, ich finde, du hast das super erklärt :thumbup:

...dass ich den Tod mühelos als Teil des Lebens begreifen kann.

Und das ist die wahrhafte Voraussetzung für lebendiges Leben, denn lebst du ganzheitlich, weil nichts mehr abgelehnt wird. Und der begleitende Nebeneffekt: Die Angst hat keinen Nährungsboden mehr. Wenn alles sein darf, wovor soll Mensch sich dann noch ängstigen...

Toll, dass du es geschafft hast :)
 
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