Eine selbsterschaffene Suggestion ist ja eine ganz nette Sache.
Auch die Erfahrung, von seinem eigenen höheren Selbst so sehr geliebt zu sein, ist ja auch wirklich schön.
Eigenartigerweise gibt es aber bei bedingungsloser Liebe eine seltsame, allerdings ziemlich grundlegende Unterscheidung, nämlich die, sie selbst zu empfangen, zu erleben, und sie zu leben, zu geben. In aller Konsequenz.
Wie sieht's bei einer Nagelprobe in der Realität aus?
Kannst du das was du beschreibst auch in Echtzeit, live, mitten im Leben, wenn du in einer Situation bist, aus der du nicht mehr rauskommst, und in der jemand dich z.B. töten will?
Dann, und wirklich nur dann, wenn du deinem Mörder diese absolute Liebe ohne Angst in diesem Moment, in dem du stirbst, in vollem Bewusstsein dessen, was geschieht, entgegenbringen kannst, und in Liebe dein Leben hingibst, dann hast du das, dann hast du bedingungslose Liebe wirklich drauf.
Einige Wenige können das. Unglaublicherweise.
In der harmloseren gelebten und überlebbaren Variante wäre bedingungslose Liebe, dass du alles, und damit meine ich wirklich alles in deinem Leben von allen und jedem liebevoll und widerspruchslos akzeptierst und annimmst.
Also, keine Kritik, kein Streit, kein Widerstand gegen irgendwas mehr.
Jedes Unrecht schlucken, jede Last tragen, jedes Leid erdulden, jeden Schmerz, jede Demütigung ertragen.
Das ist, wäre bedingungslose Liebe in realitas.
Kein einfacher Weg.
Für einen selbst mag die Erfahrung ja nett sein, wenn jemand diese Liebe erhält, aber wie sieht es mit dem eigenen Geben dieser Liebe aus?
Das nunmal ganz und gar nicht so toll wie das Empfangen ist?
Kein normaler Mensch hält die Schmerzen aus. Er geht daran zugrunde. Außer, er ist ein Heiliger oder findet einen Weg, keine Schmerzen mehr zu empfinden. Gibt's auch, ist auch schwer.
Es ist im Rahmen zwischenmenschlicher Interaktionen fast nicht möglich, außer jemand ist ein Masochist erster Güte. Selbst alles geben und nichts, wirklich nichts, von niemandem dafür zurückzuerwarten? Immer? Wie lange geht das wohl gut, bis du daran zerbrichst, dir die Kraft, und diese Liebe ausgeht? Ein Auto, dem das Benzin ausgeht, muss man schieben.
Bedingungslose Liebe, in dieser Welt, auf diesen Ebenen macht dich zum Opfer für alle und alles. Und erzeugt damit nicht mehr Licht, sondern mehr Leid.
Sie hat ihren Platz, ihre Berechtigung. Durchaus. Aber in der 3+1 Dimension wirkt sie - leider - bisweilen ganz anders.
Ein Beispiel dazu: Radioaktivität in einem Kernreaktor erzeug Energie. Radioaktivität im freien Gelände erzeugt Tote.
So in etwas ist es auch mit bedingungsloser Liebe als Lebenskonzept.
Einer, nämlich du selbst, stirbt garantiert daran, oder steigt vorher aus.
Bedingungslose Liebe ist die völlige Aufgabe deiner Selbst.
Du gibst dich und all deine Gaben auf!!!
Interessant dabei wäre auch die eigentliche Motivation dafür: Ruht jemand wirklich so sehr in Gott dass es das wirklich könnte, hätte diese Person wirklich so unendlich viel Liebe zu verschenken, will er sich und/oder anderen beweisen, dass er das drauf hat, kann, also besser als die anderen ist oder liegt dem Ganzen ein getarnter Selbsthass, also ein inszenierter borderlinemäßiger Selbstzerstörungstrip und Selbstverachtungstrip zu Grunde?
Auch das färbt auf die Wirkung und Resultate ab.
Schließlich wären noch die kleinen Alltagsprobleme zu beachten: Bedingungslose Liebe, also annehmen was ist, hieße dann aber streng genommen auch, keine Therapie, keine Tabletten, keine Maßnahmen bei Krankheit, keine Verhütung beim Sex, dabei natürlich auch keine Aktionen, die deiner eigenen Lust dienen, so sie dir nicht widerfahren, keine Nahrungsaufnahme bei Hunger oder Durst, so dich nicht wer aus eigenem Antrieb füttert, kein Kleider wechseln, auch wenn sie dich schon vom Körper fallen, kein Waschen,
da all dies dem "annehmen was ist" letztendlich auch widersprechen würde.
Wie lange ginge das wohl gut? Und paradoxerweise ist so was gerade in dieser vermeintlichen Nichtpolarität extremst polar, da es jede Art von Balance und Gleichgewicht, auf dem nunmal so gut wie jede Existenzform hier beruht, unmöglich macht.
Worauf ich hinaus will: Ohne zuvor erfolgte tiefgreifende Transformation(en) über die menschliche Dimension hinaus ist es letztendlich in aller Konsequenz kaum möglich. Wozu auch?
Meines Erachtens entspringt die Suche/Sucht nach bedingungsloser Liebe eher einem eigenen unaufgearbeiteten Liebesdefizit.
Dass dies dermaßen verbreitet zu sein scheint, sagt viel über unsere Gesellschaft aus und ist traurig.