Sparen, so oder so.

Werbung:
Hallo,

heute habe ich in den Nachrichten im FS erfahren, dass die Zinssätze gefallen sind. Die Banken legen auf Sparen momentan keinen Wert. Das Geld soll ausgegeben werden.

Sonderbar.
 
Hi, Eva.

Das Geld soll ausgegeben werden.
Sonderbar.

Wieso sonderbar? Die diversen Staaten haben die Einlagen massiv gesichert, die Aktienmärkte sind weggebrochen -> also ist Geld auf die Konten gewandert. Und dort liegt es nun und drückt auf die Bank, denn die muss dazu ja Zinsen bezahlen. Also schauen die Banken, dass sie das Geld möglichst wieder vermieten können, um aus der Zinsdifferenz ihre eigenen Kosten zu decken. Die Zentralbanken unterstützen diese Sicht durch Senkung der Leitzinsen -- denn der Blutkreislauf der Wirtschaft ist nunmal der Geldkreislauf. Geld, das auf einem Konto liegt und durch Zinsen fett wird, entspricht im realen Leben einer Blutverdickung, die zur Trombose, durch die lebenswichtige Organe nicht mehr ausreichend versorgt werden, führen kann.

Im Falle einer Blutverdickung verordnet der Arzt gerinnungshemmende Medikamente, im Falle fetter Sparkonten senkt die Leitbank die Zinsen. Es ist ja alles so einfach gestrickt…
 
ad) Und dort liegt es nun und drückt auf die Bank

nope -> es drückt mächtig in Richtung Deflation ... also -> neue Schulden braucht das Land ...

Back to topic...

Wieso was zurücklegen? Dieser Schmarrn aus Großmutters Zeiten basiert ohnehin auf einem überzogenen Sicherheitsbedürfnis :nudelwalk

Sparer sind Systemschädlinge! Knast ebenso für Eichhörnchen - diese Mistviecher waren mir schon immer suspekt :tomate:

Wurd mal Zeit das sagen zu dürfen :danke:
 
Hi, Grenzgänger.

Grenzgänger;1757232 schrieb:
ad) Und dort liegt es nun und drückt auf die Bank

nope -> es drückt mächtig in Richtung Deflation ...

Ja, auch. Und warum? Weil durch die Lagerung auf der Bank Geld relativ wertvoller wird als Waren auf Lager, die Liquidität binden. Also versuchen Unternehmen den Absatz zu fördern, in dem sie die Preise senken. Das Prinzip von Angebot und Nachfrage… Im selben Sinn drückt gelagertes Geld natürlich auch auf die Bank. In Zeiten das Aktienbooms war es für die Banken ein Leichtes, mit den Einlagen selbst zu zocken und dicke Renditen einzufahren. Dann ist der Zockermarkt weggebrochen und nun trauen sich die Banken halt nicht (so schnell) wieder in Aktien zu gehen. Damit liegen die Einlagen in astronomischen Höhen *) auf den Konten und verursachen Zinskosten, die eingespielt werden müssen.

Grenzgänger;1757232 schrieb:
Wieso was zurücklegen? Dieser Schmarrn aus Großmutters Zeiten basiert ohnehin auf einem überzogenen Sicherheitsbedürfnis :nudelwalk
Man sollte zwischen Spareinlagen, die über den Winter helfen (->Eichhörnchen) und Geldhortung unterscheiden. Geld ist zuerst nur ein abstraktes Tauschmittel und per se damit wertfrei. Geld besitzt immer den großen Vorteil des höheren Nutzens -- ich liefere einen Hirsch, bekomme Geld und kann mir aussuchen, ob ich damit Rotwein, eine neue Armbrust oder Holz für den Winter kaufe.

Durch Zinsen (und implizit erwartete Renditen) bekommt Geld jedoch selbst einen Wert, der gegen das Tauschprinzip wirkt: wenn ich erwarten darf, dass der Wert des Geldes steigt (hohe Zinsen), die Preise aber fallen (Deflation), dann werde ich das Geld halten und Käufe zurückstellen, da ich ja in der Wartezeit mit mehr Geld bei gleichzeitig steigender Kaufkraft belohnt werde. Die Unternehmen, deren Waren im Lager drücken, bekommen daher auch schwerer Kredit und weil ihre Waren auch keine Liquidität in die Kasse spülen, müssen halt Kosten eingespart werden -- zuerst in der wenig qualifizierten Produktion: Entlassungen, Kurzarbeit, etc.

Nun passiert beim einzelnen unter Druck das, was er zu vermeiden gesucht hat: er entspart, weil er arbeitslos wurde. Geht ja nicht anders, die Miete wird fällig, etc. Das entlastet nun wieder die Banken, Geld kommt in Umlauf, etc. Fragt sich nur, ob der mündige Bürger darauf warten sollte, um seine eigene Prophezeiung ("Es werden schlechte Zeiten kommen, lass' uns sparen") erfüllen will ("Ich bin nun arbeitslos, gut, dass ich gespart habe").

