Liebe ohne Ende
Ich fühle es: schon immer habe ich dich geliebt,
in Gestalten ohne Zahl, durch alle Zeiten;
nicht erst in diesem Leben -
seit Urbeginn liebe ich dich.
Mein Herz, vom Liebeszauber gefesselt,
schuf Lied um Lied,
sie aufreihend gleich Perlen zu einer Kette.
Du nahmst sie, mein Geschenk
und schmücktest damit dich
in einem Leben nach dem andern,
seit Urbeginn.
Von alters her höre ich erzählen von Liebe,
von Liebesschmerz, von Trennung und Zusammensein.
Blick ich zurück, erscheinst am Ende immer du;
gekleidet in das Licht des Polarsterns
durchdringst du die Dunkelheit der Zeiten -
wirst Bild alter Erinnerungen mir.
Du und ich - auf einem Strom der Liebe kamen wir geflossen;
auf einem Strom, entsprungen dem Herzen der Zeit.
Seite an Seite mit Millionen Liebender haben wir gespielt,
haben das gleiche süße Einssein geteilt,
die gleichen kummervollen Tränen des Abschieds geweint -:
Liebe seit je,
deren Gestalt sich erneuert
und erneuert auf ewig.
Heute hat sie sich angesammelt zu deinen Füßen,
hat ihre Erfüllung in dir gefunden,
die Liebe aller Menschen Tage
einst und einst:
universale Liebe, universale Sorge, universales Leben -
die Erinnerungen aller Liebe
gehen auf in unserer einen Liebe -
gleich so die Gesänge aller Poeten
einst und einst.
(Tagore)