Sich selbst nicht leiden können...

Syndra

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30. August 2004
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Hallo Forum,

ich habe heute eine Laune, aus der man locker drei machen könnte... :wut1:

Gestern habe ich die Klasse meines Sohnes bei einem Ausflug begleitet, insgesamt waren zwei Klassen unterwegs. Auf dem Heimweg im Zug ist mir aufgefallen, dass sich die Begleit-Mütter der anderen Klasse mehr unterhalten haben, als auf die Kinder zu achten. Ich habe also ununterbrochen innerlich das Mantra wiederholt: Nicht meine Aufgabe, misch Dich nicht ein. Beim Aussteigen fiel mir auf, dass diese Frauen doch tatsächlich ausstiegen, bevor alle ihre Kinder den Zug verlassen hatten. Nachdem ich meine Kinder alle auf dem Bahnsteig hatte, überkam mich ein ungutes Gefühl, also bin ich zurück in den Zug gestiegen. Und da stand so ein Zwerg vor verschlossener Tür, er fing schon an zu weinen, die dämlichen Weiber vor der Tür merkten das gar nicht, weil sie ununterbrochen quatschten. Ich habe ihn dann geholt und zu seiner Gruppe gebracht, gesagt habe ich nichts, denn dafür war ich viel zu wütend.

Heute kann ich mich nicht leiden, ich neige dazu, mich für viel zu viele Dinge verantwortlich zu fühlen, deswegen halte ich mich bewußt zurück, wenn ich merke, dass andere Menschen zu locker mit ihrer Verantwortung umgehen. Ich kann nämlich sehr dominant werden, wenn ich das Gefühl habe, irgendjemand bekommt seine Aufgaben nicht gebacken, nur mag ich es im Grunde überhaupt nicht, wenn man mich bemerkt... Andererseits könnte ich mir heute in den Hintern beißen, weil ich nicht schneller reagiert habe, das Kind hätte keine Angst bekommen müssen. Was ist das? Steinbockmond in 11?

Liebe, wenn auch ziemlich angefressene Grüße,

Syndra
 
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Hallo Syndra :)

was ist denn da konkret hochgekocht bei dir?

Denn es hätte dich ja nicht so aus dem Häuschen bringen müssen, dass du dich genötigt sahst, dir selbst ein Mantra aufzusagen. Was steckt also hinter diesem Verantwortungsgefühl? Klar kann das auch der Steinbockmond sein, der auf Spitze 11 steht und aus 4 und 5 (Emotionen und ihr Ausdruck). Aber ich habe den Eindruck, dass das nicht alles ist.

Wenn ich dich richtig verstanden habe, dann hat dich schon geärgert, dass die anderen Damen sich nicht deinem Maßstab entsprechend um die Kiddies gekümmert haben (das wäre eine Angelegenheit SAs, der Maßstab, die Norm, die zu erfüllen ist).

Heute kann ich mich nicht leiden, ich neige dazu, mich für viel zu viele Dinge verantwortlich zu fühlen, deswegen halte ich mich bewußt zurück, wenn ich merke, dass andere Menschen zu locker mit ihrer Verantwortung umgehen. Ich kann nämlich sehr dominant werden, wenn ich das Gefühl habe, irgendjemand bekommt seine Aufgaben nicht gebacken, nur mag ich es im Grunde überhaupt nicht, wenn man mich bemerkt... Steinbockmond in 11?

Das ist eine Spannung, die ich unter "nicht aufzulösen, sondern auszuhalten" einsortieren würde. Es gibt Dinge, da kann ich nicht eindeutig sein, keine eindeutige Haltung einnehmen. Die Spannung, die daraus resultiert, lässt sich meist auch nicht vermindern. Fazit für mich: Ich halte sie aus - irgendwann verändert sie sich eh von ganz allein; bis zur nächsten Gelegenheit.

Dieser Satz ist mir aufgefallen:
Andererseits könnte ich mir heute in den Hintern beißen, weil ich nicht schneller reagiert habe, das Kind hätte keine Angst bekommen müssen. Was ist das?
Überspitzt formuliert: Mit dieser Annahme gestehst du dem Kind nicht zu, Angst zu empfinden und damit umzugehen, auf seine Weise.