Individuell sicher eine harte Entscheidung, aber tatsächlich können die, die man am ehesten in die Arbeitslosigkeit schickt, ohnehin am wenigsten ansparen. Wie immer ist es sinnvoll, einen gesunden Mittelweg zu wählen -- genug zu sparen, um über den Winter zu kommen (das wären also etwa sechs Monatsausgaben, die man verfügbar auf der hohen Kante haben sollte) und alles, was mehr ist, sollte direkt oder indirekt (also durch Kauf oder langfristig gebundene Einlagen) wieder der Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden.

Wirtschaft ist eben eine Teamleistung, es geht nur miteinander. Und Geld ist der kleinste gemeinsame Nenner dieser unzähligen Zweckbeziehungen.


*) astronomische Kosten für Einlagen: Was meinst du, wo das viele Geld ist, das sich von der Börse verabschiedet hat? Klar, einiges ist im freien Fall auf den Boden gestürzt und fristet nun (so nicht ein Stop Loss zugeschlagen hat) als Bodensatz ein kärgliches Leben im Portfolio. Aber sehr viel Kapital ist direkt auf Bankkonten geflossen und ist dort Gegenstand der Verzinsung… Unter dem Strich haben wir im Durchschnitt im Westen mehr auf der Bank als dort Schulden, was sich auf die Ertragslange der Banken auswirkt.
 
Hi, nochmal.

Grenzgänger;1757232 schrieb:
Wieso was zurücklegen? Dieser Schmarrn aus Großmutters Zeiten basiert ohnehin auf einem überzogenen Sicherheitsbedürfnis

Du sprichst da etwas Großes sehr gelassen aus. Tatsächlich konnten sich die meisten Menschen vor dem Ersten Weltkrieg keine großartigen Reserven zurücklegen. Was davon noch da war, wurde in der Rezession der Zwischenkriegszeit und dem folgenden Weltkrieg aufgezehrt. Damit standen am Ende des Krieges alle mehr oder weniger blank da -- also auch die Großmütter.

Beeindruckt durch diese Erfahrung und die neu geregelten Einkommensarten (mehr Frauen im Berufsleben, Wirtschaftswunder, …) war der Wille und die Möglichkeit zu sparen vorhanden. Allerdings wurde dabei ein politischer Fehler begangen: die Kosten für die Pensionen wurden krass unterschätzt. Als die Geburtenzahlen begannen wegzubrechen, wurden die Kosten für die Altersvorsorge nicht erhöht. Damit öffnete sich im Westen ein dramatisches Loch -- und das, was dieses Loch gestopft hätte, konnten die Großeltern gemütlich auf das Konto legen.

Das dürfte sich im Großen und Ganzen als Modell langsam erledigt haben, die Kosten für Vorsorge und Sozialversicherung werden mehr und mehr vom Gehalt fressen, so dass sich eine große Ansparung wohl kaum mehr ausgehen wird. Das nennt man auch den langsam wegbrechenden Mittelstand -- entweder man steigt in den sorglosen Olymp der Topverdiener auf, oder man fristet sein kärgliches Dasein in der C, D und E Schicht -- zusammen mit dem Großteil der Bevölkerung, klar, denn für A+B Schicht ist nicht so viel Platz vorhanden -- diese Patrizier Einkommen müssen ja von der Plebs erarbeitet werden… Aber anders als in früheren Zeiten ist die Zuordnung zur sozialen Kaste nicht mehr festgeschrieben -- Arbeiterkinder werden Premierminister, Altadelige zu arbeitslosen Barmusikern. Geld legt den Status fest, und Schläue, Skrupellosigkeit und Chuzpe helfen bei der Erzielung eines hohen Einkommens.

Das alles dürfte aber die Großmütter nicht betroffen haben, damit müssen wir umgehen und die Zeiten haben sich dramatisch verändert -- denn nichts ist so sicher, wie der Wandel…
 
Zwei Sachen, die mir dazu einfallen (ohne mich großartig in die Diskussion einmischen zu wollen).

1. Es war gestern in Kulturzeit (vielleicht war es auch nur ein Witz zur Vorweihnachtszeit), dass den deutschen Bürgern je 500 Euronen geschenkt werden sollen, damit Umsätze gemacht werden. :D Schöne Idee!

2. Mikrokredite. Das ist ein Thema, das ich sehr faszinierend finde und auch sehr zu schätzen wüßte. Ich lass das mal anhand des Links einfach so stehen - ohne weiteren Kommentar im Moment.

