Hallo
Solis schrieb:
Manche reden über Spielfilme so, als ob sie die Wahrheit darstellen würden, während andere das dementieren und meinen, das sei doch nur ein Film.
Es gibt zum Beispiel Märchenfilme und Historienfilme. Stellt da der Märchenfilm Illusion her und der Historienfilm nicht?
Natürlich sind Spielfilme eine Illusion, nicht mehr als flackernde Lichter auf einer Leinwand oder Mattscheibe. Aber die Gefühle, die sie im Betrachter auslösen, wenn er sich mit den Darstellern freut, mit ihnen leidet, hofft und bangt, die sind ganz real. Egal, ob Märchen- oder Historienfilm.
Solis schrieb:
In dem Science-Fiction-Oldtimer "Formicula" von 1954, der übrigens am 21.12. (genauer am 22.12.) um 0.30 Uhr auf dem Sender ARTE wiederholt wird, treten die Frauen der Bedrohung durch mutierte Riesenameisen zunächst passiv auf. Die Mutter eines verloren gegangenen Jungen, der in Gefahr läuft, von den Ameisen getötet zu werden, steht passiv unter den vielen aktiven Männern. Nur die Tochter eines älteren Wissenschaftlers, die selbst Wissenschaftlerin ist, zeigt wie ihr Vater eine Kompetenz, die sie als Wissenschaftlerin hat und nicht als Frau.
Formicula ist ein absolut sehenswerter Klassiker, den ich jedem nur wärmstens empfehlen kann. Aber ich würde die Rolle der Dr. Patricia Medford nicht überbewerten. Ich denke, ihr Auftreten liegt letztlich doch nur darin begründet, dass sie eine Frau ist, weil in solchen Filmen immer mindestens eine Frau mitspielt, die gerettet und beschützt werden muss und die sich in den Helden verliebt.
In diesem Fall wäre es etwas unglaubwürdig gewesen, eine Ameise die Frau entführen zu lassen, wie bei King Kong. Also darf sie Wissenschaftlerin sein, um sie in die Handlung einzubinden. Sie bleibt dabei aber eine Ausnahmeerscheinung, die Tochter eines großen Insektenforschers eben, die in dessen Fußstapfen tritt.
Solis schrieb:
Wie ist das heute? Da gibt es eine Lara Croft, die körperlich mit Superkräften ausgestattet ist, die ihren eigenwilligen Weg als Einzelkämpferin geht und Männer verprügelt. Das ist natürlich nicht realistisch, aber kann das etwas in der Gesellschaft widerspiegeln, was es in den 50er Jahren noch nicht so gab, was die Filme mit Lara Croft überspitzt?
Ich finde, Lara Croft ist in erster Linie eine reine Männerphantasie, ein Bruce Willis mit Busen. Wenn ich da ein gesellschaftliches Rollenverständnis herauslesen wollte, dann dass Frauen gerne emanzipiert, schlau und stark sein dürfen, wenn sie sich nur aufreizend genug kleiden und ihre Freiheit und Unabhängigkeit dazu nutzen, mit möglichst vielen Männern zu schlafen.
Solis schrieb:
"Rambo" kommt mir immer etwas eigenartig vor. Ein im Vietnamkrieg ausgezeichneter Superheld zeigt einen am Unrecht Leidenden, der ein moralisches Gewissen hat und von allen unverstanden ist, so dass er wieder Einzelkämpfer sein muss, wo doch eigentlich seine Heimat ist.
Ich interpretiere diesen Film (wir reden hier nicht vom zweiten und dritten Teil) ganz anders. John Rambo ist eben kein Superheld, sondern ein gebrochener Mensch, traumatisiert durch seine Kriegserlebnisse und von der Armee ausgespuckt in eine Gesellschaft, in der er keinen Platz mehr finden kann. Seine Ausbildung hat ihn zwar zur Kampfmaschine gemacht, aber er fürchtet diesen Teil seiner Persönlichkeit, wie sich ein Dr. Jekyll vor dem Mr. Hyde in ihm fürchtet. In welchem Krieg genau Rambo gekämpft hat, finde ich dabei ziemlich nebensächlich.
Aber "Rambo" zeigt nicht nur, was der Krieg aus einem Menschen machen kann. Darüber hinaus relativiert er keine Kriegsgreuel, sondern verdeutlicht sie sogar. John Rambo ist ein kleiner Ausschnitt der alltäglichen Brutalität und Grausamkeit das Krieges, den man in eine Zivilgesellschaft transplantiert, und ihr so ganz direkt gegenüberstellt. Man bekommt eine Vorstellung davon, wie es aussähe, wenn jemand in den USA das tun würde, was amerikanische und andere Soldaten in irgendwelchen Kriegen tagtäglich tun. Ich sehe in "Rambo" deshalb hauptsächlich einen Anti-Kriegsfilm.
Gruß
McCoy