Ist das vielleicht eine Annahme, ein Ideal von dir? Dass Kinder keine Angst haben sollen/dürfen? Dass man/frau alles tun muss, damit Kinder sich nicht ängstigen?

Für mich gilt: Wenn mich ärgert, dass die Dinge sind, wie sie sind und nicht so, wie sie meiner Ansicht nach sein sollten, gucke ich nach den Kumpeln SA und PL, evtl. auch NE. Meist werde ich fündig.

Liebe Grüße
Rita
 
Hallo Rita,

Saturn, richtig. :rolleyes: Deswegen habe ich auch nichts gesagt, weil mein Anspruch in Sachen Pflichterfüllung reichlich übertrieben ist. Und ich schätze, das ist es auch, was mich an mir selbst so ärgert: ich habe gesehen, dass es Schwierigkeiten geben wird, aber ich konnte nicht entscheiden, ob es meine Verantwortung ist oder nicht, deswegen habe ich gezögert, wo ich nicht hätte zögern sollen.

Ich weiß, dass Kinder Strategien entwickeln müssen, um mit Angst umzugehen, ich weiß aber auch, dass sie die falschen Schlüsse ziehen können, wie Züge sind gefährlich, weil man vergessen wird... Das ist keine sinnvolle Angst, sie ist überflüssig. Solch eine Angst fördert nicht die Selbstständigkeit, sie hemmt sie und es ärgert mich tierisch, dass ich erst eingegriffen habe, als der Kleine schon weinte, bloss weil ich mich nicht entscheiden konnte. :wut2:

Vielen Dank für Deine Antwort und die Hinweise, Rita. :kiss4: Ich werde darüber nachdenken.

Liebe Grüße,

Syndra
 
Oh, ich weiß, was hochgekocht ist: Saturn in 2, Verlustangst. Mein Sohn ist als Zweijähriger in einem Einkaufszentrum weggelaufen, weil ich 30 Sekunden lang abgelenkt war. Er ist in einem Buchladen verschwunden und hat gemütlich Bilderbücher angesehen, was ich aber nicht wusste. Ich konnte ihn nicht finden und wurde regelrecht panisch. Ich habe Wochen gebraucht, um mich von dem Schrecken zu erholen und mir zu verzeihen...:rolleyes:

Offensichtlich ärgert/ängstigt es mich immer noch. :jump2:

Liebe Grüße,

Syndra
 
Hallo Christel,

schlechte Laune ist gut, ich musste erst mal im Wald rennen, um heute einigermaßen sozialverträglich zu sein... :D

Danke fürs Nachsehen :kiss4:,

Syndra
 
Hallo Syndra :)

Ich weiß, dass Kinder Strategien entwickeln müssen, um mit Angst umzugehen, ich weiß aber auch, dass sie die falschen Schlüsse ziehen können, wie Züge sind gefährlich, weil man vergessen wird... Das ist keine sinnvolle Angst, sie ist überflüssig. Solch eine Angst fördert nicht die Selbstständigkeit, sie hemmt sie und es ärgert mich tierisch, dass ich erst eingegriffen habe, als der Kleine schon weinte, bloss weil ich mich nicht entscheiden konnte. :wut2:

Du kannst nicht vermeiden, dass ein Kind falsche Schlüsse zieht. :umarmen:Wie willst du das anstellen? Das ist eine Herkulesaufgabe, finde ich. Du kannst versuchen, situationsgerecht zu handeln. Und in der Situation selbst ist das "Sehfeld" begrenzt". Hinterher und aus einer anderen Perspektive heraus weiß man es immer besser, kann klugscheißern oder sich selbst aburteilen.

Vielleicht ist dir selbst aufgefallen, dass dein JU/PL-Quadrat ausgelöst ist, und zwar über JU/UR. Vielleicht eine gute Gelegenheit, bestimmte Annahmen und Anforderungen oder auch Ideale auf ihre Nützlichkeit hin zu überprüfen. Das ist meist besonders schwer, wenn Kinder im Spiel sind, weil dann nicht selten eigene Kindheitserfahrungen hochgespült werden, die einen steuern, ohne dass man es mitbekommt.

Ich habe Wochen gebraucht, um mich von dem Schrecken zu erholen und mir zu verzeihen...

