Spirituelles Gehen

Der Schneeläufer

Monatelang bin ich kältestarr unter dieser losen Baumrinde gehockt - ich konnte ja nicht ahnen, dass dieser Baumstumpf im Schatten liegen wird, der Berg gegenüber die Wintersonne verdecken würde und Schnee und Eis mein Winterlager wie ein Panzer umhüllen würde! Gerade hat die Sonne aber die Bergkante gegenüber wieder einmal überschritten, die nasse, dunkle Rinde und damit auch mich erwärmt! Schnell rausschlüpfen hab ich mir gedacht, und Fressen suchen - irgendwas, was kleiner ist als ich und fressbar! Eilig renne ich auf und davon um die wenige gespeicherte Wärme zu nützen - doch da läuft schon der kalte todbringende Schatten hinter mir her! Und jetzt laufe ich um mein Leben über diese weiße, kalte, knisternde Fläche, dessen Helle meine Wabenaugen zersticht, deren Kälte mein Innerstes zu klirrendem Kristall werden läßt, und ich werde mit jedem Schritt langsamer, träger ... so stolz war ich auf meine smaragdgrün beschuppten Grübchen auf meinen kupfernen Flügeldecken; schneller als die Meisten laufe ich sonst mit meinen langen schlanken Beinen ... und jetzt? Wohin ... ?

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Langsam, ganz langsam erstirbt jede Bewegung in eiskalter Stille ....


(Auf 1.700m Höhe begegnete mir einst der seltene Carabus Fabricii - einen deutschen Namen hat er gar nicht wegen seiner Seltenheit - wie er über den Schnee taumelt. Ich weiß, wo und wie diese Laufkäfer überwintern, suche einen Baumstumpf im Schatten, wo die Wintersonne noch 2 Wochen länger Schatten spenden wird, schiebe ihn hinter die Rinde und stopfe alles mit Mulm, Nadeln und Erde aus ... und wünsche ihm Glück ...
Dann marschiere ich ins froststarrende Tal ...)


Es grüße
cerambyx
 
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Ich liebe es einfach ne Radtour mit meinen Hund zu dem Ort meiner Kindheit zu machen...Hier ist es ja ziemlich platt...aber es lässt meine Seele atmen und dannach seh ich einfach alles etwas klarer
 
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