Falls meine zwei Sachen hier schon Erwähnung fanden, bitte ich um Ignoranz :D

Greetz, Schrödi
 
Hi, Katze.

Schrödingers Katze;1757250 schrieb:
1. Es war gestern in Kulturzeit (vielleicht war es auch nur ein Witz zur Vorweihnachtszeit), dass den deutschen Bürgern je 500 Euronen geschenkt werden sollen, damit Umsätze gemacht werden. :D Schöne Idee!
Ich sehe die Schönheit nicht wirklich (außer, dass es jeden freut, Geld geschenkt zu bekommen :)) Soweit ich die Idee verfolgt habe, ist das ein Gutschein, auf den man selbst noch 250 Euro drauflegen muss, um die 500 nutzen zu können. De facto also ein 66% Rabatt auf alle Einkäufe, bezahlt vom Staat. Wer aber ist der Staat? Ach ja, richtig -- wir selbst. Also spenden wir uns selbst 500 Euro, damit wir nochmal 250 von der Bank holen und uns für 750 etwas Schönes leisten?

Der Witz ist m.E. da, dass die Beziehung Steuerzahler:Gutscheinempfänger 1:1 ist -- dass also jeder Steuerzahler Kraft der Herrlichkeit und des Weitblicks der Staatenlenker sich selbst (!) 500 zubilligt und letztlich auch mit Zins und Zinseszins wieder bezahlt. Wer das erdacht hat, dürfte nicht Volkswirtschaft studiert haben…

Alarmierend an dem Gutschein ist, dass "die Politiker" sich gebärden wie der Souverän, der seinen Untertanen etwas aus der Schatulle zukommen lässt. Diese Damen und Herren haben entweder ein sehr schlichtes Gemüt oder sie haben nicht verstanden, dass sie Staatsdiener sind, nicht Staatsbesitzer, auch wenn es manchmal den Anschein haben mag. Es wird Zeit, diese Leute auf ein reales Maß zurückzustutzen und jedenfalls raschest aus Entscheidungsgremien zu entfernen, denn mit so wenig Sachverstand und/oder so großer Chuzpe hat man auf diesen Posten nix verloren.

Schrödingers Katze;1757250 schrieb:
Das ist sicher eine feine Sache -- die aber nur funktioniert, wenn ein relativ Reicher einem sehr Armen ein bisschen von seinem Wohlstand -- statt es als Entwicklungshilfe zu verschenken -- als Kredit abgibt. Damit wird das Geld als Wert bekannt gemacht und der Kreditnehmer gebunden. Letztlich ist der Mikrokredit nur ein (Kleinst-) Kredit ohne Sicherungen, und das Prinzip hat die Weltwirtschaft genau dahin gebracht, wo wir derzeit stehen. Die Lösung aus der Schuldenfessel kann nur in einer Teilung des Geldes in eine Tauschwährung und eine Sparwährung (mit Wechselkosten beim jeweiligen Umtausch) zu finden sein. Sobald für täglich verfügbares Geld Zinsen bezahlt werden, beginnt das Dilemma. Geld muss wie jede andere Ware auch einem "Verschleiß" (->Inflation) unterliegen, ohne dass geparktes Geld durch Zinsen davor bewahrt wird. Nur dauerhaft angelegtes Geld darf als Wirtschaftsgut Erträge erzielen und da könnte ich mir sogar Renditen bis 15% vorstellen -- die allerdings dann ganz regulär als Einkommen zu versteuern wären (also nicht eine Besserstellung des Kapitals durch eine 25% Kapitalertragssteuer und den Rest schenken wir (Wir sind der Staat!).

Diese deutliche Entkopplung von Tauschmittel und Rücklage würde durch einen Wechselkurs beim Transfer unterstrichen -- je nach Angebot und Nachfrage wird der Preis für das Rücklagen-Kapital festlegt. Wenn eine Bank mehr Liquidität benötigt, kann sie einen besseren Kurs anbieten, will eine Bank ihre Zinslast senken, kann sie den Kurs für den Einkauf erhöhen… Umgekehrt bei der Auszahlung. Damit wird die Bank von der Zinskuh zu einer Vermittlungsstelle von Geld zwischen Wirtschaftseinheiten und verdient nur noch an genau diesem Geschäft -- dem An- und Verkauf von Liquidität. Das Risiko des Kreditausfalls kann durch den Staat übernommen werden -- er ist der direkte Nutznießer des Prinzips und er hat es durch seine Politik in der Hand, blühende oder verwelkende Volks-Wirtschaft zu betreiben. Und weil der Staat wir alle sind, haben wir alle auch ein Interesse daran, die Wirtschaft am Laufen zu halten und Erträge daraus zu erwirtschaften.
 
Werbung:
Zurück
Oben