Offensichtlich ärgert/ängstigt es mich immer noch.

Nur so eine Idee: Warst du als Kind einmal in einer ähnlichen Situation? Du hast hochzufrieden irgendwo gespielt, während deine Mutter fast in Panik verfiel? Oder warst du als Kind in Angst, weil deine Mutter nicht mitbekommen hat (aus welchen Gründen auch immer), dass du ihre Nähe oder Aufmerksamkeit brauchtest? Und hast du damals innerlich beschlossen, dass Kindern so etwas nicht passieren darf, auf gar keinen Fall?

Ich denke, es lohnt sich, nachzuspüren, woher bestimmte Ansprüche stammen, was einer der möglichen Auslöser für sie ist. Dann hat man die Chance, sie auf ein Maß zurechtzustutzen, das für alle und vor allem für einen selbst "bekömmlicher" ist.

Liebe Grüße
Rita
 
Denn es hätte dich ja nicht so aus dem Häuschen bringen müssen, dass du dich genötigt sahst, dir selbst ein Mantra aufzusagen. Was steckt also hinter diesem Verantwortungsgefühl?

Mir ist gerade bewußt geworden, was hinter dem übertriebenen Verantwortungsbewußtsein steckt: Ich war etwa 10 Jahre alt, stand vor unserer Haustür, mit meinem Hund an der Leine. Mein Vater wollte gerade wegfahren, ich wollte gern noch etwas mit ihm spielen und lies meinen Hund los, damit mein Vater anhalten musste, denn Kumpel rannte immer hinter seinem Wagen her. Ich habe nicht nachgedacht, mein Vater war zu schnell, er hatte unsere Nebenstrasse verlassen, bevor er meinen Hund bemerkte. Kumpel wurde von einem anderen Wagen erfasst und dabei getötet. Ich hatte meinen besten Freund getötet, weil ich meine eigenen Wünsche über meine Verantwortung stellte, nicht über die möglichen Konsequenzen nachgedacht habe. Noch etwas, dass ich mir nicht verzeihen kann.
Kein Wunder, dass man Saturn den Übeltäter nennt, er meint es sehr ernst mit den Konsequenzen...

Liebe Grüße,

Syndra
 
Mir ist gerade bewußt geworden, was hinter dem übertriebenen Verantwortungsbewußtsein steckt: Ich war etwa 10 Jahre alt, stand vor unserer Haustür, mit meinem Hund an der Leine. Mein Vater wollte gerade wegfahren, ich wollte gern noch etwas mit ihm spielen und lies meinen Hund los, damit mein Vater anhalten musste, denn Kumpel rannte immer hinter seinem Wagen her. Ich habe nicht nachgedacht, mein Vater war zu schnell, er hatte unsere Nebenstrasse verlassen, bevor er meinen Hund bemerkte. Kumpel wurde von einem anderen Wagen erfasst und dabei getötet. Ich hatte meinen besten Freund getötet, weil ich meine eigenen Wünsche über meine Verantwortung stellte, nicht über die möglichen Konsequenzen nachgedacht habe. Noch etwas, dass ich mir nicht verzeihen kann.
Kein Wunder, dass man Saturn den Übeltäter nennt, er meint es sehr ernst mit den Konsequenzen...

Liebe Grüße,

Syndra

Hallo Syndra,
da ist dir nichts schönes widerfahren und nachvollziehbar.
Doch du solltest dir verzeihen, das scheint sehr wichtig, du warst ein Kind von 10 Jahren, du bist nicht schuld daran, wie kann ein Kind von 10 Jahren eine volle Verantwortung für sein Handeln übernehmen?
Würdest du dies von einem Kind in dem Alter verlangen?

LG
flimm
 
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Hallo Flimm,

ich war nicht erfahren genug, um die Situation richtig einzuschätzen, das ist richtig, aber ich bin schuldig an Kumpels Tod. Das ist auch in Ordnung, denn so bin ich achtsamer. Nur brauche ich nicht mehr so wütend werden, wenn das Thema in mir berührt wird, ich kann auch gelassener mit meiner Verantwortungsmacke umgehen.
Mal sehen, was dieses JU/PL Quadrat noch so ans Licht befördert. :rolleyes:

Liebe Grüße,

Syndra
 
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