Oberhandtechniken
[...]In der Angst vor Unterlegenheit eignet sich der Feindselige eine Reihe von Kommunikationstechniken an, um jederzeit die Oberhand zu behalten. [...]Die Techniken der Oberhandsicherung werden je nach Niveau der Gesprächspartner unterschiedlich subtil und je nach dem Charakter der Situation unterschiedlich pseudohöflich ausfallen die allgemeinen Konstruktionsprinzipien aber folgen häufig demselben Strickmuster:
[...]Diese kleine Schule der diabolischen Kommunikation mag uns einerseits dazu dienen, der Frage nachzugehen, wann wir uns derartiger Manöver bedienen und wozu wir sie nötig haben. Andererseits kann sie uns in der Rolle des Opfers helfen, die Strickmuster zu durchschauen und ihnen weniger hilflos ausgeliefert zu sein.
Quelle: Friedemann Schulz von Thun, Miteinander reden 2, Hamburg, 1989
Lieben Gruß
Rita
[...]In der Angst vor Unterlegenheit eignet sich der Feindselige eine Reihe von Kommunikationstechniken an, um jederzeit die Oberhand zu behalten. [...]Die Techniken der Oberhandsicherung werden je nach Niveau der Gesprächspartner unterschiedlich subtil und je nach dem Charakter der Situation unterschiedlich pseudohöflich ausfallen die allgemeinen Konstruktionsprinzipien aber folgen häufig demselben Strickmuster:
- Man hört das, was der andere gerade von sich gegeben hat, vor allem mit dem Selbstkundgabe-Ohr (= Was sagt das, was du eben gesagt hast, über dich selbst aus?).
- Mit diabolischem Gespür wird aus dieser Selbstkundgabe ein Aspekt herausgefiltert, aus dem sich sogleich ein Strick drehen läßt. Der Strick wird folgendermaßen gedreht: aus der Fülle möglicher Meßlatten (= Normen) wird eine solche herausgesucht und an die Selbstkundgabe des Gegenübers gelegt, bei welcher er schlecht aussieht. Dieses Auswählen und Anlegen der Meßlatte erfolgt vollständig implizit.
- Das somit ausgemachte Defizit, also die Diskrepanz zwischen dem heimlich gesetzten Sollwert und dem ermittelten Ist-Wert, wird nun kommentiert und dem anderen vorgeworfen.
- Die Darbietung des Vorwurfes erfolgt am geschicktesten so, daß sie ihrerseits nur wenig Selbstkundgabe enthält (denn da lägen Ansatzpunkte für den Gegener, mit gleicher Münze heimzuzahlen). Dies ist zum Beispiel durch Ironie oder durch Fragen zu erreichen. Kommunikationspsychologisch gesehen sind solche Fragen dadurch gekennzeichnet, daß der Fragende wenig Selbstoffenbarung bietet und vom Gefragten welche verlangt. Die Antwort, wie auch immer sie ausfällt, bildet das Material für den nächsten Strick.
- Der Gegner bleibt in der Unterhand, selbst wenn er versucht, aus dem Spiel auszusteigen. Antwortet er zum Beispiel gar nicht, wird ihm genau dies quittiert (Tja, darauf wissen Sie gar nichts mehr zu sagen! Oder: Was macht Sie so schweigsam heute?) Stellt er seinerseits eine Frage, wird ihm vorgehalten: Ich stelle fest, daß Sie auf meine Frage nicht antworten wollen (können) ist Sie Ihnen so unangenehm?
- Sollte es dem Gegenüber dennoch gelingen, auf der inhaltlichen Ebene unbequem zu werden, wird sofort die Ebene gewechselt. Von besonderer Schlagwirkung ist der Wechsel auf die Ebene der Körpersprache, zum Beispiel:
-Warum werden Sie plötzlich so laut?
-Deswegen brauchen Sie doch nicht gleich rot zu werden!
-Wie stehen Sie überhaupt da haben Sie immer die Hände in den Hosentaschen?
- Sollte der andere mit einem Gegenmanöver gefährlich werden, dann kann man ihn noch ironisch als tapferes Schneiderlein würdigen und aufstacheln, noch mehr Derartiges zu bieten.
[...]Diese kleine Schule der diabolischen Kommunikation mag uns einerseits dazu dienen, der Frage nachzugehen, wann wir uns derartiger Manöver bedienen und wozu wir sie nötig haben. Andererseits kann sie uns in der Rolle des Opfers helfen, die Strickmuster zu durchschauen und ihnen weniger hilflos ausgeliefert zu sein.
Quelle: Friedemann Schulz von Thun, Miteinander reden 2, Hamburg, 1989
Lieben Gruß
Rita