Ich lese deine Beiträge noch immer gerne, danke Willibald!Hallo,
immer dann, wenn sich unser Leben im Umbruch befindet, stellen sich neue Fragen. Es ist eine Phase der Bewußtwerdung oder Bewußtseinserweiterung oder des Erwachens. Neue Aufgaben und Probleme sind zu lösen. Dann meißt stellt sich auch die Frage nach dem Sinn.
Diese Frage muss jeder für sich beantworten. Für mich ist diese Frage wenigstens zum Teil damit beantwortet, dass wir Menschen zwischen Himmel und Erde gestellt sind, in einen weiblichen oder männlichen Leib hineingeworfen. In uns vereinigen sich tierische, menschliche und göttliche Eigenschaften. Damit ist der Mensch einzigartig und gleichzeitig auch tragisch. Dennoch glaube ich daran, dass jeder Mensch eine Aufgabe mit in sein Leben bekommen hat. Diese Aufgabe oder Aufgaben erkennen wir meißt mit dem Erwachsen-Werden, wenn wir beginnen auf eigenen Beinen zu stehen.
Es gibt ein größeres Ich, das unsere Person in dieses Leben hineingestellt hat, welches bestimmt hat, wie, wo und womit wir geboren werden. Dieses größere oder höhere Ego zu entdecken, ist eine große Aufgabe die wohl jeder Mensch zu erfüllen hat und worin man den Sinn dieses oft so eng begrenzten, manchmal chaotisch wirren, manchmal sanft dahinfließenden, frohen, traurigen, freudvollen, schmerzhaften Lebens sehen kann, denn von alle dem ist dieses höhere Ego in uns, unberührt. Dieses höhere Ego ist das Leben in uns, welches danach strebt die letzten Winkel des Materiellen mit Licht zu durchdringen.
Gruß Willibald
Da ist schon was richtiges dran: Die Frage nach dem Lebenssinn taucht immer genau dann auf, wenn sich die Dinge im Umbruch befinden. Dann wird es nötig, die Situation neu zu überdenken, einen Rück- und einen Vorausblick zu wagen und alles in eine neue Ordnung zu bringen.
Der "Sinn" entfaltet sich üblicherweise nicht durch das Finden irgendeiner Art Antwort, die in klare, unzweideutige Worte zu fassen wäre, sondern im Wiederfinden des Gleichgewichts. Indem die Person auf einer tieferen und umfassenderen Ebene des Seins ankommt, rückt die Frage nach der Orientierung wieder in den Hintergrund (um später in einer neuen Umbruchsituation aufzutauchen). So besehen ist "Sinn" das Finden einer neuen Ordnung, folglich nichts Statisches, sondern eine Dynamik des Suchens und Findens.
Doch das ist noch nicht die volle Antwort. Denn irgendwann entsteht die Einsicht, dass dieses Muster, also der Übergang von einer Ebene zur nächsten zusammen mit der regelmässig wieder auftauchenden Sinnfrage eben offenbar unendlich weitergeht - und es stellt sich die Frage, wozu das überhaupt abläuft, dieses Suchen und Finden.
Dieser Punkt ist meist sehr schwierig, da die Sinnfrage selbst transzendiert werden muss. "Bloss" Suchen und Finden ist nicht mehr möglich, jetzt gilt es paradoxerweise, ohne zu Suchen den Sinn zu finden, der hinter der ganzen Dynamik versteckt ist. Diese Frage geht mit einer Krise der Identität einher, die alles übersteigt, was zuvor noch durch einen Sprung auf die nächsttiefere Ebene integriert werden konnte. Wer ist denn der Suchende? Und was wird denn hier gefunden?
Wird diese Krise gemeistert, so ergibt sich plötzlich und vollkommen unerwartet eine Bedeutung des Lebens und der innewohnenden Dynamik, die diese beiden transzendiert. Der Mensch hat den Sprung vom Personalen zum Transpersonalen gemeistert.