Sicherlich kann jede Minute in unserem Leben kostbar sein, es gibt aber nun einmal auch Situationen, in der es zur Last wird. Mag auch sein, dass Du noch nicht erlebt hast – wie sich ein Sterbender nichts sehnlichster wünscht, als seinen Tod.
Erst vor einigen Monaten ist meine betagte Mutter gestorben und da habe ich nichts von einem Kampf um jeden Preis erlebt. Sie hatte sich angesichts des Unvermeidlichen einfach zum Sterben entschlossen und sich jeglicher Nahrungsaufnahme verweigert. Letztlich ist sie dann nach ein paar Tagen ganz friedlich eingeschlafen.
Die Menschen haben so unterschiedliche Vorstellungen von ihrem Tod, warum ist es dann für manche so schwierig, das einfach nur zu akzeptieren. Es geht ja nicht darum, dass nun jeder durch eine aktive Sterbehilfe sterben muss, es sollte aber jedem dieser Weg offenstehen.
So wie jeder ein Recht zum Leben hat, so sollte auch jeder ein Recht zum Sterben haben. Mancher würde den Freitod am liebsten unter Strafe stellen, was ja dann in der Vergangenheit praktiziert wurde, indem den Betroffenen ein Begräbnis auf dem Friedhof verweigert wurde.
Dass mit dem Tod Geschäfte gemacht werden, lässt sich auch nicht mit dem Verbot der aktiven Sterbehilfe verhindern. Ich erinnere dazu an die enormen Beerdigungs-Kosten, die mit einer regelrechten Sterbeindustrie verbunden sind. Die augenblicklichen Kosten der aktiven Sterbehilfe entstehen ja erst durch das Verbot bzw. einer Reglementierung.
Jetzt zu glauben, dass mit der Lockerung des Gesetzes zur aktiven Sterbehilfe nun ein Boom einsetzen würde, halte ich für sehr zweifelhaft. Und selbst wenn, dann hat der Staat nicht das Recht über mein Leben zu bestimmen – denn wir sollten neben der Todesstrafe endlich auch einmal die letzten Relikte der Leibeigenschaft anschaffen.
Merlin
Ich kenne die genauen Umstände des Todes deiner Mutter nicht, kann deshalb auch keine Position beziehen.
Mein Vater war vor vielen Jahren sehr krank - Ileus durch Darmkrebs, Notoperation, Koma, immer wieder Reanimationen.
Alle (!) Werte waren mit dem Leben nicht mehr vereinbar, das war mir selbst klar (ich hatte grad die Ausbildung zur Krankenschwester abgeschlossen und angefangen zu studieren - das war der abolute Glücksfall, ich hatte Zeit und man nahm mich im Krankenhaus ernst).
Die Ärzte sagten mir ganz klar, wenn er wie durch ein Wunder überleben würde, dann nur schwerstbehindert (ein kompletter Pflegefall).
Nun, er überlebte - ohne jegliche Einschränkung 12 Jahre lang und starb dann an etwas völlig anderem.
Es gibt viele ähnliche Fälle, wo man meiner Meinung nach viel mehr versuchen kann/ sollte als man tut.
Der erste Blick ist doch der aufs Alter des Patienten und auf das Krankheitsbild und der Blick aufs Alter wird leider immer ausschlaggebender.
Wenn wirklich Krebs im gesicherten Endstadium vorliegt mit unbeschreiblichen Schmerzen (wie weiter oben beschrieben) kenne ich es nur so, dass u.a. eine Morphiumpumpe eingesetzt wird, die der Patient selbst einstellen kann. Mit anderen Worten, kann er auch damit seinen Tod herbeiführen. Allerdings habe ich erst ein einziges Mal den Fall erlebt, dass das ein Patient (wahrscheinlich) auch tat.
Dass jemand tage- oder wochenlang gegen seinen Willen unbeschreibliche Schmerzen hat, kenne ich nicht - ich kenne nur die Menschen, die kämpfen wollen, die Dosiserhöhungen ablehnen, weil sie damit in ständigem Dämmerzustand sind und nichts mehr mitbekommen.
Es gibt (meines Wissens nach) leider noch keine Medikamente, die den Schmerz vollkommen nehmen und komplette geistige Klarheit erhalten.
Meine große Sorge ist, wenn es kein Gesetz und keine entsprechende Kultur gäbe, viele Schwerstkranke ihrem Tod zustimmen - aus Kostengründen und um niemandem zur Last zu fallen - ein Horrorszenario!